Montag, 27. September 2010

9/11 und die Raketenabwehr des Pentagon

Über Abfangjäger hinaus gibt es zumindest für die wichtigsten Regierungsgebäude noch weitere Abwehrmöglichkeiten vor Angriffen aus der Luft. Erwähnt seien z.B. die Raketenbatterien im fünf Hektar großen Innenhof des Pentagon, die dieses Gebäude ebenso schützen wie auch Stingerraketen im Weißen Haus vorhanden sind.-
[Wer öffnete den Luftraum für den Terror ?, 911-archiv.net, 27.09.2010]

Warum waren die Raketenbatterien und die Luftabwehr um das Pentagon herum an diesem Tag nicht aktiviert ?
[12 Fragen zum 11.9., broeckers.com, undatiert; Quelle: www.911truth.org/article.php, nicht aufrufbar] 

siehe auch:
- UNANSWERED QUESTIONS (911truth.org, undatiert) 

Vorausgesetzt, die Boeing hätte dieses erste Hindernis genommen, dann hätte sie beim Anflug auf das Pentagon abgeschossen werden müssen. Das Sicherheitssystem, das das Verteidigungsministerium schützt, ist natürlich ein Militärgeheimnis - ebenso wie das im Weißen Haus. Höchstens weiß man, dass es nach einer Reihe von Zwischenfällen im Jahre 1994, unter anderem der Landung einer kleinen Cesna 150L auf dem Rasen des Weißen Hauses, völlig überdacht Anm.9 wurde. Man weiß außerdem, dass dieses Flugabwehrsystem über fünf Batterien Abwehrraketen, die auf dem Pentagon aufgestellt sind, sowie über Jagdflugzeuge, die auf dem Stützpunkt des US-Präsidenten in St. Andrew stationiert sind, verfügt.[Funny Team, Das Geisterflugzeug des Pentagons, FunnyPage, undatiert – Hervorhebung von mir] 



[…] even the fallback position of manually operated batteries wouldn't really help. Because at what point would you make the shootdown decision? At an average of 400 mph, any plane approaching the Pentagon would cover the final mile in around 9 seconds. A plane could divert from a normal approach path to the airport in an even shorter period, a major problem because it takes time for missiles to launch, detect and move in on an attacker. If you can’t launch before the target is inside your minimum range (which could be half a mile or more) then you have no chance of hitting it.
And fifth, the Pentagon did use armed missile batteries in Washington during September 2002, and reports at the time made it clear that this was an exceptional event.
Pentagon arms missile batteries around D.C.
For the first time since the Cuban missile crisis almost 40 years ago, armed missile launchers will be protecting the nation's capital by day's end Tuesday -- a precaution that comes amid a heightened alert status on the eve of the one-year anniversary of the September 11 attacks.
http://archives.cnn.com/2002/US/09/10/ar911.air.defense/
No mention of any earlier Pentagon missile batteries here. Some confirmation comes in Richard Clarke’s “Against All Enemies”, where he says plans for air defence were rejected (the dates of these events aren’t made precisely clear, but the account comes from a chapter entitled “The Almost War, 1996):
The Secret Service and Customs had teamed up in Atlanta to provide some rudimentary air defense against an aircraft flying into the Olympic Stadium. They did so again during the subsequent National Security Special Events and they agreed to create a permanent air defense unit to protect Washington. Unfortunately, those two federal law enforcement agencies were housed in the Treasury Department and its leadership did not want to pay for such a mission or run the liability risks of shooting down the wrong aircraft. Treasury nixed the air defense unit, and my attempts within the White House to overrule them came to naught. The idea of aircraft attacking in Washington seemed remote to many people and the risks of shooting down aircraft in a city were thought to be far too high. Moreover, the opponents of our plan argued, the Air Force could always scramble fighter aircraft to protect Washington if there were a problem. On occasions when aircraft were hijacked (and in one case when we erroneously believed a Northwest flight had been seized), the Air Force did intercept the airliners with fighter jets. We succeeded only in getting Secret Service the permission to continue to examine air defense options, including the possibility of placing missile units near the White House. Most people who heard about our efforts to create some air defense system in case terrorists tried to fly aircraft into the Capitol, the White House, or the Pentagon simply thought we were nuts.
Page 131
Against all Enemies
Richard A Clarke
It seems if there were missile defences on 9/11, then Clarke didn’t know about them.

würde auch die Ausweichposition von manuell betriebenen Batterien nicht wirklich helfen. Denn zu welchem ​​Zeitpunkt würden Sie die Abschussentscheidung treffen? Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 400 Meilen pro Stunde würde jedes Flugzeug, das sich dem Pentagon nähert, die letzte Meile in etwa 9 Sekunden zurücklegen. Ein Flugzeug könnte in noch kürzerer Zeit von einem normalen Anflugweg zum Flughafen ablenken. Dies ist ein großes Problem, da es einige Zeit dauert, bis Raketen einen Angreifer abfeuern, erkennen und in ihn eindringen. Wenn Sie nicht starten können, bevor sich das Ziel innerhalb Ihrer Mindestreichweite befindet (die eine halbe Meile oder mehr betragen kann), haben Sie keine Chance, es zu treffen. 
Und fünftens hat das Pentagon im September 2002 in Washington bewaffnete Raketenbatterien eingesetzt, und Berichten zufolge war dies zu diesem Zeitpunkt ein außergewöhnliches Ereignis.
Pentagon Waffen Raketenbatterien um DC 
Zum ersten Mal seit der Kubakrise vor fast 40 Jahren werden bewaffnete Raketenwerfer am Dienstagabend die Hauptstadt des Landes schützen - eine Vorsichtsmaßnahme, die sich in einem erhöhten Alarmstatus am Vorabend des einjährigen Jubiläums des Septembers befindet 11 Angriffe. http://archives.cnn.com/2002/US/09/10/ar911.air.defense/
Keine Erwähnung früherer Pentagon-Raketenbatterien. Eine Bestätigung findet sich in Richard Clarkes "Against All Enemies", wo er sagt, dass Pläne zur Luftverteidigung abgelehnt wurden (die Daten dieser Ereignisse sind nicht genau bekannt, aber der Bericht stammt aus einem Kapitel mit dem Titel "The Almost War, 1996"):
Secret Service und Customs hatten sich in Atlanta zusammengetan, um eine rudimentäre Luftverteidigung gegen ein Flugzeug zu gewährleisten, das ins Olympiastadion flog. Sie taten dies bei den darauffolgenden National Security Special Events erneut und einigten sich darauf, eine permanente Luftverteidigungseinheit zum Schutz Washingtons einzurichten. Leider waren diese beiden Strafverfolgungsbehörden des Bundes im Finanzministerium untergebracht, und ihre Führung wollte für eine solche Mission weder bezahlen noch das Haftungsrisiko eingehen, wenn sie das falsche Flugzeug abschießen.Das Finanzministerium machte die Luftverteidigungseinheit fertig, und meine Versuche, sie im Weißen Haus außer Kraft zu setzen, waren gescheitert. Die Idee, Flugzeuge in Washington anzugreifen, schien vielen Menschen fern und das Risiko, Flugzeuge in einer Stadt abzuschießen, wurde als viel zu hoch eingeschätzt. Darüber hinaus argumentierten die Gegner unseres Plans, die Luftwaffe könne immer wieder Kampfflugzeuge kriechen, um Washington zu schützen, wenn es ein Problem gebe. Bei Flugzeugentführungen (und in einem Fall, als wir fälschlicherweise glaubten, ein Nordwestflug sei beschlagnahmt worden) hat die Luftwaffe die Verkehrsflugzeuge mit Kampfflugzeugen abgefangen. Es ist uns nur gelungen, Secret Service die Erlaubnis zu erteilen, weiterhin Luftverteidigungsoptionen zu prüfen, einschließlich der Möglichkeit, Raketeneinheiten in der Nähe des Weißen Hauses zu platzieren. Die meisten Leute, die von unseren Bemühungen zur Schaffung eines Luftverteidigungssystems für den Fall gehört haben, dass Terroristen versuchten, Flugzeuge in das Kapitol, das Weiße Haus oder das Pentagon zu fliegen, hielten uns einfach für verrückt. Seite 131 Gegen alle Feinde Richard A Clarke
Es scheint, als hätte es am 11. September eine Raketenabwehr gegeben, und Clarke wusste nichts davon. 
[Pentagon Missile Batteries, 911myths.com, undatiert – Google-Übersetzer]

mein Kommentar:
Die Zitate im 911myths-Artikel legen die Vermutung nahe, daß es am 11. September keine Flugabwehr-Raketen am Pentagon gab…


Kommentar zur Raketenabwehr des Pentagons: 
Alle »Verschwörungstheoretiker« in Netz sind sich sicher, daß das Pentagon – wie auch das Weiße Haus – über eine eigene Raketenabwehr verfügte.
Ich habe kein einziges Video gefunden, welches die offizielle Darstellung der 9/11-Vorgänge in Frage stellt, in welchem die Pentagon-Raketenabwehr erwähnt wird. Das spricht für sich. 
Auch habe ich kein einziges Mainstreammedium gefunden, welches eine Aussage über die Abwehrraketen des Pentagon trifft…
Im Jahr 2019 ist es schier unmöglich herauszufinden: 
Verfügte das Pentagon 2001 über eine Raketenabwehr oder nicht?

