Mittwoch, 10. September 2014

Wo bleibt das Hirn?

Das europäische Human Brain Project steht vor der Spaltung
Das Human Brain Project (HBP) der EU ist mit dem Ziel initiiert worden, das vorhandene Wissen über das Hirn zu sammeln und in einem zweiten Schritt das menschliche Denkorgan nachzubauen. Dafür sollen über eine Milliarden Euro fließen. Sowohl am Anspruch wie an der Summe wird seit bekannt werden des Projekts Anstoß genommen. Zu utopisch, zu teuer.
Aus der Skepsis ist nun offene Ablehnung geworden. Eine anwachsende Gruppe von derzeit 800 Wissenschaftlern hat einen Brief an die EU unterzeichnet, in dem eine gründliche Überprüfung der Zielrichtung des HBP gefordert wird. Stein des Anstoßes ist die Arbeit des Exekutivkomitees und dessen Leiter Henry Markram. Dieses hatte jüngst beschlossen, den Forschungsbereich der kognitiven Neurowissenschaften aus dem Kern des HBP zu streichen. Welche Bereiche des Gehirn welche Funktionen übernehmen wird also nur noch am Rande erforscht. Für die Funktionalisten ein Skandal, für die Strukturalisten die logische Konsequenz aus dem IT-getriebenen Ansatz. Markram kommt nicht umsonst aus dem "Blue Brain"-Projekt, das er 2005 mit Hilfe von IBM gegründet hatte. Aus seiner Sicht geht es im HBP eben nicht um Neurowissenschaft, sondern um Computational Neuroscience
mehr:
- Wo bleibt das Hirn? (Telepolis, 10.09.2014)

In einer Zeit, in der Machen wichtiger wird als Verstehen, dürfte folgende Meldung nicht überraschen:
- Transhumanismus – Der Mensch als Maschine (Cicero, 05.09.2014)
Dave Eggers warnt in seinem Roman „The Circle“ vor der Machtübernahme der Netzgiganten. Google versucht derweil künstliche Intelligenz zu erschaffen

Dr. Caster hat eine Vision: „Stellen Sie sich eine Maschine mit der kompletten Bandbreite menschlicher Emotionen vor. Ihre analytische Kraft wäre größer als die gebündelte Intelligenz aller Menschen seit Anbeginn der Zeit. Einige Wissenschaftler nennen sie die Singularität.“ Dr. Caster gibt es nicht. Er wird dargestellt von Johnny Depp und ist ein Held der Wissenschaft im Hollywood-Spektakel „Transcendence“.

Die Vorlage aber für die Filmrolle könnte Raymond Kurzweil sein. Der „Director of Engineering“ bei Google ist einerseits ein herausragender Kopf in der Erforschung künstlicher Intelligenz, andererseits aber Prophet eines grimmigen Transhumanismus. 2029 ist die Zahl, mit der er gerade Aufsehen erregt. Computer, prognostiziert Kurzweil, werden in 15 Jahren alles können, was Menschen vermögen – nur besser.

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