In der Ukraine werden oppositionelle Aktivisten und Journalisten ermordet. Die Spur führt zu faschistischen Milizen und ukrainischen Behörden
Innerhalb von fünf Tagen traf es vergangene Woche drei Personen des öffentlichen Lebens, die nicht mit der prowestlichen Regierung in Kiew einverstanden waren: Der bekannte Journalist Oles Busina wurde am Donnerstag vor seiner Wohnung in Kiew erschossen, davor waren bereits der Oppositionspolitiker Oleg Kalaschnikow und der Reporter Sergej Suchobok Ziele von tödlichen Anschlägen geworden. Die Bluttaten reihen sich ein in eine Serie von ungeklärten Todesfällen prorussischer Politiker und ehemaliger Funktionäre der „Partei der Regionen“ des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch.
Bekannt hat sich mittlerweile eine Gruppe, die sich in Anlehnung an den ukrainischen Nationalismus während des Zweiten Weltkriegs „Ukrainische Aufständische Armee“ (UPA) nennt. Sie schickte ein Bekennerschreiben an den Kiewer Politologen Wladimir Fessenko. Dieses enthalte, so Fessenko, „vier Punkte: Zunächst bekennen sich die Absender zu den Morden am früheren Abgeordneten Kalaschnikow und dem Journalisten Busina. Sie übernehmen auch die Verantwortung für frühere Morde an den Politikern Tschetschetow, Pawlutschenko und Melnik.“
Schuld ist immer der Russe
Der offensichtliche Tathintergrund wird von prowestlichen Politikern und Teilen der Presse in der Ukraine in Zweifel gezogen. Entworfen wird eine Verschwörungstheorie auf Grundlage einer abstrusen Cui-Bono-Annahme. Ukrainische Medien präsentieren die These, Busina und Kalaschnikow seien von ehemaligen Verbündeten erschossen worden, um zu verhindern, dass sie ihr vermeintliches Wissen über irgendwelche nicht näher genannten Straftaten des vormaligen Regierungslagers preisgeben. Beweise gibt es dafür keine. Die zweite gängige Version, unter anderem aus dem ukrainischen Innenministerium, ist die, dass direkt „russische Spezialisten“ hinter den Angriffen steckten, um die „Ukraine zu destabilisieren“. Auch dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Wladimir Fessenko selbst kommentierte den Erhalt des Bekennerschreibens so: „Das bestätigt nur meinen Verdacht, dass russische Geheimdienste hinter diesen Leuten stehen, auch wenn die Mörder selbst das vielleicht gar nicht wissen.“ (2)
Schuld muss der Russe sein, selbst wenn alles dagegen spricht. Prorussische Aktivisten werden Mitten in Kiew erschossen, von Leuten, die seit langem ankündigen, genau das tun zu wollen und sich danach auch dazu bekennen. Aber in Wahrheit muss es natürlich Putin gewesen sein. Diese irre Verschwörungstheorie wird selbst von deutschen Medien als zulässige Hypothese betrachtet: „Für die These der russischen Drahtzieherschaft liegen genauso wenig Beweise auf dem Tisch wie für die einer ukrainisch-nationalistischen motivierten Tat“, meldet tagesschau.de in unglaublicher Verkennung der Indizien für eine Täterschaft ukrainischer Faschisten. (3)
mehr:
- Terror in der Ukraine: Wer steht hinter den Anschlägen? (Hans Berger, Hintergrund, 21.04.2015)
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