Freitag, 17. September 2010

Üben…

Im Film Crossroads (Musik: Ry Cooder) studiert der junge Weiße Eugene klassische Gitarre, aber das stupide Üben geht ihm auf den Keks, und eigentlich gehört sein Herz dem Blues. Er tut sich mit dem alten Blues-Spieler Willie Brown, der seine Seele an den Teufel verkauft hat. In einem Gitarren-Duell besiegt Eugene den Gitarristen Jack Butler (Steve Vai) mit der Interpretation eines klassischen Stückes (Caprice No 5 von Niccolò Paganini). Damit hat Eugene Willies Seele gerettet.

Steve Vai - Crossroads guitar duel (HD) [4:39]


Veröffentlicht am 02.05.2013

aus einem Kommentar auf der youtube-Seite:
»the moral of the story is that even if you have the better technique you still need a little soul to kick the devil in the ass…«
man könnte es auch umgekehrt sagen…

Donnerstag, 16. September 2010

Es gibt kein neues Leben im alten

Bei ZEIT-Online findet sich eine lesenswerte Rezension des sehenswerten Films »The American« des Popfotografen Anton Corbijn mit George Clooney in der Hauptrolle.
Erwähnt wird die stilistische Ähnlichkeit mit Jean-Pierre Melvilles unterkühltem, stilisierten Thriller »Samurai« (deutsch: Der eiskalte Engel) mit Alain Delon in der Hauptrolle.
Erwähnt wird ebenfalls Clooneys Virtuosität im Spielen asozialer Männer. Zum Beleg wird der Film »Up in the Air« herangezogen, der eine andere Form mißglückter Männlichkeit darstelle, die danach schreie, endlich erlöst zu werden.
Wie diese mißglückten Formen von Männlichkeit enden, kann man sowohl in dem besprochenen wie auch in dem zitierten »Samurai« wie auch in einem weiteren Film sehen: »Ghost Dog – Der Weg des Samurai« (wir denken uns schon was) mit Forest Whitaker in der Hauptrolle (eventuell eine weitere Form mißglückter Männlichkeit). »Samurai« und »Ghost Dog« werden auf Medienkultur miteinander verglichen.
Whitaker, der 2006 mit »Der letzte König von Schottland« als Idi Amin zu sehen war (eine weitere Form mißglückter Männlichkeit), zitiert in als Ghost Dog mehrmals aus dem 300 Jahre alten Hagakure, dem Ehrenkodex der Samurai von Tsunemoto Yamamoto.



(Leider ist bei den meisten Ghost-Dog-Videos bei Youtube das Einbetten deaktiviert.)
Für das Herunterladen der in »Ghost Dog« zitierten Sprüche gibt es folgenen Link.
Bei Neue Religion findet sich eine weitere Besprechung von Ghost Dog und dem Hagakure.
Bei Reines Sein finden sich weitere Auszüge aus dem Hagakure mit Kommentaren.

Mittwoch, 15. September 2010

Taj Mahal - Ain't that a lot of love




Though you failed at love and lost
And sorrow's turned your heart to frost
I will mend your heart again
Remember the feeling as a child
When you woke up and morning smiled
Its time its time its time you felt like that again

There is just no percentage in remembering the past
Its time you learned to live again and love at last
Come with me leave your yesterday your yesterday behind
And take a giant step outside your mind

You stare at me with disbelief
You say for you there's no relief
But girl I swear it won't do you no harm
Don't sit there in your lonely room
Just looking back inside that gloom
Mama that's not were you belong

Come with me I'll take you where the taste of life is green
N' Everyday everyday hold on woman just got to be seen
Come with me leave your yesterday your yesterday behind
And take a giant step outside your mind

Though you failed at love and lost
And sorrow's turned your heart to frost
I will mend your heart again
Remember the feeling as a child
When you woke up and morning smiled
Its time its time its time you felt like that again

There is just no percentage in remembering the past
Its time you learned to live again and love at last
Come with me leave your yesterday your yesterday behind
And take a giant step outside your mind

Dienstag, 7. September 2010

A Sideman's Journey

Anscheinend hab’ ich’s nicht gepostet, ich dachte, ich hätte es.
Nun, besser zu spät als gar nicht:
Vor etwa einem Jahr veröffentlichte Klaus Voormann seine musikalische Retrospektive: A Sideman’s Journey.
Einem größeren Publikum ist er bekannt als der Grafiker, der für das Cover der LP »Revolver« der Beatles verantwortlich ist.

