Freitag, 12. März 2010

Sterbehilfe – Leid ist schwer messbar

Qualen sind ein subjektives Phänomen. Eine Arbeitsgruppe aus Amsterdam wollte wissen, inwieweit man es quantifizieren kann und wie sich die Einschätzungen von Patient und Arzt unterscheiden.
Mit Hilfe ausführlicher Interviews von zehn Patienten, die Sterbehilfe erbeten hatten, bei denen dies aber abgelehnt oder bei denen sie trotz Genehmigung nicht ausgeführt worden war, sowie von 16 Ärzten, die mit diesen oder ähnlichen Fällen befasst waren, gewann man tiefere Einblicke. Nicht alle Patienten, die unbedingt sterben wollten, hielten ihr Leid fürwirklich unerträglich. Ihre Arzte konnten ihren Wunsch, zu sterben, dennoch nachvollziehen. Wenn die Patienten von unerträglichem Leiden sprachen, waren Ärzte öfter anderer Meinung. Patienten bezogen diese Einschätzung mehr auf psychosoziale Aspekte, Ärzte rein auf die physische Seite. Wenn z. B. ein Patient noch Bücher lesen konnte, nahmen sie ihm unerträgliche Qualen nicht ab.
Die Autoren legen den Ärzten nahe, alle Perspektiven von Leiden wahrzunehmen und ihre Einschätzung nicht auf die rein körperliche Sichtweise zu verengen. Eine nur physische Auslegung werde der weitgehend subjektiven Natur von Leiden und auch der Intention des niederländischen Sterbehilfe-Gesetzes nicht gerecht. WE

Pasman HRW et al.: concept of unbearable suffering in context of ungranted requests for euthanasia: qualitative interviews with patients and physicians. BMJ 339 (2009) 1235-7237
Bestellnummer der Originalarbeit 091657

aus MMW Fortschritte der Medizin

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