Freitag, 28. Februar 2020

Der mediale und juristische Umgang mit Assange

Die NZZ identifizierte sich mit verleumderischen und ehrverletzenden Aussagen gegen den UN-Sonderberichterstatter über Folter.
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Die NZZ-Redaktion erlaubte einer Gastautorin, dem Schweizer Rechtswissenschaftler und UN-Sonderbeauftragten über Folter, Nils Melzer, prominent auf einer ganzen Seite «absurde» Aussagen zur Isolationshaft Assanges zu unterschieben und ihn einer «Verschwörungstherorie» zu bezichtigen. Zudem habe ausgerechnet der UN-Sonderberichterstatter über Folter einen «lockeren Umgang» mit dem Begriff der Folter. «Beunruhigend» sei, dass seriöse Medien und prominente Personen des öffentlichen Lebens bereit seien, Nils Melzer Glauben zu schenken.

Diese und viele weitere happigen Vorwürfe verbreitete die NZZ-Redaktion, ohne dem massiv Angegriffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wie es der Schweizerische Presserat in solchen Fällen vorschreibt.

Noch bedenklicher: Die NZZ setzte den grossen Titel und den Lead über der ganzen Seite nicht in Anführungszeichen, um sie als Aussagen der Gastautorin zu kennzeichnen, sondern machte sie zu eigenen Aussagen der NZZ. Für viele Leserinnen und Leser, welche bei vielen Artikeln nur die Titel und Leads lesen, war klar, dass die NZZ zum Schluss gekommen ist, dass Assange «ein wenig glaubwürdiges Opfer» sei und die erhobenen Anschuldigungen bezüglich des Verfahrens gegen Assange «einer kritischen Überprüfung nicht standhalten». Die Professorin aus Berlin unterstellte dem UN-Sonderberichterstatter schwere Verletzungen seiner Sorgfalts- und Neutralitätspflichten sowie mangelnde Fachkompetenz bei der Auslegung von Folter.

Bei der Gastautorin der NZZ handelte es sich um Tatjana Hörnle, Direktorin der Abteilung für internationales Strafrecht am Max-Planck-Institut in Freiburg und Professorin an der Humboldt-Universität Berlin. In der NZZ schrieb sie, Assange sei weder in der Botschaft Ecuadors noch während der langen Isolierhaft in einem Londoner Gefängnis «psychologisch gefoltert» worden. Die Isolation in der Botschaft habe Assange «selbst gewählt». Hörnle kritisierte scharf den «lockeren Umgang» mit dem Begriff der Folter, den Melzer verwende. Dessen harte Kritik an der Strafuntersuchung in Schweden als «abgekartetes Spiel» bezeichnete Hörnle als reine Verschwörungstheorie.

In einem Interview mit dem Online-Magazin «Republik» fasste Melzer seine Untersuchungsergebnisse wie folgt zusammen: «Julian Assange hat Folter aufgedeckt, er wurde selber gefoltert und könnte in den USA zu Tode gefoltert werden.» Zuerst wollte sich Melzer mit dem Fall Assange gar nicht befassen. Assange sei als Vergewaltiger dargestellt worden, als ein Hacker, Spion und Narzisst. Dabei verblassten die von ihm enthüllten Missstände und Kriegs­verbrechen im Dunkeln. «So war es auch mir ergangen. Trotz meiner Berufs­erfahrung, die mich zur Vorsicht hätte mahnen sollen.» Aufgefallen sei ihm dann, dass sich ein Mensch neun Jahre lang in einer strafrechtlichen Voruntersuchung zu einer Vergewaltigung befindet, ohne dass es je zur Anklage kommt. «Ich habe noch nie einen vergleichbaren Fall gesehen.»

mehr:
- NZZ beschimpft Assange – und muss eine Replik publizieren (Urs P. Gasche, Info-Sperber, 26.02.2020)
siehe auch:
Entscheidung der Richterin: Assange bleibt von seinen Anwälten getrennt (Thomas Scripps, Laura Tiernan, World Socialist Website, 29.02.2020)
Julian Assange verurteilt Gericht: Keine Beratungen mit seinen Anwälten zugelassen (Thomas Scripps, Laura Tiernan, World Socialist Website, 28.02.2020)
Die Strafverfolgung von Julian Assange, die Zerstörung der Rechtsstaatlichkeit und der Aufstieg des nationalen Sicherheitsstaats (Richard Hoffman, World Socialist Website, 26.02.2020)

Yanis Varoufakis - Eine Botschaft an die deutsche Regierung im Fall Assange {6:41}

acTVism Munich
Am 28.02.2020 veröffentlicht 
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In diesem Interview sprechen wir mit dem ehemaligen griechischen Finanzminister, Politiker und Gründer von DiEM25, Yanis Varoufakis, über seinen Besuch bei Julian Asssange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh vom 23. Februar 2020. Außerdem geht es um die Haltung der deutschen Regierung in diesem Fall und über die Zukunft der Demokratie in Europa.
ENGLISH VERSION: https://youtu.be/DcEdyRwjrggy
Aufgrund begrenzter Kapazitäten kann für dieses Video leider kein Transkript zur Verfügung gestellt werden.
Weitere acTVism-Inhalte zu diesem Thema:
siehe YouTube

EP.847 Pink Floyd Co-Founder Roger Waters: Washington Have Decided They Want Julian Assange Killed! {27:53}

Going Underground on RT
Am 22.02.2020 veröffentlicht 
On this episode of Going Underground, Going Underground's Social Media Producer Farhaan Ahmed speaks to Richard Burgon MP who is standing to be Deputy Leader of the Labour Party. He discusses the importance of Wikileaks Founder Julian Assange's leaks, what his extradition could mean for press freedom in the UK and around the world and why his extradition should be halted. Next, legendary former Pink Floyd frontman Roger Waters speaks to Afshin Rattansi about the persecution of Julian Assange, ahead of Julian's upcoming extradition trial. He discusses why he believes Washington DC is seeking to imprison Julian Assange for 175 years, the importance of his leaks for billions around the world, the Washington-backed regime change attempt in Venezuela and coup in Bolivia and more! Finally, Farhaan Ahmed speaks to BAFTA Award-Winning actor Steve Coogan and BAFTA Award-Winning Director Michael Winterbottom about their new film 'Greed', a comedy highlighting billionaire excess and the gap between the super-rich and the super-poor.

- Ärzte: »Assange könnte sterben« (Post, 25.11.2019)
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