Eine Übersicht über sein Schaffen findet sich bei iheartklaus.
Und noch ein paar Bilder von der Präsentation.

Und noch’n bißchen Nostalgie aus Köln.

Sonntag, 5. September 2010

Föhn mich nicht zu

Ich kam an die Werner-Heisenberg-Schule in der Brunnenstraße im Stadtbezirk Berlin-Mitte. Als ich dort mein Referendariat aufnahm, schockte mich neben dem Mangel an Disziplin auch die fehlende Sprachkompetenz meiner Schüler. Ich hatte mich selbst nie für besonders sprachbegabt gehalten, aber im Klassenraum wurde ich mit meinen fehlerfreien Hauptsätzen zu einem lexikalischen und syntaktischen Genie. Wenn ich hingegen den Schülern in der Pause beim Sprechen zuhörte, dröhnten mir sofort die Ohren:
»Musstu Alexa, ja?«
»Isch Alexa, wallah.«
»Ischauch.«
»Hast du U-Bahn?«
»Hab Bus!«
»Binisch auch Bus.«
»Weißdu gestern?«
»Nee, weis nisch.«
»Musstu wissen gestern.«
»Isch?«
»Musstu wissen.«
»Was?«
»Gestern. Isch bin U-Bahn. Isch kein Fahrschein. Isch gefickt von Kontrolleur.«
»Escht? Tschüüüsch! Musstu schlagen, Kontrolleur.«
»Nee, nisch schlagen. Kontrolleur Frau.«
»Escht schwul, die Muschi!«
In der ersten Zeit stellte ich mir oft die Frage, welche Gespräche man als Lehrer hörte, wenn man nicht wie ich auf einem Gymnasium unterrichtete. Vielleicht ließen die Schüler an Haupt- und Realschulen Verben und Personalpronomen gänzlich weg und gebrauchten nur noch Nomen.

[…]


