Freitag, 16. Dezember 2016

Ein postfaktischer Armutsbericht

Vermögende finden leichter Gehör bei der Politik - Armutsbericht im "postfaktischen Zeitalter" angekommen
Haben Menschen mit mehr Geld auch mehr Einfluss auf die Politik als Arme? Das hat offensichtlich die Bundesregierung interessiert und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kündigte 2015 an, im neuen Armutsbericht auch den Einfluss von Eliten auf Entscheidungen der Politik untersuchen zu lassen.

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) führt an, dass unter anderem folgende Stelle gestrichen wurde: "Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird."

Der Osnabrücker Politikwissenschaftler Armin Schäfer hat die Studie für das Bundesarbeitsministerium ausgearbeitet. Seine Erkenntnisse fanden sich dann auch in einer ersten Fassung des Armutsberichts. Die Rede war demnach von einer "Krise der Repräsentation". So hieß es: "Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert."

Außerdem wurde auch die Aussage gestrichen, wonach sich Bürger in Deutschland "mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in sehr unterschiedlichem Maß an der Politik [beteiligen], sondern es besteht auch eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen".

mehr:
- Gelenkte Wirklichkeit: Bundesregierung streicht brisante Stellen aus Armutsbericht (Marcus Klöckner, Telepolis, 15.12.2016)


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DIW und Opposition warfen Arbeitsminister Olaf Scholz vor, die tatsächliche Lage, insbesondere bezüglich der Kinderarmut, im Bericht geschönt zu haben.[16][17] [Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Vorwurf der Schönung des Berichts (2008), Wikipedia, abgerufen am 16.12.2016]
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Am 28. November 2012 wurde bekannt, dass die Bundesregierung nach Intervention durch Wirtschaftsminister Philipp Rösler den aktuellen Bericht „schönen“ ließ, d.h. Änderungen vornehmen ließ, die eine positivere Sicht der Dinge vermittelte, als die Entwurfsfassung. Dies wird vor dem Hintergrund, dass nicht die Bundesregierung der Auftraggeber des Berichts ist, sondern das Parlament, zuerst von der Süddeutschen Zeitung aufgezeigt und kritisiert.[18] Starke Kritik kam von den Gewerkschaften, weil im überarbeiteten Entwurf vom 21. November 2012 kritische Sätze fehlen und Hinweise auf unbequeme Fakten verschwunden sind.
„Die Bundesregierung will entscheidende Aussagen des Berichts verwässern, verschleiern und beschönigen“[19]
wird DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zitiert. Von Seiten der Gewerkschaften wurde die Bewertung und Analyse der Bundesregierung kritisiert, nicht die im Bericht enthaltenen Zahlen. Ein Link auf diesen Entwurf befindet sich in Abschnitt Weblinks.[20] Daraufhin kam es zu deutlichen Verzögerungen; der Bericht, der ursprünglich bereits 2012 erscheinen sollte, wurde schließlich am 6. März 2013 veröffentlicht. Auch die endgültige Fassung weist im Vergleich zur Entwurfsfassung inhaltliche Veränderungen auf, die von Opposition, Sozialverbänden, Gewerkschaften usw. als „Schönfärberei“ scharf kritisiert wurden. Auf tagesschau.de sind die Unterschiede der einzelnen Fassungen des Berichts dokumentiert.[21] [Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Vorwurf der Schönung des Berichts (2012/2013), Wikipedia, abgerufen am 16.12.2016]
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siehe auch:
Aushöhlung der Demokratie – Eine neue Studie zeigt: Wirtschaftslobbyisten gehören zu den zentralen Akteuren bei der Ausgestaltung des Freihandelsabkommens TTIP (Post, 10.07.2014)


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