Donnerstag, 5. Januar 2017

„Das Establishment übt sich in Leugnung“

Interview Yanis Varoufakis über die verschiedenen Deutungen der Griechenlandkrise

Seit seinem Rücktritt als Finanzminister Griechenlands im Juli 2015 ist von Yanis Varoufakis nur noch vergleichsweise wenig zu hören – zumindest in Deutschland. Im Februar 2016 hatte der Ökonom die europäische Bewegung DiEM25 mitgegründet. Deswegen verbringe er weiter viel Zeit in Flugzeugen, sagt Varoufakis, sei aber weiter in Griechenland zu Hause und plane auch nicht, daran etwas zu ändern. Warum Griechenland trotz einer mit 46,5 Prozent weiter nur knapp über Spanien liegenden Jugendarbeitslosigkeit hierzulande aus dem Fokus der Medien verschwunden ist? „2015 rebellierten wir inmitten dieses Schulden-Gefängnisses namens Griechenland“, sagt er, „und wie Sie wissen, haben Gefängnisaufstände einen Nachrichtenwert. Letzteren haben wir verloren, als die Griechen nach dem Staatsstreich der Eurogruppe und der Troika im Sommer 2015 zu stillem Leiden zurückkehrten.“

mehr:
- „Das Establishment übt sich in Leugnung“ (Sebastian Puschner, der Freitag, 04.01.2017)

[Doku] Yanis Varoufakis - Das Interview [HD] [43:23]

Doku2015
Veröffentlicht am 30.08.2015
Der preisgekrönte Dokumentarfilmer Stephan Lamby hatte mit den Arbeiten für ein Porträt des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble begonnen. Dafür wollte er auch den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis gewinnen. Der Zufall kam ihm zu Hilfe. Im April traf er den unkonventionellen Politiker auf dem Bürgersteig vor dem IWF in Washington. Beide hatten das Gebäude verlassen, um kurz Luft zu schnappen. Varoufakis war sofort bereit, über Schäuble zu sprechen: "That's interesting. Let's talk." Nach weiteren Begegnungen in Brüssel und Luxemburg wurde das Interview in der Athener Wohnung von Varoufakis - der inzwischen nicht mehr Finanzminister war - aufgenommen. "Alles andere als eine Luxuswohnung", berichtet Lamby. Varoufakis erzählt, wie es war, als er zu Jahresbeginn ins Amt gekommen war und praktisch leere Kassen vorfand. Auch seine Sicht auf das monatelange Ringen mit Europäischer Union, Eurogruppe und IWF ist ausführlich Thema. Er sei bei seiner Linie geblieben, so der Wirtschaftswissenschaftler, andere seien dagegen abgewichen, auch der griechische Regierungschef Alexis Tsipras. Im Gespräch mit Lamby erzählt der Mann mit der schillernden Persönlichkeit auch, wie sich die griechische Regierung heimlich auf einen Grexit vorbereitete. +++ Die 45-minütige Fassung des Interviews mit Yanis Varoufakis läuft erstmals bei phoenix, am Donnerstag, 20. August um 21.40 Uhr. Das 75-minütige Porträt "Schäuble - Macht und Ohnmacht" mit O-Tönen von Varoufakis ist am 24. August um 21.30 Uhr im Ersten zu sehen.


siehe auch:
- Ein postfaktischer Armutsbericht (Post, 16.12.2016)

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