Verständlicherweise irritierte mich die nachlässige bis fehlerhafte Ausdrucksweise der Menschen aus den alten Bundesländern auch noch lange nach dem Mauerfall. Zehn Jahre sprachlicher DDR-Sozialisation konnte und wollte ich nicht so einfach abschütteln. So war mir an all meinen Freundinnen aus dem Westen auch immer unangenehm aufgefallen, dass sie beim Sex bestenfalls einzelne Worte stöhnten. Oft hatte ich unser Liebesspiel deshalb unterbrechen müssen und sie gebeten, das Stöhnen zu wiederholen – und zwar im ganzen Satz. Daran war manche Beziehung gescheitert. Bei meinen Schülern musste ich noch häufiger intervenieren. Eigentlich konnte ich am Werner- Heisenberg-Gymnasium keine Äußerung einfach so stehen lassen. Das führte regelmäßig zu ausgedehnten Lehrer-Schüler-Pingpongs:
»Cemal! Erläutere mir bitte, wie der Humanismus dazu beitrug, dass die Europäer damals unbekannte Regionen und Kontinente entdeckten.«
»Kolumbus.«
»Cemal, bitte antworte im ganzen Satz!«
»Wegen Kolumbus.«
»Das ist noch kein ganzer Satz, Cemal.«
»Doch!«
»Nein, da liegst du falsch.«
Über diese Streitfrage in der Klasse abzustimmen, hätte Cemal zu einem Kantersieg verholfen, weshalb ich auf solche plebiszitären Elemente verzichtete und lieber fortfuhr, ihn zu triezen.
»Welches Element gehört denn in einen Satz?«
»Weisnisch!«
»Jeder Satz braucht ein Verb. Ein Tuwort. Also: Was tat Kolumbus?«
»Amerika!«
»Das ist kein Verb, aber sicherlich auch eine Information, die in den Satz gehört. Also, ich fasse mal zusammen: Wegen Kolumbus Amerika. Nun zum Verb: Was hat Kolumbus denn getan, uni nach Amerika zu gelangen?«
»Mit Schiff.«
»Okay, halten wir fest: Wegen Kolumbus Amerika mit Schiff. Was hat er denn mit dem Schiff gemacht, um nach Amerika zu gelangen?«
»Gefahren!«
»Also: Wegen Kolumbus Amerika mit Schiff gefahren. Ist es dass, was du sagen wolltest?«
»Ja.«
»Dann wiederhole bitte: Der Humanismus trug zur Entdeckung unbekannter Regionen und Kontinente bei, weil Kolumbus mit dem Schiff nach Amerika gesegelt ist
»Der Humanismus trug zur Entdeckung bei von Regionen äh …, weil Kolumbus nach Amerika gesegelt ist, äh … also mit 'nem Schiff.«
»Sprachlich ist das jetzt so weit in Ordnung, inhaltlich aber trotzdem falsch. Leider ist die Stunde nun zu Ende. Überlegt euch bitte bis zum nächsten Mal, wie die Antwort hätte richtig lauten müssen!«
Dieses Beispiel gehörte noch zu den Erfolgserlebnissen. Normalerweise wurde ich gar nicht verstanden, zumal wenn ich die Operatoren – also die Verben mit Aufforderungscharakter – verwendete, die uns unsere Ausbilder aufnötigten.
»Ermittelt bitte aus dem Text, was die Ursachen für den Aufstieg der NSDAP waren.«
»Wasis ermitteln?«
»Das heißt soviel wie rausholen. Informationen aus dem Text rausholen.«
»Escht krass! Wieisch Informationen aus Text holen. Habisch Schere? … Nee.«
Oder: »Beurteilt bitte, ob Hitler die Macht ergriffen hat oder übertragen bekam.«
»Wasis beurteilen?«
»Zu einer Frage eine begründete Meinung formulieren.«
»Ischhasse Hitler.«
Mein Unterricht war ein täglicher Kampf um das Einhalten sprachlicher Minimalstandards. Stofflich kam ich kaum voran. Wenn ich die Schüler im Französischunterricht aufforderte, einen dreihundert Wörter umfassenden Text zu lesen und alle Adjektive zu unterstreichen, die Gefühle ausdrücken, scheiterte ich daran, dass die Schüler nicht mal im Deutschen wussten, was eigentlich Adjektive waren und durch welche Begriffe Gefühle ausgedrückt werden konnten. So begnügte ich mich am Ende damit, dass die Schüler im Text einfach alle Wörter unterstrichen, aber für jedes eine andere Farbe benutzten.

[…]


