Donnerstag, 1. Oktober 2020

100 Franken pro Kopf: 18 Millionen Ukrainer leben in Armut

Die Ukraine, das ärmste Land Europas, versinkt noch tiefer in Armut. Ob man daraus für Weissrussland etwas zu lernen bereit ist?

Der Traum der Ukrainer und Ukrainerinnen von der westlichen Freiheit und vom westeuropäischen Wohlstand ist weitgehend ausgeträumt. Auch Milliarden von Zuschüssen und Darlehen der EU, der Weltbank und anderen Institutionen vermögen es nicht abzuwenden: Die ukrainische Wirtschaft ist in freiem Fall. Und die Covid-19-Pandemie trifft, wie überall auf der Welt, auch hier nicht die Wohlhabenden und Reichen, sondern die Armen und Ärmsten. Hunderttausende – wahrscheinlich sind es Millionen – von Ukrainern, die ganzjährig oder zumindest saisonal im Ausland gearbeitet und einen Teil ihres dortigen Gehalts jeweils ihren Familien in die Ukraine zurückgeschickt hatten, sogenannte Rimessen, haben ihren Job im Ausland verloren und sind arbeitslos in die Ukraine zurückgekehrt.

Die neusten Zahlen besagen: 45 Prozent der Bevölkerung oder also rund 18 Millionen Menschen in der Ukraine leben jetzt in Armut. Sie haben ein monatliches Einkommen (pro Kopf) von 100 Franken oder weniger. Auch wenn der Franken und der Euro in der Ukraine eine deutlich höhere Kaufkraft haben als in der Schweiz oder in Deutschland: Damit kann niemand anständig leben.

Gemäss einer im Juni erstellten Studie des «M.V. Ptukha Institute of Demographics and Social Research», das diese Zahlen erhoben hat, gaben 60 Prozent der Befragten an, finanzielle Mindereinnahmen zu haben, 38 Prozent meldeten einen Rückgang des regulären Einkommens, 16 Prozent verloren ihr Einkommen vollständig und 14 Prozent verloren ihren Arbeitsplatz. Haushalte mit mehreren Kindern sind gemäss dem Bericht des Forschungsinstituts am schlimmsten betroffen.

2019 lag die Armutsquote in der Ukraine gemäss den Informationen des gleichen Instituts noch bei 38 Prozent, es gab also noch fast 3 Millionen Arme weniger. (*)
mehr:
- 100 Franken pro Kopf: 18 Millionen Ukrainer leben in Armut (Christian Müller, Info-Sperber, 01.10.2020)

siehe auch:

Jetzt stellt Andreas Umland eine Prognose: Russland werde die Krim dereinst freiwillig an die Ukraine zurückgeben – aus wirtschaftlichen Gründen! Russland könne sich, insbesondere jetzt nach der Covid-19-Krise, die Entwicklung der Krim auf das Niveau von Russland gar nicht leisten.

Andreas Umland ist selber 1967 in der damaligen DDR geboren. Er weiss, was die Wiedervereinigung der DDR mit der Bundesrepublik Deutschland die Westdeutschen bisher gekostet hat: 1600 Milliarden Euro. Die Ursache der hohen Kosten nennt Umland allerdings nicht: die Ansprüche der wiedervereinigten DDR-Bürgerinnen und -Bürger – die Ansprüche auf Löhne, Renten, auf die ganze staatliche Infrastruktur –, diese Ansprüche stiegen nach der Wiedervereinigung, psychologisch nachvollziehbar, schneller als die wirtschaftliche Fähigkeit, das selbst zu leisten. Jetzt aber prophezeit Umland der Wiedervereinigung der Krim mit Russland ein ähnliches wirtschaftliches Abenteuer – auf Kosten Russlands.

Was Umland in seinem «Focus»-Artikel allerdings erst ganz am Schluss und gewissermassen nebenbei erwähnt: die westlichen Wirtschaftssanktionen gegen die Krim. Er empfiehlt mit seiner Prognose der nordatlantischen Welt, ohne dies selber klar auszusprechen, diese Sanktionen möglichst lange durchzuhalten, um die Entwicklungskosten der Krim hochzutreiben – mit dem vom Westen erhofften Resultat der «Rückgabe».

