Interview mit dem Vorsitzenden des "Zentralrats der Muslime" Mehmet Alparslan Çelebi
Wieder steht ein Mitgliedsverband des "Zentralrat der Muslime" in der Kritik: Die "Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa" (ATİB) sei Teil der türkisch-nationalistischen "Grauen Wölfe". Mitglieder des Verbands würden Stimmung gegen Kurden und Juden machen. So steht es im jüngsten Verfassungsschutzbericht über die Organisation, die rund 30 Moscheen in Deutschland vertritt.
Telepolis hat mit dem ATİB-Vorstandsmitglied und stellvertretenden Vorsitzenden des "Zentralrats der Muslime", Mehmet Alparslan Çelebi, gesprochen: über Graue Wölfe, türkische Rassisten und die Schwierigkeiten islamischer Interessenvertretung in Deutschland.
► Sind Sie aktiv in einer rechtsextremen Vereinigung?
Mehmet Alparslan Çelebi: Nein, absolut nicht.
► Der Jahresbericht des Bundesverfassungsschutzes sieht das anders. Unter der Rubrik "Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebung von Ausländern" wird ATİB dort den rechtsextremen Grauen Wölfen zugerechnet.
Mehmet Alparslan Çelebi: Zuerst einmal: Wir sind keine Ausländer. ATİB ist ein 1987 in Deutschland gegründeter Verein. Ich und die meisten anderen Mitglieder sind deutsche Staatsbürger. Diese Einordnung hat uns sehr überrascht. Wir arbeiten seit 33 Jahren sehr gut mit lokalen Vereinen, nicht-staatlichen Organisationen und Sicherheitsbehörden zusammen.
ATİB stellt auf Bitten von Baden-Würtemberg eine Person für den Rundfunkrat als muslimische Vertretung. ATİB war und ist bis heute immer ein sehr gewünschter Partner. Es gab nie Beschwerden von irgendeiner Institution. Und nun stehen wir plötzlich im Verfassungsschutzbericht.
► Im Bericht heißt es, sie vertreten einen türkischen Nationalismus und richten sich unter anderem gegen Kurden und Juden. Ist da Ihrer Meinung nach auch nichts dran?
Mehmet Alparslan Çelebi: Das stimmt absolut nicht. Zu den Gründungsmitgliedern von ATİB gehören Kurden, die auch heute noch im Vorstand sind. Wir haben Schiiten im Vorstand, wir haben Frauen. Soviel Pluralität wie bei uns findet man in kaum einem anderen Verein. ATİB ist ein großer Verein. Wir leben nicht im Schatten, wir sind transparent, unsere Veranstaltungen und Statements sind alle öffentlich.
In 33 Jahren müsste man doch irgendein juden-, kurden- oder demokratiefeindliches Statement von unseren Funktionären finden. Hat man aber nicht. Gegen diese Behauptungen sind wir auch rechtlich vorgegangen und haben Recht bekommen.
mehr:
- "Sie sind der erste Journalist seit zehn Jahren, der mir überhaupt solche Fragen stellt." (Fabian Goldmann, Telepolis, 28.07.2020)
siehe auch:
Die deutsche Psychoszene im Visier des Verfassungsschutzes (Post, 27.05.2018)
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