Donnerstag, 12. März 2020

Was am Ende wirklich zählt

Man sagt ja, in Krisenzeiten besönnen sich die Menschen auf das, was wirklich wichtig ist. Ich weiß jetzt, was unbedingt dazugehört. Nicht Liebe, Freunde und Familie. Nicht Ehre, Gott und Vaterland. Sondern Klopapier. Banales Klopapier.

Ich weiß das, weil bei mir daheim die weibliche Familienmehrheit derzeit im großen Stil Vorsorge trifft. Genau habe ich es nicht verstanden. Aber offenbar hat der Bruder einer Frau, die drei Straßen weiter wohnt, vor vier Jahren einen Schulfreund besucht, dessen angeheirateter Schwippschwager ein Halbchinese sein soll. Außerdem hat der Großvater unseres Friseurs unlängst eine Postkarte aus Südtirol bekommen und – unbedarft, wie er ist – mit bloßen Händen angefasst.

Jedenfalls gehen alle weiblichen Familienmitglieder fest davon aus, dass wir schon bald unter Quarantäne gestellt werden. Dass dann Menschen in Astronautenanzügen mit Kärchern um unser Haus schleichen, unterstützt durch Pestärzte mit Schnabelmasken und Rauchfässern. Und dass wir zum Überleben dann vor allem Klopapier brauchen. Also schickten sie mich los, welches zu besorgen.

Ich steuerte drei nahe Supermärkte an. Ohne Erfolg. Überall waren die Klopapierregale so leer wie einst die Kohlenkeller im dritten Kriegswinter. Das Gute am Kapitalismus ist, dass der Markt solche Engpässe meist rasch kompensiert. Und daheim stellte ich fest, dass die weibliche Familienmehrheit ohnehin schon so viel Klopapier gebunkert hatte, dass ich überlege, im Falle anhaltender Versorgungsdefizite einzelne Rollen bei Ebay zu versteigern.

An dieser Stelle ist es an der Zeit, einmal völlig ironiefrei all jenen Menschen zwischen Uetze und Wuhan einen solidarischen Gruß zu entbieten, die bereits in Quarantäne leben. Danke, dass Sie die Isolation auf sich nehmen, damit der Rest der Menschheit von diesen viralen Mistviechern verschont bleibt. Ich finde, Sie haben einen Orden verdient. Und ich wünsche Ihnen, dass Sie all das haben mögen, was Sie brauchen. Auch … Sie wissen schon.

[Quelle: Simon Benne, Was am Ende wirklich zählt]
mein Kommentar:
Ich würde was drum geben, wenn ich erfahren würde, wie die holde Gattin des Verfassers – und die übrigen weiblichen Wesen in seiner Umgebung – reagiert bzw. reagieren, wenn sie diese Glosse lesen…
😂
siehe auch:
- Der Tod und das Reisbällchen (Post, 03.01.2007)
x

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen