In Brasilien könnte der rechtsextreme Kandidat Jair Bolsonaro bei der Stichwahl an diesem Sonntag die Macht in dem südamerikanischen Land übernehmen. Das Umfrageinstitut Ibope prognostizierte 50 Prozent für Bolsonaro und 41 Prozent für den Präsidentschaftsanwärter der linksgerichteten Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT), Fernando Haddad.
Das Ergebnis stimmt mit einer Prognose des Umfrageinstituts Datafolha überein. Eine Erhebung des Meinungsforschungsunternehmens Vox Populi kommt hingegen auf eine knappere Differenz von sechs Prozent zwischen den Kandidaten: Ihm zufolge wollen 53 Prozent für Bolsonaro stimmen und 47 Prozent für Haddad.
Auch wenn die PT einen verzweifelten Wahlkampf führt, um an die Umfragehochs unter dem ursprünglichen Kandidaten und ehemaligen Präsidenten (2003-2011) Luiz Inácio Lula da Silva anzuknüpfen, stehen ihre Chancen schlecht. Mit dem wahrscheinlichen Sieg Bolsonaros droht ein schleichender Putsch, der mit der Amtsenthebung der Lula-Nachfolgerin und PT-Politikerin Dilma Rousseff im August 2016 begonnen hat (In Brasilien herrschen jetzt Alte, Reiche, Weiße und Rechte), seinen vorläufigen Höhepunkt zu finden.
mehr:
- Brasilien rutscht nach rechts (Harald Neuber, Telepolis, 27.10.2018)
siehe auch:
- Rechter Bolsonaro Favorit– Brasilien wählt radikal (Roland Peters, n-tv, 28.10.2018) – dazu auch das Video
- Haddad vs. Bolsonaro – Brasiliens dramatische Stichwahl zwischen Demokratie und autoritärem Unrechtsstaat (Frederico Füllgraf, NachDenkSeiten, 27.10.2018)
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Zeit der MilitärdiktaturIm Jahre 1964 putschte das Militär und setzte João Goulart ab. Das neue Regime unter Marschall Humberto Castelo Branco unterdrückte die linke Opposition und entzog etwa 300 Personen die politischen Rechte. Ein 1965 verabschiedetes Gesetz schränkte die bürgerlichen Freiheiten ein, sprach der Nationalregierung weitere Machtbefugnisse zu und bestimmte die Wahl des Präsidenten und Vizepräsidenten durch den Kongress.
[…]
Anfang der 80er Jahre schwächte die Militärregierung die Repression deutlich ab, bis schließlich 1985, auch aus Mangel an eigenen Optionen aus dem Militärkader und bereits inmitten einer Wirtschaftskrise mit galoppierender Inflation, freie Wahlen zugelassen wurden.
Demokratie seit 1985
[…]
In demokratischen Wahlen wurde 1990 Fernando Collor de Mello zum Nachfolger Sarneys gewählt. Die ersten Monate seiner Amtszeit verbrachte er mit der Bekämpfung der Inflation, die zeitweise 25 % monatlich erreichte. […]
Im Jahr 1992 wurde Collor von seinem Bruder Pedro der Korruption bezichtigt, was zu Untersuchungen durch Kongress und Presse führte. Die sich verdichtenden Hinweise auf Bestechlichkeit und Veruntreuung von Staatsmitteln gaben den Anstoß zu Massendemonstrationen und Unruhen in den großen Städten Brasiliens.
[…]
Im Jahre 2011 wurde Dilma Rousseff als erste Frau zum Staatsoberhaupt Brasiliens gewählt. Trotz ihres umstrittenen, harten Regierungsstils, der sich sehr von dem ihres Mentors Lula abhebt, betrugen im März 2012 ihre Zustimmungswerte 72 Prozent, im März 2013 waren sie auf 79 Prozent angestiegen. Mitte Juni begann jedoch eine Gruppe von jungen Menschen, welche die Fahrpreiserhöhungen bei öffentlichen Transportmitteln in São Paulo ablehnte, zu protestieren. Die gewaltvolle Repression, mit der die Polizei auf die Demonstrierenden reagierte, löste eine Kette von landesweiten Protesten hervor: In den folgenden Wochen gingen die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße. Gekämpft wurde zusätzlich gegen die Austragung der Fußballweltmeisterschaft 2014, Korruption, Missachtung von Menschenrechten, Angriffe auf soziale Rechte sowie auf die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Indigenen. Ein Großteil der Kritik richtete sich an die Regierung und ihre zu wenig soziale Politik. Präsidentin Rousseff reagierte darauf mit dem Versprechen eines „großen Pakts“ für ein besseres Brasilien. Von Juni auf Juli sanken die Zustimmungswerte von Präsidentin Rousseff auf 31 Prozent ab.[57]
==========Die tiefe Vertrauenskrise in das politische System wurde mit der Absetzung Rousseffs im Jahr 2016 nicht behoben, da diese an einem System scheiterte, das "älter ist als die Demokratie",[58] jedoch auch von der Arbeiterpartei unter ihrer und der Präsidentschaft ihres Vorgängers Lula gepflegt anstatt verändert[59] worden war. Roussefs Nachfolger Temer verlor innert eines halben Jahres sechs seiner Minister wegen Korruptionsvorwürfen, während das Land schon das zweite Jahr in Folge in einer Rezession steckte.[60] Im Mai 2017 ermittelte das Oberste Gericht auch gegen den Präsidenten Temer. Nicht nur die staatliche Erdölfirma Petrobras, sondern damit auch der Baukonzern Odebrecht und der weltgrösste Fleischhändler JBS waren in die Korruption verwickelt.[61][Brasilien, Geschichte, Wikipedia, abgerufen am 28.10.2018]
Vor 50 Jahren: Militärputsch in Brasilien | Journal {3:24}
DW Deutsch
Am 31.03.2014 veröffentlicht
Am 31.03.2014 veröffentlicht
Am 31. März 1964 putschte in Brasilien das Militär gegen die Regierung von João Goulart. Man wollte damit verhindern, dass der Präsident Brasilien auf den kommunistischen Kurs Kubas lenken könnte. In Folge der Machtergreifung wuchs ein Staatsterror heran, bei dem Regimegegner willkürlich verhaftet, gefoltert und getötet wurden. Die Militärherrschaft endete erst im Jahr 1985.
makro: Brasiliens gekaufte Demokratie Doku (2018) {28:28}
Pepe Schwedolin
Am 19.02.2018 veröffentlicht
(beachte auch den Kommentar, mir fällt dabei sofort Italien ein…)Am 19.02.2018 veröffentlicht
Brasilien: Demokratie in Gefahr? | Weltspiegel {7:14}
Weltspiegel
Am 10.10.2018 veröffentlicht
Am 10.10.2018 veröffentlicht
Weltspiegel vom 7. Oktober 2018
Es ist eine Schicksalswahl für das Land, sagen nicht nur Brasilianer. Der frühere Staatschef Lula da Silva, lange Zeit aussichtsreichster Kandidat, ist aus dem Rennen um das Amt des Präsidenten. Er sitzt im Gefängnis.
Es ist eine Schicksalswahl für das Land, sagen nicht nur Brasilianer. Der frühere Staatschef Lula da Silva, lange Zeit aussichtsreichster Kandidat, ist aus dem Rennen um das Amt des Präsidenten. Er sitzt im Gefängnis.
Why Brazil Might Elect An Ultra-Right Wing President (HBO) {7:49}
VICE News
Am 05.10.2018 veröffentlicht
Am 05.10.2018 veröffentlicht
RIO DE JANEIRO — On a recent Sunday morning, a few hundred shirtless men wearing camo pants tucked into army boots got together to run in formation down the beach to Copacabana.
As they ran, with tourists and Brazilians alike gawking from the sand, they yelled “Cazuca,” the name of a young army sergeant killed in February during an armed robbery in western Rio.
Marcelo Soares Corrêa, a retired paratrooper and congressional candidate, led the men — all active or retired members of Brazil’s armed forces — in an anti-communist call-and-response: “Our flag will never be red!”
Corrêa is one of nearly 100 military veterans seeking office in Sunday’s national elections in Brazil. Nearly all of them are aligned with Jair Bolsonaro, the ultra-right wing, authoritarian presidential frontrunner famous for a long history of sexist, racist, and homophobic remarks. And like Bolsonaro, military candidates such as Corrêa say their hardline approach is needed to eradicate the twin problems afflicting Brazil: rampant political corruption and violent crime.
“The only good criminal is a dead criminal,” Corrêa told VICE News. “If you let the armed forces really get to work, they will completely eliminate the crime that has taken over the country.”
This turn toward militarism is raising alarms in a country that emerged only 33 years ago from a military dictatorship notorious for torturing, disappearing, and exiling its opponents. Yet rather than run away from Brazil's ugly past, Bolsonaro and his allies have appropriated it as a symbol of better days. On the campaign trail, these soldiers-turned-politicians routinely and explicitly praise the military regime. Bolsonaro counts as a personal hero Colonel Carlos Brilhante Ustra, who was found by Brazil’s National Truth Commission to have supervised the torture of more than 500 people during military rule.
Though Brazil has always had ultra-nationalist hardliners, what makes this year’s election different is that their rhetoric has much broader appeal.
“This nostalgia for military order is a response to both political corruption and urban violence,” said Bryan McCann, a historian at Georgetown University. “But it’s completely misplaced. The dictatorship was characterized by widespread corruption, and military enforcement, where it’s been tested within Brazil, has not been a successful constraint on urban violence.”
To many observers, Bolsonaro’s rise, whether he prevails in Sunday’s election or not, represents a deeper threat to a democracy made already fragile by a corrupt political establishment. Some even fear an outright military takeover — a possibility that, although unlikely, is not unreasonable: Bolsonaro’s vice-presidential running mate, a retired army general named Antonio Hamilton Mourão, has on at least two occasions said that a coup may be the only solution to Brazil’s problems.
In an interview with VICE News, Mourão insisted that he didn’t think a coup was necessary at this moment. But he didn’t discard the possibility. “If the country is the Titanic that’s sinking, will we, the military, behave like the orchestra? Will we start playing and go down with the country?” He said. “I think not.”
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As they ran, with tourists and Brazilians alike gawking from the sand, they yelled “Cazuca,” the name of a young army sergeant killed in February during an armed robbery in western Rio.
Marcelo Soares Corrêa, a retired paratrooper and congressional candidate, led the men — all active or retired members of Brazil’s armed forces — in an anti-communist call-and-response: “Our flag will never be red!”
Corrêa is one of nearly 100 military veterans seeking office in Sunday’s national elections in Brazil. Nearly all of them are aligned with Jair Bolsonaro, the ultra-right wing, authoritarian presidential frontrunner famous for a long history of sexist, racist, and homophobic remarks. And like Bolsonaro, military candidates such as Corrêa say their hardline approach is needed to eradicate the twin problems afflicting Brazil: rampant political corruption and violent crime.
“The only good criminal is a dead criminal,” Corrêa told VICE News. “If you let the armed forces really get to work, they will completely eliminate the crime that has taken over the country.”
This turn toward militarism is raising alarms in a country that emerged only 33 years ago from a military dictatorship notorious for torturing, disappearing, and exiling its opponents. Yet rather than run away from Brazil's ugly past, Bolsonaro and his allies have appropriated it as a symbol of better days. On the campaign trail, these soldiers-turned-politicians routinely and explicitly praise the military regime. Bolsonaro counts as a personal hero Colonel Carlos Brilhante Ustra, who was found by Brazil’s National Truth Commission to have supervised the torture of more than 500 people during military rule.
Though Brazil has always had ultra-nationalist hardliners, what makes this year’s election different is that their rhetoric has much broader appeal.
“This nostalgia for military order is a response to both political corruption and urban violence,” said Bryan McCann, a historian at Georgetown University. “But it’s completely misplaced. The dictatorship was characterized by widespread corruption, and military enforcement, where it’s been tested within Brazil, has not been a successful constraint on urban violence.”
To many observers, Bolsonaro’s rise, whether he prevails in Sunday’s election or not, represents a deeper threat to a democracy made already fragile by a corrupt political establishment. Some even fear an outright military takeover — a possibility that, although unlikely, is not unreasonable: Bolsonaro’s vice-presidential running mate, a retired army general named Antonio Hamilton Mourão, has on at least two occasions said that a coup may be the only solution to Brazil’s problems.
In an interview with VICE News, Mourão insisted that he didn’t think a coup was necessary at this moment. But he didn’t discard the possibility. “If the country is the Titanic that’s sinking, will we, the military, behave like the orchestra? Will we start playing and go down with the country?” He said. “I think not.”
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