Es gibt im Film »Last Samurai« mit Tom Cruise die
Szene, in der die Samurai gegen die mit Maschinengewehren ausgestatteten
Truppen des Kaisers anreiten. [Youtube-Link] Diese Szene symbolisiert die
Veränderung einer Gesellschaft – und ihrer Werte – durch technischen
Fortschritt. Einen Aspekt in der untergehenden Welt der Samurai möchte ich hervorheben: den
der Geistesschulung. Nach Deutschlands faschistischer Vergangenheit hat dieses Wort heutzutage keinen guten Klang: es hört sich nach Gehirnwäsche an. Wenn schon: Wer lehnt saubere Fenster ab?
Captain Nathan Algren, gespielt von Tom Cruise, ein in den amerikanischen Indianerkriegen völlig frustrierter, desillusionierter, desorientierter, depressiver und lebensmüder Offizier, findet als Gefangener in dem Dorf der Samurai etwas, was ihm wieder so etwas wie Sinn in seinem Leben verspricht: die Integrität dieser Menschen. In dem kompromisslosen Eintreten für ihre Überzeugungen, ihrer Verlässlichkeit und Geradlinigkeit fühlt er eine kulturübergreifende Geistesverwandtschaft, die seine Verlorenheit, seine Schuldgefühle und seine Einsamkeit beendet.
In der erwähnten Filmszene begegnen sich zwei Gesellschafts-Qualitäten, wobei die der Geistesschulung gegen die des technologischen Fortschritts keine Chance hat. Das Kurbeln am Maschinengewehr macht eine Geistesschulung überflüssig.
Captain Nathan Algren, gespielt von Tom Cruise, ein in den amerikanischen Indianerkriegen völlig frustrierter, desillusionierter, desorientierter, depressiver und lebensmüder Offizier, findet als Gefangener in dem Dorf der Samurai etwas, was ihm wieder so etwas wie Sinn in seinem Leben verspricht: die Integrität dieser Menschen. In dem kompromisslosen Eintreten für ihre Überzeugungen, ihrer Verlässlichkeit und Geradlinigkeit fühlt er eine kulturübergreifende Geistesverwandtschaft, die seine Verlorenheit, seine Schuldgefühle und seine Einsamkeit beendet.
In der erwähnten Filmszene begegnen sich zwei Gesellschafts-Qualitäten, wobei die der Geistesschulung gegen die des technologischen Fortschritts keine Chance hat. Das Kurbeln am Maschinengewehr macht eine Geistesschulung überflüssig.
In dem von vorneherein zum Scheitern verurteilten
Anrennen gegen eine technologisch überlegene Armee bildet sich die gleiche
ergreifende Bereitschaft ab, für seine Überzeugungen mit seinem Leben
einzutreten, die wir bei Martin Luther finden.
Am 17. April 1521 stand Luther vor dem Reichstag zu
Worms,
wurde vor den versammelten Fürsten und Reichsständen verhört und letztmals zum
Widerruf aufgefordert. Nach einem Tag Bedenkzeit und im Wissen, dass dies
seinen Tod bedeuten könne, lehnte er mit folgender Begründung ab [Wikipedia]:
Belegt sind folgende Worte:
"Wenn ich nicht durch
Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem
Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter
geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der
heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und
gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil
wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir,
Amen!" [Luther.de]
Ulrich Wickert drückte es
in seiner Würdigung Peter Scholl-Latours ein wenig weniger großartig aus:
»Er war ein Mann. Er war ein Mann des Geistes, ein Mann, der ganz klar für das stand, was er sagte. Kritik war ihm immer gleichgültig.«
Ich möchte einen weiteren
Film erwähnen: »Matrix«.
Ich sehe in dem Film folgende philosophische Aussage: Wir Menschen leben in
einem System, welches uns – ähnlich wie Batterien – zur Energieversorgung
verwendet. Die vom Matrix-System erzeugte
Computersimulation für Realität haltend reagieren wir mit Emotionen – und
virtuellen Handlungen –, die Matrix mit Energie versorgen.
Als ich in der Pubertät
war, gab es kein Internet. Es gab einen Brockhaus. Es gab Journalisten wie Peter Scholl-Latour
oder Tiziano Terzani.
Es gab Zeitungsherausgeber wie Rudolf Augstein, die
gewillt waren, für Ihre Ansichten ins Gefängnis
zu gehen. Es gab Tabu-Brüche, die begeisterten: wie zum Beispiel der von Fritz Teufel, der, beim
Hereinkommen des Richters aufgefordert, aufzustehen, zum Besten gab: »Wenn's der
Wahrheitsfindung dient…«
Mit dem Bestreben der SPD,
die Anzahl der Abiturienten zu erhöhen, begann die Verlotterung unserer
Gesellschaft (ich habe mir lange überlegt, ob ich dieses Wort verwenden soll):
als ob sich die Gesamtintelligenz einer Gesellschaft durch die Erhöhung der
Studentenzahl herauffahren ließe. Diskussionsfähigkeit wurde höher bewertet als
Handschrift, Rechtschreibung oder Kopfrechnen. Als ob eine Tapete wichtiger
wäre als das Fundament…
US-Amerika machte zu dieser Zeit einige unangenehme Erfahrungen: kritische
Journalisten konnten die Handlungsfähigkeit der Regierung einschränken, Whistleblower – das Wort
gab es damals noch nicht – konnten Präsidenten zu Fall bringen (Pentagon Papers, Watergate). Die
Machthaber reagierten: transatlantische
Think Tanks entstanden,
im Irak-Krieg waren die Journalisten, die sich im Vietnamkrieg noch frei bewegen konnten,
»embedded«.
Während Regimekritiker in der Sowjetunion ins Gefängnis wanderten, nach
Sibirien abgeschoben, ausgewiesen
oder einfach ermordet wurden, wurden westliche Journalisten zu
Diskussionsrunden, Fortbildungsveranstaltungen oder Lesungen eingeladen und
bekamen Hotels und das Essen bezahlt: wesentlich eleganter! Es ist
attraktiv, dazu zu gehören!
Mit den Grenzen des
Wachstums, zunehmender Staatsverschuldung und aufstrebenden
Schwellenländern konfrontiert, begann das kapitalistische System [sprich: die energiehungrige
Matrix] seine Grenzen zu spüren. Die auf den Markt drängenden Privatsender
erhöhten ihre Zuschauerzahlen durch das Angebot vorverdauter oder
verdauungsunabhängiger zerebraler Astronautenkost. In der Ära Kohl wurde die
Anpassung der Sozialsysteme verschlafen, Schröder flickte diese notdürftig, mit den
ersten Grünen an der Regierung schlitterte die Bundesrepublik Deutschland in ihren
ersten und wenig später in ihren zweiten Krieg. Letzerer durfte aufgrund der Political
Correctness – dieses Wort gab es in meiner Pubertät auch noch nicht – aber
nicht so genannt werden. Die Beliebtheit des pomadisierten
Adeligen, der die Dinge beim Namen nannte, stieg in ungeahnte Höhen, bis
ihn sein erschlichener
Doktortitel zu Fall brachte. Angela Merkel erfand die Alternativlosigkeit,
schaffte es, politische Entscheidungsfindungsprozesse aus dem Rampenlicht zu
entfernen und machte sich die Parfümisierung unserer Sprache zu Nutze: die Wehrpflicht
wurde nicht abgeschafft – was eine Grundgesetzänderung erfordert hätte – sie
wurde »ausgesetzt«. So entstand die doppelte Realität, die wir aus den Zeiten
von staatlich verordneten Fünfjahresplänen und Jubel-Aufmärschen im
gegnerischen Polit-System kennengelernt haben. Ein weiteres Beispiel für die institutionalisierte doppelte Realität ist die
