Dienstag, 6. November 2007

Die Angst der SPD


Ein Chefredakteur musste gehen, weil die Partei es wollte
Jetzt ist es bewiesen, doch es scheint kaum mehr zu interessieren: Die Pressepolitik der SPD ist nicht so neutral, wie sich die Verantwortlichen gerne geben und die Parteizentrale hat einen klaren Feind: die Linkspartei. Den Beweis für die Pressepolitik der SPD liefert das Vorgehen ihrer Beteiligungsgesellschaft DDVG bei der Entlassung von Wolfgang Storz, bis Mai vergangenen Jahres Chefredakteur der Frankfurter Rundschau.

Der Hintergrund: In einer wirtschaftlichen Krise hatte die Beteiligungsgesellschaft der SPD im Jahre 2004 rund 90 Prozent der Anteile von der Karl-Gerold-Stiftung übernommen, der Eigentümerin der Frankfurter Rundschau. Während Christdemokraten und FDP damals die Pressefreiheit bedroht sahen, betonte SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier und Chefin der DDVG, sie wolle die Pressefreiheit wahren: »Wir haben mit unseren bisherigen Medien-Beteiligungen gezeigt, dass wir keinen Einfluss auf Redaktionen nehmen.«

Redakteurinnen und Redakteure anderer Tageszeitungen mit SPD-Beteiligung bestätigten dies, manchmal sogar mit einem gewissen Bedauern, weil ihnen die Zeitungen angesichts einer Beteiligung der SPD zu konservativ erschienen. Im Falle der Frankfurter Rundschau wurde die Parteizentrale jedoch schon bald nach ihrem Einstieg nervös.

Der Grund: die offene Diskussion des Blattes über die Linkspartei. Im August 2005 schrieb Inge Wettig-Danielmeier dann einen Brief an die Chefredaktion der Frankfurter Rundschau: Darin heißt es, in der FR sei »in den letzten Wochen so mancherlei zum Thema Linkspartei erschienen. Manches davon zutreffend, manches sehr einseitig, gelegentlich auch provozierend, einiges davon auch uninformiert«. Im Stile einer Über-Chefredakteurin schlug die SPD-Schatzmeisterin dann den Abdruck eines Textes der Historikerin Helga Grebing vor, die mit der Linkspartei scharf ins Gericht geht. Wolfgang Storz, selbst kein Freund der Linkspartei, beteuerte zwar, dass die Thesen von Helga Grebing durchaus interessant seien - er kam der Empfehlung der SPD-Parteizentrale jedoch nicht nach. Denn: »Sie haben mir diesen Brief offiziell als Schatzmeisterin der SPD geschrieben.« Schon deshalb müsse er ihr Angebot ablehnen, da »dies die redaktionelle Unabhängigkeit berühre«.

Nach einem weiteren Briefwechsel, in dem beide Parteien ihre Positionen untermauerten, griff die DDVG als Mehrheitsgesellschafterin zu ihrer letzten Waffe: Im Mai 2006 entließ sie den Chefredakteur auf »amerikanische Art«: Storz musste sein Büro innerhalb von zwei Stunden verlassen, sein E-Mail-Account wurde sofort gesperrt. • Wolfgang Keßler

aus Publik-Forum 19/07


Wenn wir einer Auseinandersetzung zwischen Eva Herman und Johannes B. Kerner soviel Platz in unseren Medien und Köpfen einräumen und dem Rauswurf von Wolfgang Storz so wenig, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn in unserem Land Dinge geschehen, die uns nicht gefallen, gegen die aber anscheinend kein Widerstand möglich ist.
Daß der Chefredakteur einer Tageszeitung weisungsgebunden ist – zumal einer Partei gegenüber – ist das Szenario einer Bananenrepublik, wenn er auf diese Art und Weise rausgeworfen wird, ist das ein Skandal, und wenn dann kein Aufschrei in der Gesellschaft erfolgt, ist das ein Armutszeugnis. Wir sollten uns schämen – und dankbar sein für diejenigen Medien, in denen wir davon erfahren!

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