Freitag, 7. März 2008

Erfolg für Kindsmörder Gäfgen

Jurastudent verklagt Land Hessen auf Schmerzensgeld

Von Christian Rath


Karlsruhe. Der verurteilte Entführer und Mörder des Bankierssohnes Jakob von Metzler, Magnus Gäfgen, bekommt Prozesskostenhilfe für seine Schadensersatzklage gegen das Land Hessen. Dies hat gestern das Bundesverfassungsgericht entschieden. Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer freute sich: „Damit hat das Gericht die Seriosität unserer Klage bestätigt.“ Der Jurastudent Gäfgen entführte und erstickte den elfjährigen Jakob 2002. Nach Gäfgens Verhaftung drohte ihm der Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner mit der Zufügung von Schmerzen „wie er sie noch nie verspürt“ habe. Daschner wollte so den vermeintlich noch lebenden Jungen retten. Gäfgen führte die Polizei daraufhin zur Leiche.
Inzwischen verlangt Gäfgen, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, Schmerzensgeld und Schadensersatz vom Land Hessen. Er leide wegen Daschners Vorgehen unter Angstzuständen, die ärztlich behandelt werden müssten. Um den Prozess führen zu können, beantragte Gäfgen Prozesskostenhilfe, da er mittellos sei. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt lehnte den Antrag jedoch ab, weil die Klage nicht Erfolg versprechend sei. Gäfgen habe bereits ausreichend Genugtuung dadurch erhalten, dass Daschner wegen Nötigung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt wurde.
Das Bundesverfassungsgericht ermöglicht Gäfgen nun aber doch, den Prozess um Schadensersatz zu führen, denn die Klage werfe schwierige Rechtsfragen auf. Der Rechtsstaat müsse sicherstellen, dass alle Bürger gleichen Zugang zum Recht finden. Dass Gäfgen gemordet hat, spielte in dem Verfahren keine Rolle.
Es wird nun also vor dem Landgericht Frankfurt zum Prozess „Gäfgen gegen Hessen“ kommen. Gäfgen gehe es dabei weniger ums Geld. Vielmehr wolle er herausfinden, wer Daschners Vorgehen im hessischen Innenministerium gedeckt hat. Daschner hatte im Strafprozess gesagt, er habe sich mit einem Vorgesetzten in Wiesbaden abgestimmt, dessen Namen er aber nicht nennen wollte. „Im Zivilprozess hat Daschner kein Aussageverweigerungsrecht mehr“, erklärt Heuchemer.
aus der HAZ vom 6.3.08


Der Daschner-Prozeß bei Wikipedia
Volker Erb, Nicht Folter sondern Nothilfe (bei der Zeit)
Ein Interview mit Wolfgang Daschner bei Bild
Reinhard Müller, Ich wollte meine Ruhe haben (bei der FAZ)
Ulrich Perwass, Berichten Sie wohl (auf seiner Homepage)
Markus Benecke, Rezension von Adrienne Lochte, Sie werden dich nicht finden. Der Fall Jakob von Metzler (2004)
Markus Benecke, Rezension von Magnus Gäfgen, Allein mit Gott: Der Weg zurück (2005; erschienen im Verlag Atlantic Millenium Press, Bendorf, der dem Verteidiger von Magnus Gäfgen, Michael Heuchemer, gehört)

Pressespiegel auf der Homepage von Michael Heuchemer
Kommentar aus der Kanzlei Hoenig in Berlin (ich verstehe überhaupt nicht, weshalb deren Links nicht mehr funktionieren! auch der nicht!)
Die Seite jurabilis macht sich einige erhellende Gedanken über die Stiftung von Magnus Gäfgen, die auch das anstehende Verfahren erklären könnten.
Jürgen Schreiber, Gegen den Rest der Welt (beim Tagesspiegel)

Carechild.de vermutet blank liegende Nerven. Die Seite behauptet, der Verteidiger von Markus Gäfgen besitze die Nutzungsrechte am Namen seines Mandanten und sei bei der Domainvergabestelle Denic auch als Verantwortlicher für die Domain www.magnus-gaefgen.de eingetragen (absichtlich nicht verlinkt). Carechild-Zitat: „Auch bei Kindermord gibt es also strahlende Gewinner, so skrupellos sie auch sein mögen.“














Es wäre interessant, darüber zu spekulieren, was geschehen wäre, wenn Jakob von Metzler lebend hätte aufgefunden werden können. Auch wäre es überlegenswert, ob die Liga für Menschenrechte auch eine Klage gegen Helmut Schmidt begrüßen würde. Dieser hatte angesichts der Flutkatastrophe 1962 den Einsatz der Bundeswehr bewirkt, was nicht verfassungskonform war (Verbot des Einsatzsatzes der Bundeswehr im Inneren). Ich stelle mir gerade die öffentliche Reaktion im Jahr 1962 vor, wenn Helmut Schmidt angeklagt worden wäre.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen