Donnerstag, 23. Januar 2020

Ex-OPCW-Inspekteur kritisiert Abschlussbericht über den Duma-Vorfall

Auf einer von Russland organisierten Veranstaltung des UN-Sicherheitsrats erklärte Ian Henderson, der in Duma dem Untersuchungsteam angehörte, dass im Bericht die Befunde frisiert oder weggelassen wurden

In den westlichen Medien wurde praktisch nicht zur Kenntnis genommen, dass der der Öffentlichkeit im März 2019 vorgelegte Abschlussbericht der OPCW-Untersuchung des angeblichen Giftgasangriffs im syrischen Duma am 7. April 2018 offenbar von den Verantwortlichen politisch frisiert wurde, um indirekt die syrischen Streitkräfte und damit Russland dafür verantwortlich zu machen. Konstatiert wurde, dass "wahrscheinlich" Chlorgas zum Einsatz gekommen sei und dass die Kanister aus der Luft abgeworfen wurden.

Es gab immer wieder geleakte Dokumente aus den Reihen der OPCW-Inspektoren der Faktenfindungsmission (FFM) und auch Whistleblower, die erkennen ließen, dass Ergebnisse, die nicht ins vorgefasste Bild passten, unberücksichtigt blieben. Es wurde sogar die Löschung eines Berichts angeordnet.

In einem etwas peinlichen Versuch musste schließlich die westliche Allzweckwaffe Bellingcat einen Bericht veröffentlichen, in dem sie den OPCW-Abschlussbericht rechtfertigte und dabei ebenso selektiv wie die Autoren des Abschlussberichts verfuhr. Das wurde nun gegenüber Henderson wiederholt.

Wenn die OPCW unter Druck von Mitgliedsstaaten steht, bestimmte Ergebnisse zu liefern, dann wird das brisant, wenn das im Juni 2018 nach dem Vorfall in Duma gegründete Investigation and Identification Team (IIT) die ersten Ergebnisse vorlegt. Es soll im Unterschied zum bisherigen Vorgehen, bei dem nur ermittelt wurde, ob es sich um einen Giftgaseinsatz handelt, Vorfälle mit angeblichem Chemiewaffeneinsatz untersuchen, darunter Duma, und diejenigen identifizieren, die bei einem Einsatz von Chemiewaffen als "Täter, Organisateure, Unterstützer oder anderweitig beteiligt" waren. Das OPCW-Sekretariat ist für die Ausführung einer "unabhängigen Untersuchung über einen angeblichen Einsatz mit Blick auf eine Erleichterung der universellen Zuschreibbarkeit aller Chemiewaffenangriffe" (OPCW-Generaldirektor weist Vorwürfe gegenüber dem Duma-Abschlussbericht zurück).

Erstaunlich ist, dass die meisten Medien kein Interesse haben oder sich weigern, über neue Erkenntnisse zu berichten, die bislang gehegte Annahmen widerlegen oder korrigieren. In dem Fall hatten Washington, Paris und London kurz nach dem Vorfall in Duma syrische Ziele mit Raketen und Maschflugkörpern bombardiert. Duma wurde auch im Licht des ebenso noch nicht wirklich aufgeklärten Skripal-Anschlags gesehen, um Russland an den Pranger zu stellen. Selbst als der Spiegel eine Ausnahme machte und aufzeigte, dass die Darstellung des Magnitski-Falls von Bill Browder, der aus Russland an den Pranger stellte und zur Verabschiedung von Magnitski-Gesetzen führte, alles andere als schlüssig und stimmig ist, fand die anderen Medien dies kaum berichtenswert. Offenbar soll die vorherrschende Stimmung aufrechterhalten werden.

mehr:
- Ex-OPCW-Inspekteur kritisiert Abschlussbericht über den Duma-Vorfall (Florian Rötzer, Telepolis, 21.01.2020)
siehe auch:
OPCW-Dokument ordnete die Löschung eines Berichts zum Vorfall in Duma an (Florian Rötzer, Telepolis, 27.12.2019)
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