elektronische Gesundheitskarte, deren Auflagen für die vorgeschriebene
Sicherheitsarchitektur die Krankenkassen nicht nachkamen, ihnen
dies aber vom Bundesministerium für Gesundheit bescheinigt wurde. (Elektronische
Gesundheitskarte rechtswidrig, 13.03.2014)
Politische
Richtungsentscheidungen, so haben unsere Politiker inzwischen gelernt, sind der
Karriere unzuträglich und werden durch Karussells ersetzt: aus dem Ausstieg aus
dem Ausstieg aus dem Ausstieg
aus der Atomkraft wird so oft ausgestiegen, bis jede weitere Entscheidung
als Kontinuität verkauft werden kann. Egal, ob es sich um die politische oder
die journalistische Welt handelt: Verkaufszahlen sind inzwischen wichtiger
geworden als Überzeugungen. Aufgeregtheiten lassen sich besser verkaufen als
Klarheit, Pornos haben halt einen größeren Absatzmarkt als der Brockhaus, den
es inzwischen noch nicht einmal mehr digital gibt. Das scheinbar demokratische Wikipedia
– mit jeder Menge Mobbing hinter den Kulissen – hat dieser alt-ehrwürdigen
Institution den Rang abgelaufen.
Der demokratische
Absolutismus ist auf dem Vormarsch: Alles
für das Volk, aber nichts durch das Volk. Bis hierher – so habe ich mir
selber oft gesagt – lässt sich mein Klagen als Zeichen eines nicht akzeptierten
Alterungsprozesses abtun.
Die Ukraine-Krise
hat aber eine Besonderheit zu Tage gebracht: die Beliebigkeit und erschreckend kurze Halbwertszeit der im
Gleichschritt unserer Leitmedien vorgebrachten aufgeregten propagandistisch
gefärbten Meldungen. Das Geplärre emotional instabiler ukrainischer Politiker wird unreflektiert und ungefiltert von NATO-Offiziellen, transatlantischen
Politikern und unseren Leitmedien übernommen. Vorverurteilungen sind an der Tagesordnung.
Ich habe den Übelkeit
erregenden Verdacht, dass die Anzahl derjenigen Menschen in der
politisch-journalistischen Öffentlichkeit rapide abnimmt, denen an ihrer
Glaubwürdigkeit und ihrem Ruf gelegen ist. Man erinnere sich: Ben Bradlee verantwortete als
Chefredakteur der Washingtons
Post die Recherchen der beiden jungen Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein, die den Watergate-Skandal
aufdeckten sowie deren Veröffentlichung. Man erinnere sich: Daniel Ellsberg,
bedroht von 115 Jahren Haft, brachte die Pentagon-Papiere in
die Medien, der damalige Herausgeber der New York Times, A. M. Rosenthal,
riskierte deren Veröffentlichung, der
oberste Gerichtshof der USA fällte ein Grundsatzurteil und ließ dies zu.
Das nenne ich Gewaltenteilung! Angeregt durch diese Vorfälle brachte das Church-Komitee viele
illegale und und unethische Aktivitäten
der UA-amerikanischen Geheimdienste ans Licht. Das nenne ich Demokratie!
In der Laudatio
von Ulrich Wickert zum 85. Geburtstag von Peter Scholl-Latour in der
Bild-Zeitung ist zu lesen:
Peter Scholl-Latour steht seinen Mann. Und das macht einen großen Teil seiner Stärke aus. Denn heute stehen nur noch wenige Männer „ihren Mann“. Weder im Journalismus noch in der Politik. Kurz, selten in der Gesellschaft finden wir solch ausgeprägte Identitäten, nach denen wir uns richten können.
