Die vielen Gesichter der Reproduktionszahl R. Ein Rückblick auf das Thema in der vergangenen Woche.
Ja zugegeben, schon etwas spät, aber die letzte Woche hatte es in sich, da lohnt ein Blick zurück. Sie begann am Sonntag, dem 10.5, mit etlichen besorgten Meldungen über den Wiederanstieg der effektiven Reproduktionszahl, hier kurz R-Wert genannt. Im Situationsbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Sonntag-Abend war nämlich dieser Wert mit R = 1,13 (95%-Prädiktionsintervall: 0,94-1,35) beziffert worden. Dass das Unruhe auslösen würde, war klar, hatte doch Kanzlerin Merkel im April in ihrer Regierungserklärung nicht nur den Reproduktionsfaktor R hübsch erklärt (als promovierte Physikerin weiß sie, wovon sie spricht), sondern auch vorgerechnet, dass schon beim einem R-Wert von 1,2 im Juli die Belastungsgrenze der Krankenhäuser überschritten wird.
Kurzfristige Ausschläge
Um hier die Wogen zu glätten, gab es dann am Dienstag eine Sonderpressekonferenz des RKI mit Prof. Schaade, der erklärte, warum der R-Wert recht sensitiv mit kurzfristigen Ausschlägen auf Cluster-Infektionen reagiert, vor allem wenn Infizierten-Mengen so geballt kommen, wie bei den Schlachthof-Mitarbeitern. Allein im baden-württembergischen Birkenfeld kamen in den letzten Tagen 130, im Landkreis Osnabrück 92 und im bayrischen Straubing-Bogen 59 Infizierte hinzu, inzwischen sind es insgesamt gut 1100 infizierte Werksvertragsarbeiter, die die Statistik nun stark beeinflussen.
Um diese Sprunghaftigkeit zu relativieren, führte das RKI daher zusätzlich zu dem bisherigen "sensitiven R-Wert" noch einen "stabilen R-Wert" ein, der sich als gleitender 7-Tages-Mittelwert aus den nicht geglätteten Nowcast-Werten berechnet, und der auch einen Tag weiter als der sensitive Kollege zurückgeschoben wurde, also nun die Werte für Erkrankungstermine bis maximal vier Tage vor "now" abschätzt. Der sensitive R-Wert geht bis zu drei Tage vor "now".
mehr:
- Corona-Reproduktionszahl: sensitiv, stabil, komplex, instantan ... und primitiv (Andreas Stiller, heise online, 19.05.2020)
siehe auch:
- Der Corona-Zahlenschrott (Bernd Hontschik, Info-Sperber, 19.05.2020)
- Hypnosetag 107: «Die Katastrophenszenarien waren offensichtlich falsch» (Bernd Hontschik, Info-Sperber, 16.05.2020)
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