Sonntag, 4. Oktober 2020

Prof. Dr. Martin Schwab, Meinungsfreiheit und wissenschaftlicher Diskurs in der Corona-Krise –
Zugleich in Sachen Transparency International Deutschland:
Eine Erwiderung auf den Bericht der Untersuchungskommission im Fall Wolfgang Wodarg

Am 18., 19. und 20. März 2020 erschienen zahlreiche Medienberichte, in denen die Einschätzungen von Wolfgang Wodarg zur Corona-Krise auf teilweise vernichtende Art und Weise verrissen wurden. Ausgerechnet am 20. März 2020 sank ausweislich einer Graphik des Robert-Koch-Instituts der Reproduktionsfaktor von SARS CoV-2 in Deutschland unter 1. Zwar ist umstritten, welche Schlüsse sich aus dieser Graphik ableiten lassen. Trotzdem sollte uns allein schon das zeitliche Zusammentreffen dieser beiden Ereignisse eine Mahnung sein, die Auseinandersetzung mit Wolfgang Wodarg und seinen Thesen in einem fairen Verfahren zu führen. Die Mitgliederversammlung von Transparency International Deutschland am 26. September 2020 könnte dafür ein geeignetes Forum bieten.

Der Bericht der Untersuchungskommission, welche der Vorstand von Transparency International eingesetzt hat, verheißt indes nichts Gutes. Wolfgang Wodarg wird darin vorgeworfen, mit seinen Medienauftritten zur Corona-Krise das Ansehen von Transparency International Deutschland beschädigt zu haben. Der Bericht wurde erstellt, ohne Wolfgang Wodarg vorher Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Inhaltlich leiden die Darlegungen der Untersuchungskommission, ebenso wie schon zuvor die Medienberichte, an schwerwiegenden Mängeln. Ich habe mich daher entschlossen, den nachstehenden Gegenbericht vorzulegen, um einer einseitigen Vorprägung des Meinungsbildes entgegenzuwirken.

Die Corona-Krise ist geradezu dafür prädestiniert, eine Polarisierung des Meinungsbildes zu begünstigen. Denn sowohl die Befürworter als auch die Gegner von Freiheitsbeschränkungen als Antwort auf die Ausbreitung des Erregers führen zu ihren jeweiligen Gunsten Belange von essentiellem Gewicht ins Feld: Jene, die in dem Virus eine nie dagewesene Bedrohung erblicken und ein beherztes Einschreiten der Politik gutheißen, werden jenen, welche die Bedrohung für weniger schwerwiegend erachten, vorhalten, sie verharmlosten die Gefahr und riskierten Tausende Menschenleben. Jene, die einer optimistischeren Risikobewertung anhängen, werden ihrerseits den Befürwortern der Corona- Maßnahmen vorhalten, sie nähmen ohne Not die Zerstörung der gesamten Volkswirtschaft und die Vernichtung Tausender bürgerlicher Existenzen in Kauf.

Aber bei allem Streit sollte uns doch gleichwohl ein Anliegen einen: Wir müssen aus der Krise schnellstens herausfinden. Denn die Corona-Zeit ist eine scheußliche Zeit. Der Weg aus der jetzigen Situation kann nur über den Boden der geistigen Auseinandersetzung führen: Beide Seiten müssen auf Augenhöhe diskutieren und Argumente in der Sache austauschen. Die derzeitige Praxis, dass die Befürworter der Corona-Maßnahmen aus einer Position angemaßter Überlegenheit die Gegner dieser Maßnahmen verunglimpfen, bringt uns demgegenüber keinen Schritt weiter. Ich habe mir mit großem Aufwand ein Bild vom Diskussionsstand über jene Fragen verschafft, zu denen Wolfgang Wodarg sich geäußert hat. Dabei hat sich gezeigt, dass Vieles bereits im Grundsätzlichen umstritten ist und dringend geklärt werden sollte. Nach meinem Eindruck ist weder die fachliche Begründung der Corona- Maßnahmen unbestreitbar richtig noch die Kritik von Wolfgang Wodarg eindeutig verfehlt. Es lohnt sich mithin, noch einmal darüber zu sprechen, wie gefährlich das Virus wirklich ist und welche Gefahren umgekehrt die Corona-Maßnahmen ihrerseits heraufbeschwören.
mehr:
- Meinungsfreiheit und wissenschaftlicher Diskurs in der Corona-Krise (Prof. Dr. Martin Schwab, clubderklarenworte.de, eingestellt am 04.10.2020 – PDF)
siehe auch:
Unabhängige Untersuchung des Verhaltens von Wolfgang Wodarg abgeschlossen (in: Scheinwerfer, Das Magazin gegen Korruption, Ausgabe Juni 2020, S. 29)
Pandemie-Management: Meinungen am Rande des Mainstreams (Theo Dingermann, Pharmazeutische Zeitung, 30.03.2020)
- Ruhen der Mitgliedschaft von Wolfgang Wodarg (Stellungnahme Hartmut Bäumer, Transparency International Deutschland, 25.03.2020 – PDF)
Faktencheck Wolfgang Wodarg verbreitet Thesen, die wichtige Tatsachen ignorieren (Nina Breher, Richard Friebe, Sascha Karberg, Tagesspiegel, 20.03.2020)
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