Andere verlangten von ihren Schülern nicht einmal mehr Deutsch zu sprechen, solange sie überhaupt irgendeine Sprache benutzten – auch wenn sie als Lehrer diese gar nicht verstanden. Es musste nur ein Schüler der Klasse mit derselben Muttersprache bezeugen, dass die Äußerung richtig war. Meiner Fassungslosigkeit begegnete keiner der Kollegen mit Verständnis: »Seien Sie doch froh, dass die Schüler überhaupt antworten. An anderen Schulen würde man Sie abstechen, wenn Sie die ansprechen. Außerdem hat es einen Vorteil, wenn die Schüler kaum Deutsch beherrschen. Wollen Sie mit Kollegen über die herziehen, müssen Sie das nicht heimlich tun. Verwenden Sie einfach Nebensätze. Und schon wird Sie keiner der Schüler verstehen.«
Auch wenn mich dieses Desinteresse am sprachlichen Vermögen der Jugendlichen anfangs sehr empörte, wurde mangels Erfolg selbst bei mir der Widerstand dagegen mit der Zeit schwächer, denn mein Aufbäumen war ein einsamer und vergeblicher Kampf gegen Windmühlenräder. Irgendwann fand ich mich ebenfalls damit ab, dass sich die Schüler schlechter ausdrückten, als sie sollten, indem ich mir einredete, sie würden sich einfach anders ausdrücken. Und folglich gab auch ich mich schließlich mit Ein-Wort-Antworten zufrieden. Bezeichnete ein Schüler im Unterricht Wilhelm II. als Vollhoden, dann deutete ich das großzügig dahingehend, dass er die kriegstreibende Rolle des letzten deutschen Kaisers sehr wohl begriffen hatte. Immerhin ermöglichte mir diese neue Aufgeschlossenheit meinerseits, einige jugendsprachliche Begriffe kennenzulernen, die mir mit meiner ursprünglichen Haltung wohl entgangen wären.
Angesagte Musiker wurden als endgeil, porno, tight oder mörder bezeichnet, Stars, die out waren, als voll assig. Einen Schüler, der sich am unteren Ende der Klassenhierarchie befand, sah man als Opfa oder als Toy. Lehrer waren schizo und wurden wegen ihres Alters Kadaver genannt, in einer größeren Ansammlung als Krampfadergeschwader. Der immer elegant gekleidete und mit spitzen Lippen und distinguiert schrägem Kopf durch die dreckigen Flure eilende Herr Menz war wegen seiner Homosexualität voll gaylord. Ich wurde aufgrund meiner Größe abwechselnd als Bonsai oder Nabelküsser tituliert. Herr Rauter, der zu viel redete, föhnte die Schüler zu. Die magenkranke und auch sonst überall leidende Frau Flach hatte Mundgulli und Gesäßhusten, also einen schlechten Atem und Blähungen. Für Menschen mit Pickeln wurden alternativ die Bezeichnungen Akne-X und Clearasil-Testgelände benutzt.
Natürlich bemühte ich mich darum, mir diese Begriffe nicht zu eigen zu machen, mich weiterhin korrekt und in ganzen Sätzen zu artikulieren. Dennoch hinterließ die Sprache meiner Berlin-Mitte-Schüler bei mir Spuren. Das merkte ich aber erst, als ich nach dem Referendariat für eine kurze Zeit eine Stelle als Vertretungslehrer am Kant-Gymnasium in Zehlendorf annahm. Die sehr aufmerksamen und früh geförderten Arzt- , Psychologen- und Anwaltskinder im Französischunterricht waren ziemlich verwundert, als ich sie in der ersten Stunde darum bat, im zu lesenden Text alle Wörter mit unterschiedlichen Farben zu markieren und ihnen anbot, beim Sprechen und Schreiben einfach Verben und Artikel wegzulassen, weil die Sprache dadurch einfacher würde. In meinem Grundkurs Politik kam es sogar zum Eklat, weil ich eine Schüleräußerung nicht entsprechend würdigte:
»Einleitend bitte ich Sie, mir zu sagen, was Ihnen spontan zum politischen System der BRD einfällt … Ja, Hannes!«
»Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie und ein Bundesstaat. Manche sprechen auch von einem Parteienstaat wegen der zentralen Bedeutung des Parteienwesens für den Prozess der Meinungs- und Willensbildung. Wahlen werden überwiegend als personalisierte Verhältniswahlen durchgeführt. Zentrale Aufgaben der politischen Institutionen werden durch das Grundgesetz geregelt, zum Beispiel die Rolle von Parlament und Regierung.«
Ich kommentierte seinen Beitrag in einer Weise, wie es mir noch nie passiert war. Es rutschte einfach so heraus: »Is jagut! Nun föhn mich mal nicht zu! Die Message ist anjekommen, du Schnellchecker! Andre wollen auch noch was sagen.«
Einen Tag später standen seine Eltern auf der Matte. Hannes war aber echt empfindlich. Der sollte froh sein, dass er in Zehlendorf zur Schule ging. In Mitte wäre er mit seinem langen Monolog von seinen Mitschülern abgestochen worden. Das habe ich den Eltern auch erklärt. Sie haben wohl nur deshalb nichts gegen mich unternommen, weil meine Zeit an der Schule sowieso nach einem Monat beendet war.


aus Stephan Serin, Föhn mich nicht zu, Rowohlt TB, 256 Seiten, 9,95€

Wie heißt es so schön in der Spiegel-Online-Rezension: Thilo Sarazin hätte seine helle Freude an diesem Buch.
Der Autor der Rezension fragt: 
Wo werden Jugendliche, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, landen, wenn sie Sachen sagen wie "Isch bin U-Bahn" (ungefähr: Ich bin in der U-Bahn)?
Antwort: PEGIDA!
Ischauch, Isch Papst!


siehe auch:


zuletzt aktualisert am 03.06.2015

David Nathan und Simon Jäger lesen vor, aus "Föhn mich nicht zu" [2:52]

Hochgeladen am 25.02.2011
Die Synchronsprecher Simon Jäger (deutsche Stimme von Josh Hartnett, Heath Ledger u.a.) und David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale, James Marsters u.a.) trugen am 22.02.10 in Hannover / Lehmanns Lesenacht vom Publikum mitgebrachte Texte vor. 
Hier ein Auszug aus "Stephan Serin - Föhn mich nicht zu - Aus den Niederungen deutscher Klassenzimmer" 
zzz