Dienstag, 28. Juli 2020

MH17-Prozess: Es geht nicht um Schuld, es geht nicht um Beweise – es geht um ein Feindbild


Der Prozess um den Absturz des malaysischen Flugzeugs MH17 gerät ins Stocken — die These von einer angeblichen Schuld Russlands erweist sich als nicht haltbar.
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298 Menschen haben ihr Leben verloren, als am 17. Juli 2014 ein malaysisches Passagierflugzeug über der Ostukraine abgestürzt ist. Schnell haben Kiewer und westliche Politiker und Medien die angeblichen Schuldigen ausgemacht. Gerichtsfeste Beweise dafür fehlen bis heute. Das zeigt sich seit März auch beim MH17-Strafprozess gegen vier Angeklagte.
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Am 17. Juli 2014 stürzte ein Passagierflugzeug der Fluggesellschaft Malaysia Airlines vom Typ Boeing 777 über der Ostukraine ab. Alle 298 Flugzeuginsassen der Maschine mit der Kennung MH17 kamen dabei ums Leben. Schnell wurde der Verdacht geäußert, ostukrainische Rebellen hätten das Flugzeug mit einer Luftabwehr-Rakete vom Typ Buk abgeschossen. Die Rakete soll aus Russland gekommen sein. Dafür gibt es bis heute keine gerichtsfesten Beweise, aber niederländische Sicherheitsbehörden und internationale Ermittler legten sich auf diese Version fest. Auf dieser Grundlage wurde Anfang März in Amsterdam ein Strafprozess gegen vier Angeklagte begonnen, der derzeit mit Unterbrechungen weiterläuft.

Die Niederlande sind die führende Kraft in den internationalen Ermittlungen und beim Versuch, den Vorgang juristisch aufzuarbeiten, da die meisten MH17-Passagiere von dort stammten. Von den bundesdeutschen tonangebenden Medien berichtet fast niemand von dem Prozess. Nur zu Beginn, am 9. März, gab es eine Reihe von Beiträgen, die vor allem die behauptete Schuld Russlands an der Katastrophe betonten. Das Online-Magazin Telepolis ist weitgehend das einzige deutsche Medium, das über den Prozess regelmäßig berichtet, während von der Nachrichtenagentur DPA immer mal wieder kurze Meldungen kommen.

Corona-Krise beeinträchtigt Prozess

Angeklagt sind die drei russischen Staatsbürger Igor Girkin, Sergej Dubinski und Oleg Pulatow sowie der Ukrainer Leonid Chartschenko. Ihnen wird vorgeworfen, als Teil der Befehlskette am angeblichen Transport des Buk-Systems aus Russland zum Abschussort und zurück beteiligt gewesen zu sein. Zugleich sind sie des Mordes an den 298 MH17-Insassen angeklagt.

Sie bleiben der Gerichtsverhandlung fern und werden auch von ihren Heimatländern nicht ausgeliefert. Pulatow wird von einer Gruppe aus zwei niederländischen und einem russischen Anwalt vertreten, die aber den Meldungen nach bisher keinen direkten Kontakt zu ihrem Mandanten hatten.

Nach den ersten Verhandlungstagen im März wurde der Prozess infolge der Corona-Krise verschoben und erst am 8. Juni wieder fortgesetzt. Das hatte nicht nur eine lange Pause zur Folge, sondern auch den weitgehenden Ausschluss der Öffentlichkeit und der Medien von dem Prozess. Nur einige Journalisten bekommen Zugang in den Gerichtssaal, in dem Abstandsregeln gelten. Zwar kann der Prozess per Live-Stream an den Verhandlungstagen verfolgt werden, doch die Aufnahmen werden nicht online archiviert. Auf der Webseite des Gerichtes gibt es jeweils nur Zusammenfassungen der Verhandlungen.

Die Medienagentur Ruptly überträgt die Verhandlungen jeweils live und lässt die Aufzeichnungen in ihrem Youtube-Kanal online zum Nachschauen stehen. Der seit 1989 in Russland lebende und arbeitende unabhängige US-Journalist John Helmer verfolgt den Prozess ebenfalls und schreibt darüber auf seiner Webseite.
mehr:
- Dürftige Beweislage (Tilo Gräser, Rubikon, 28.07.2020)
siehe auch:
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