Donnerstag, 19. Dezember 2019

Anscheinend hat es sich ausgeSkripalt…

Der spektakuläre Nowitschok-Anschlag, bei dem gleich auf Putin gezeigt wurde, wird offenbar klammheimlich beerdigt, während der Verdacht weiter kursiert
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Schon lange hat man nichts mehr über den Skripal-Anschlag am 4. März 2018 erfahren, der in das Verhältnis der Nato zu Russland noch einmal ein Crescendo einbrachte. Verschwunden sind seitdem auch die Opfer. Beide sollen den Anschlag überlebt haben. Nur von Julia Skripal, die einen Tag vor dem Anschlag aus Russland angereist war, kann das bestätigt werden.

Zuvor war ein Telefongespräch veröffentlicht worden, das sie mit ihrer Kusine führte und ihr abriet, nach Großbritannien zu kommen. Kurz danach sei sie aus dem Krankenhaus entlassen worden. Scotland Yard publizierte zwei Mitteilungen, in denen angeblich Julia im O-Ton zitiert wurde. Im Mai wurde ein Video von ihr veröffentlicht, auf dem sie einen "Brief" ablas. Dann verschwand sie bislang vollständig.

Von ihrem Vater gibt es gar nichts, abgesehen von Versicherungen, dass er auch überlebt hat. Gemunkelt wurde, dass die Skripals möglicherweise von US-Geheimdiensten in die USA oder woandershin gebracht wurden und eine neue Identität erhalten haben. Möglicherweise leben sie - oder lebt Julia - aber auch an einem geheimen Ort in Großbritannien. Spekulieren muss man, ob das Untertauchen freiwillig oder auf Intervention der britischen Regierung/Sicherheitsbehörden geschehen ist. Offenbar hatten die beiden zu den Verantwortlichen des Anschlags nichts zu sagen - oder nicht das politisch Korrekte.

Vieles bleibt trotz der aufwendigen Untersuchung im Dunklen, die Medien, die erst aufgeregt berichteten, scheinen den Vorfall vergessen zu haben - und lassen ihn damit in den einst erhobenen Verdächtigungen bestehen.

Am 4. März 2018 wurde auf den russischen Ex-Spion und Doppelagenten Sergei Skripal, der 8 Jahre zuvor durch einen Austausch von Spionen aus der Haft in Russland freikam, und seine Tochter in Salisbury ein Nervengiftanschlag mit Nowitschok ausgeführt. So die offizielle Erzählung. Angeblich wurde das Gift, das zur Zeit der Sowjetunion entwickelt wurde, aber auch im Besitz von westlichen Geheimdiensten und Labors wie dem militärischen Labor Porton Down gleich um die Ecke war, auf der Klinke der Eingangstür von Skripals Haus angebracht. Dort sollen beide damit in Berührung gekommen sein, spazierten aber noch Stunden durch die Stadt und saßen unauffällig in einem Pub und in einem Restaurant, bis man beide bewusstlos auf einer Bank fand, ins Krankenhaus brachte, wo sie allerdings erst nach einer Stunde eintrafen, und dort behandelte.

Das hochgefährliche Nervengift wirkte nicht

Seltsamerweise war der erste Arzt, der zu den Skripals kam, bevor sie ins Krankenhaus gebracht wurden, Leutnant Alison McCout, Chief Nursing Officer der britischen Armee. Angeblich wurde sie von ihrer Tochter darauf aufmerksam gemacht, die die beiden, als die Familie von einer Feier nach Hause ging, zufällig auf der Bank gesehen hatte und dachte, Sergei hätte einen Herzinfarkt gehabt. Ist nur komisch, weil ja auch Julia bewusstlos gewesen sein soll.

Trotz der Gefährlichkeit des Gifts, das sehr rein gewesen sein soll, haben beide Skripals überlebt. Warum das Gift erst so spät wirkte und trotz der angeblichen Reinheit nicht tödlich war, bleibt weiter ein Geheimnis. Im Juni - vier Monate später! - hat ein Pärchen in Amesbury bei Salisbury ein Parfümfläschchen mit Nowitschok in einem vermutlich regelmäßig geleerten Abfalleimer gefunden, das sie öffneten und dann erkrankten. Einer der Sanitäter soll Charlie Rowley mit einem Nervengift-Gegenmittel behandelt haben, das er dabei hatte und das in Großbritannien vorher noch nie angewendet worden war. Er habe es mitgenommen, nachdem an derselben Adresse bereits dessen Freundin Dawn Sturgess ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wo sie dann auch verstarb, Rowley habe deswegen gerettet werden können. Rowley selbst kritisierte mangelnde Transparenz der Behörden.

mehr:
- Und die Skripals? (Florian Rötzer, Telepolis, 19.12.2019)
siehe auch:
- Der Fall Skripal: Die Gift-Lügen (Post, 18.08.2019)
Sanktionen im Fall Skripal – EU verbietet Geheimdienstchefs die Einreise (Post, 21.01.2019)
Britische Seltsamkeiten im postfaktischen Zeitalter: Die Skripals und ihr Dach (Post, 09.01.2019)
Medien: aufdecken oder offizielle Narrative verbreiten? (Post, 26.11.2018)

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