Die Leidtragenden sind die Krimeer

Als einen der Gründe für die hohen Entwicklungskosten der Krim erwähnt Andreas Umland den Nord-Krim-Kanal, der Wasser aus dem Dnepr in die nördliche Krim bringt. Der Kanal wurde in den 1970er Jahren, also zu Sowjetzeiten, erbaut. Nachdem die Krimeer in ihrem Referendum von 2014 ihre Wiedervereinigung mit Russland beschlossen hatten, stoppte die Ukraine mit einem Dammbau die Wasserzufuhr auf die Krim über diesen Kanal. Damit verursacht sie die Austrocknung von gegen 3000 Quadratkilometern landwirtschaftlich nutzbarem Land – mit dramatischen Auswirkungen und programmiertem Hunger. Dass die Ukraine ihrerseits Russland bezichtigt, die Ukraine im Jahr 1933, dem sogenannten Holodomor, absichtlich in eine Hungersnot gebracht und damit Genozid verübt zu haben, erwähnt Umland natürlich nicht. Passt eben nicht so gut zusammen, einem heutigen politischen Gegner etwas aus der Vergangenheit vorzuwerfen, was man gerade jetzt selbst tut: Tausende Menschen absichtlich dem Hunger aussetzen.

Wirtschaftliche Anpassung an die Ukraine?

Wo Andreas Umland, der bekennende Nordatlantiker, natürlich recht hat: Eine Anpassung der Krim an das wirtschaftliche Niveau der Ukraine wäre einfacher. Die Ukraine ist nach ihrem verhängnisvollen Entscheid, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland, mit dem sie mit 72 Prozent ihrer Landesgrenzen verbunden ist, zu blockieren und ausschliesslich auf die Multimilliarden-Hilfe aus den USA und aus der EU zu setzen, zum ärmsten Land Europas abgesunken. Es gibt Schätzungen von Wirtschaftsexperten, dass es 40 Jahre brauche, um die Ukraine auch nur auf das wirtschaftliche Niveau des heutigen Polen zu bringen: zwei Generationen Aufbauarbeit. Sich an dieses ausserordentlich tiefe Wirtschaftsniveau der Ukraine anzupassen kostete die Krim tatsächlich nicht so viel, denn es wäre schon heute eher ein wirtschaftlicher Abstieg. Die Krim, ein für den internationalen Tourismus geographisch und klimatisch prädestiniertes Land, leidet zwar massiv unter den Wirtschaftssanktionen des Westens – an denen sich leider auch die sogenannt neutrale Schweiz beteiligt –, weil die Touristen aus dem Westen ausbleiben müssen, aber durch den neuen Flughafen in Simferopol, die neu gebaute Strassen- und Eisenbahnbrücke zum russischen Festland (siehe das Bild oben) und durch die schon bald fertiggestellte Autobahn von Kertsch im Osten bis Sewastopol im Westen der Krim sind die wichtigsten Meilensteine einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung immerhin schon mal gesetzt.

[Christian Müller, Krim: Aus wirtschaftlichen Gründen zurück zur Ukraine?, Info-Sperber, 13.07.2020


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Putin: "Wo ist unser Geld?" - Russlands Präsident fordert Ukraine zur Begleichung offener… {1:33}
euronews (deutsch)  
Am 23.05.2014 veröffentlicht 
Der russische Präsident Wladimir Putin hat beim internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg schwere Vorwürfe gegen den Westen und das Nachbarland Ukraine erhoben. Erst durch die politische Einmischung des Westens sei das Chaos in der Ukraine entstanden. Was man dort nun sehe, sei ein echter Bürgerkrieg. In Richtung Kiew sagte Putin:
"Russland hat seinen Ruf als zuverlässiger Energielieferant für Europa immer zu schätzen gewusst. Für die heutigen Risiken, die im Zusammenhang mit Gasliefer…
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