"Desinfektionsjournalismus" hat unser Autor seine umfassende Kritik an der Corona-Berichterstattung des deutschen Journalismus betitelt, die gerade in der Fachzeitschrift "journalistik" erschienen ist. In mehreren Teilen wird er auf Telepolis anhand von Fallbeispielen seine Position untermauern, die Medien seien vor allem zu Beginn der Pandemie nicht nur weit hinter ihren Möglichkeiten geblieben, sondern hätten mit unprofessioneller Arbeit eine demokratiegefährdende Diskursverengung betrieben. Zum Auftakt stellt Timo Rieg die bislang umfassendste Studie zur Qualität des "Corona-Journalismus" vor, die in der Schweiz entstanden ist.
Dass in der Berichterstattung zur Corona-Pandemie und deren politisch-bürokratischer Bekämpfung alles optimal gelaufen ist, darf man für äußerst unwahrscheinlich halten. Schließlich leidet der Journalismus an vielen systemischen, längst bekannten und intensiv untersuchten Problemen. Etwa seinem permanenten Spagat zwischen Aufklärungsanspruch und kommerziellen Interessen (die selbstverständlich auch gebührenfinanzierte Sender haben). Journalismus leidet unter seinem wenig heterogenen Personal, das überwiegend in gleichen Biotopen lebt und den großen Rest der Welt von außen bestaunt (oder auch ignoriert). Er leidet an den üblichen Problemen hierarchischer Entscheidungsstrukturen ("Peter-Prinzip"). Er leidet an einem stark unterentwickelten Qualitätsmanagement.
Und der Journalismus leidet daran, dass ausgerechnet die Kritiker vom Dienst, die sich in einem Anfall von Hybris bis heute gerne als "Vierte Gewalt" bezeichnen, äußerst beleidigt auf jede Kritik an ihrer Arbeit reagieren. Es ist also äußerst unwahrscheinlich, dass die Berichterstattung zur Corona-Pandemie perfekt war oder inzwischen wurde.
Das bestätigt nun auch eine erste große Qualitätsstudie — allerdings für die Schweiz. Am "Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft" (fög) wird seit 2010 die Qualität der Schweizer Medien gemessen und in einem Jahrbuch veröffentlicht. Mit ähnlicher Methodik hat das Forschungszentrum der Uni Zürich Ende Juli Befunde zur "Qualität der Medienberichterstattung zur Corona-Pandemie" vorgelegt. Die Inhaltsanalysen erfassen dabei stets nur allgemeine Ausprägungen der Berichterstattung, etwa wie viele verschiedene Akteure zu Wort kommen. Nicht gemessen werden u.a. so wichtige Qualitätskriterien wie die Richtigkeit oder Vollständigkeit von Berichten. Die Studie misst die Medienleistung in den Dimensionen Vielfalt, Relevanz und Deliberationsqualität.
Erster auffälliger Befund: Corona hat in der Berichterstattung nicht nur dem Eindruck nach alles beherrscht. Bis zu 75 Prozent aller Artikel in den Zeitungen und aller Rundfunknachrichten der Stichprobe beschäftigten sich mit der Pandemie. Eine vergleichbare Themendominanz hat es wohl lange nicht gegeben. Zum Vergleich: Das dominante Thema Klimawandel erreicht im vergangenen Wahljahr zur Spitze kaum mehr als 10 Prozent der Gesamtberichterstattung, so die Forscher Mark Eisenegger (Direktor fög), Franziska Oehmer, Linards Udris und Daniel Vogler.
Dass in der Berichterstattung zur Corona-Pandemie und deren politisch-bürokratischer Bekämpfung alles optimal gelaufen ist, darf man für äußerst unwahrscheinlich halten. Schließlich leidet der Journalismus an vielen systemischen, längst bekannten und intensiv untersuchten Problemen. Etwa seinem permanenten Spagat zwischen Aufklärungsanspruch und kommerziellen Interessen (die selbstverständlich auch gebührenfinanzierte Sender haben). Journalismus leidet unter seinem wenig heterogenen Personal, das überwiegend in gleichen Biotopen lebt und den großen Rest der Welt von außen bestaunt (oder auch ignoriert). Er leidet an den üblichen Problemen hierarchischer Entscheidungsstrukturen ("Peter-Prinzip"). Er leidet an einem stark unterentwickelten Qualitätsmanagement.
Und der Journalismus leidet daran, dass ausgerechnet die Kritiker vom Dienst, die sich in einem Anfall von Hybris bis heute gerne als "Vierte Gewalt" bezeichnen, äußerst beleidigt auf jede Kritik an ihrer Arbeit reagieren. Es ist also äußerst unwahrscheinlich, dass die Berichterstattung zur Corona-Pandemie perfekt war oder inzwischen wurde.
Das bestätigt nun auch eine erste große Qualitätsstudie — allerdings für die Schweiz. Am "Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft" (fög) wird seit 2010 die Qualität der Schweizer Medien gemessen und in einem Jahrbuch veröffentlicht. Mit ähnlicher Methodik hat das Forschungszentrum der Uni Zürich Ende Juli Befunde zur "Qualität der Medienberichterstattung zur Corona-Pandemie" vorgelegt. Die Inhaltsanalysen erfassen dabei stets nur allgemeine Ausprägungen der Berichterstattung, etwa wie viele verschiedene Akteure zu Wort kommen. Nicht gemessen werden u.a. so wichtige Qualitätskriterien wie die Richtigkeit oder Vollständigkeit von Berichten. Die Studie misst die Medienleistung in den Dimensionen Vielfalt, Relevanz und Deliberationsqualität.
Erster auffälliger Befund: Corona hat in der Berichterstattung nicht nur dem Eindruck nach alles beherrscht. Bis zu 75 Prozent aller Artikel in den Zeitungen und aller Rundfunknachrichten der Stichprobe beschäftigten sich mit der Pandemie. Eine vergleichbare Themendominanz hat es wohl lange nicht gegeben. Zum Vergleich: Das dominante Thema Klimawandel erreicht im vergangenen Wahljahr zur Spitze kaum mehr als 10 Prozent der Gesamtberichterstattung, so die Forscher Mark Eisenegger (Direktor fög), Franziska Oehmer, Linards Udris und Daniel Vogler.
mehr:
- Elementare Defizite der Berichterstattung (Timo Rieg, Telepolis, 11.10.2020)
mein Kommentar:
Was soll’s?!
99 Prozent der Bundesdeutschen Nachrichten-Konsumenten werden diesen Artikel NIE zu Gesicht bekommen!
Für die ist der nächste DSDS oder das nächste Trump-Fettnäpfchen wichtiger…
siehe auch:
- +++ Trumps Corona-Infektion +++ Willkommen im medialen Gagaland (Post, 06.10.2020)
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