Die TTIP-Gegner bekommen Unterstützung: Bundestagspräsident Norbert Lammert kritisiert die Intransparenz der Verhandlungen des Freihandelsabkommens zwischen EU und USA.
Kürzlich stand in einer großen Tageszeitung auf Seite 1 die Überschrift zu lesen: „Präsident Machtlos“. Gemeint war Bundestagspräsident Norbert Lammert. Der CDU-Politiker hatte sich bei dem Präsidenten der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, über die Tatsache beschwert, dass Bundestagsabgeordnete keine Einsicht in die Verhandlungsdokumente über das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP erhalten. Zunächst dachte Lammert wohl, er sei erhört worden. Doch dem war nicht so. Deshalb die Schlagzeile: „Präsident Machtlos“.
Am Mittwoch nun wurde Lammert ungemütlich. Er sagte: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass der Bundestag einen Handelsvertrag zwischen der EU und den USA ratifizieren wird, dessen Zustandekommen er weder begleiten noch in alternativen Optionen beeinflussen konnte.“ Damit ging der Präsident weiter, als er realistischerweise gehen kann. Er ist ja nicht Dirigent der Fraktionen, sondern nur deren Repräsentant. Doch das starke Signal schien Lammert wohl nötig. Nicht alle goutieren es.
In den seit 2013 laufenden und derzeit stockenden Verhandlungen geht es um Fragen wie den Zollabbau oder öffentliche Aufträge ebenso wie um Arbeitnehmerrechte und Umweltthemen. Kritiker fürchten, dass hiesige Standards zulasten amerikanischer Vorgaben gesenkt werden. Argwohn erregen überdies mögliche Schiedsgerichtsverfahren, in denen Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden soll, Staaten zu verklagen. Erster Stein des Anstoßes ist jedoch die Tatsache, dass die Bundestagsabgeordneten keinerlei Einblick in die Dokumente nehmen können. Dies bleibt Regierungsvertretern vorbehalten. 139 Beamte haben zweimal wöchentlich zwischen 10 und 12 Uhr Gelegenheit, in der US-Botschaft Einblick zu nehmen in die Papiere. Für Parlamentarier gilt: „Wir müssen leider draußen bleiben!“
mehr:
- Lammert stellt sich gegen TTIP (Markus Decker, FR-Online, 28.10.2015)
siehe auch:
- Lammert droht mit Nein zu TTIP: Ohne Transparenz keine Zustimmung (Tagesschau, 28.10.2015)
- Fuchs kritisiert Lammert-Äußerung zu TTIP (Epoch Times, 28.10.2015)
siehe auch:
- Erwiderung auf Gabriels Pro-TTIP-Werbung (Post, 20.10.2015)
- TTIP-Demo in den Medien: War da was? (Post, 17.10.2015)
- Freihandelsabkommen: Lammert fordert Zugang zu TTIP-Dokumenten (ZEIT Online, 18.07.2015)
- Artikelübersicht
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