Freitag, 19. Juni 2020

Probleme der Polizei in den USA


Hochausgerüstet und unausgebildet: In 37 Bundesstaaten dürfen Polizisten ohne eine polizeiliche Schulung auf Streife gehen
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Seit den George-Floyd-Protesten gegen Rassismus und Polizeibrutalität und der Tötung von Rayshard Brooks in Atlanta steht die Polizei selbst in der Schusslinie. Rufe nach Reformen werden laut, nach Kürzungen der Polizeigelder ("Defund the Police!") oder einer Hinwendung zu de-eskalierender Polizeiarbeit. Die amerikanische Gesellschaft diskutiert die systemischen und strukturellen Probleme eines Berufs, der popkulturell wie kein anderer so heroisiert wie verteufelt wird wie der des Gesetzeshüters. Doch im Polizeialltag sind viele überfordert angesichts der Gefahren in einem Land, in dem sich mehr Schusswaffen in Privatbesitz befinden, als es Einwohner gibt.

Laut einer Statistik der Washington Post haben seit 2015 Polizeibeamte über 5400 Menschen erschossen. In zwei Drittel aller Fälle wurden Beamte angegriffen. Weit mehr als die Hälfte der Opfer trugen eine Schusswaffe bei sich. Viele waren anderweitig bewaffnet, nur etwa 350 waren "unarmed". In jedem fünften Fall litt die erschossene Person - bewaffnet wie unbewaffnet - zum Zeitpunkt ihres Todes an einer schweren psychischen Erkrankung. Einigen Schätzungen zufolge verbringt die Strafverfolgung 21 Prozent ihrer Zeit damit, auf Vorfälle mit Menschen mit psychischen Erkrankungen zu reagieren oder sie zu transportieren.

"Wir verlangen einfach zu viel von uns", sagte der ehemalige Polizeichef von Dallas, David Brown, in einem Interview im Jahr 2016. "Jedes gesellschaftliche Versagen schieben wir auf, damit die Polizei es lösen kann. Das ist zu viel verlangt. Die Polizei war nie dazu da, all diese Probleme zu lösen", so Brown.

Jährlich sterben etwa 150 Beamte während eines Einsatzes, ein großer Teil durch Schusswaffen. Doch mehr Polizisten nehmen sich selbst das Leben. Im Jahr 2019 starben 228 Offiziere durch Selbstmord. Eine 2013 von den National Institutes of Health veröffentlichte Studie ergab zudem, dass die durchschnittliche Lebenserwartung eines Polizeibeamten 57 Jahre beträgt, fast 22 Jahre niedriger als die der Allgemeinbevölkerung.

mehr:
- Probleme der Polizei in den USA (Bulgan Molor-Erdene, Telepolis, 19.06.2020)
siehe auch:
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