Wo finden wir Männer, nach
denen wir uns richten können? Wo finden wir noch nicht berentete Politiker, die kurz nach
Lancieren einer Aufgeregtheits-Meldung und den damit verbundenen Schuldzuweisungen »STOP!« sagen? Wann wird bei
Waffenlieferungen über einen Zeitraum nachgedacht, der über fünf Jahre
hinausgeht? Welcher Herausgeber oder Chefredakteur lebt seine Angst (und Scham),
seine Berichte könnten ihm nach zwei Wochen um die Ohren gehauen werden? Wo ist
der Programm-Verantwortliche, der hinter seinen Journalisten steht, statt sie
zu zwingen, mit anderen ins gleiche Horn zu blasen? Wo ist der Politiker (siehe
die Reden
von Wladimir Putin 2001 vor dem Deutschen Bundestag und 2007 vor der Münchner
Sicherheitskonferenz), der seinem Gegner zuzuhören und ihn zu verstehen
gewillt ist? Wo sind die Menschen, die in der Öffentlichkeit wirken, den es
wichtiger ist, morgens beim Rasieren in den Spiegel sehen zu können als die
eigene Karriere zu pushen? Wo sind Ethik und persönliche Integrität wichtiger
als kurzfristiger Vorteil und materieller (oder Macht-) Gewinn?
Welcher Politiker ist dazu
in der Lage Scham oder Peinlichkeit zu empfinden und sein Handeln danach
auszurichten? Wer weigert sich, mit den Wölfen zu heulen?
Ulrich Wickert über Scholl-Latour:
Ulrich Wickert über Scholl-Latour:
Er ist er, weil er unabhängig ist. Und stets war. Er lässt sich niemandem zurechnen und hängt von niemandem ab. Er steht nicht für die ARD oder das ZDF. Wenn überhaupt, dann für die Kultur der Öffentlich-Rechtlichen. Und seine Statur wächst aus seinem Werk, statt aus einem Netzwerk, wie es heute leider gang und gäbe ist. Wo Redakteure – selbst gegensätzlicher Printprodukte – sich auf gemeinsame Linien absprechen und sich gegenseitig Gefallen tun, statt einen fruchtbaren oder auch, was gar nicht falsch wäre, einen furchtbaren Meinungsstreit zu führen.
Das Handeln unserer
Politiker und unserer Leitmedien im Ukraine-Konflikt ist peinlich und erscheint
weitestgehend frei von kritischer Selbstbetrachtung! Und anscheinend kümmert es niemanden, wie kurzlebig die vorgebrachten Lügen und Anschuldigungen sind. Was geht in den Köpfen von Menschen vor, die öffentlich lügen, wissend, daß ihre Behauptungen innerhalb weniger Wochen entlarvt werden?
Ich kann nur hoffen, dass
dies Konsequenzen haben wird! Denn das Verlottern von ethischen Handlungsmaßstäben
bei Menschen, die einen Staat regieren oder die Öffentlichkeit informieren hat sehr unangenehme
Konsequenzen sowohl für als auch bei den Menschen, die in diesem Staat leben. Die Vermutung mag vermessen klingen: Könnte es sein, daß es genau um diesen Werteverlust geht, der den IS antreibt? Könnte es sein, daß der IS gegen das Vordringen einer Geisteswelt ankämpft, die materiellen Überfluß anbietet, dafür aber die gesamte Welt ausbeutet und außer Gier keinerlei geistige Richtschnur im Gepäck hat?
In einer Gesellschaft, in der der Preis für persönliche Lauterkeit inakzeptabel hoch wird, wo
vorausschauendes Denken und Handeln hinter kurzfristigem Vorteil zurücktreten,
wo vorgegebene Handlungslinien immer kürzere Halbwertszeit haben, wo Tugenden
zu Luxus degenerieren, wo immer mehr Menschen wie Vieh behandelt werden, da steht Chaos vor der Tür. Wehe uns, wenn wir Tugenden
propagieren, sie aber selbst mit Füßen treten! Eine neue Kultur der Integrität
ist angesagt!
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