Russland stellt die Stacheln auf, nachdem das ukrainische Parlament mit überwältigender Mehrheit beschlossen hatte, die Blockfreiheit des Landes aufzuheben. Das ist ein erster Schritt hin auf eine Nato-Mitgliedschaft. Kurzfristig ist dies wenig wahrscheinlich, auch wenn die USA dies schon vor Jahren befürwortet hatten, aber es ist zunächst eine Geste gegenüber Russland.
Zunächst hatte man in Moskau zwar indigniert, aber zurückhaltend reagiert. Gestern aber hat der russische Vizeaußenministers Anatoli Antonow schon einmal den Ton angezogen. Das Ende der Blockfreiheit bedrohe die Sicherheit Russlands nicht, wohl aber ein Nato-Beitritt. Darauf würde man dem angemessen reagieren, sagte er: "Dann würde es einen vollen Bruch zwischen uns und der Nato geben, der kaum wieder gut zu machen wäre." Antonow erklärte, dass die Nato unter dem "Slogan einer russischen Bedrohung" ihr militärisches Potenzial in den baltischen Ländern, in Polen, Bulgarien und Rumänien verstärkt.
mehr:
- Moskau: Nato-Beitritt der Ukraine ist eine Bedrohung der russischen Sicherheit (Florian Rötzer, Telepolis, 25.12.2014)
aus Putins Rede vom 25.09.2001 vor dem Deutschen Bundestag (Wortprotokoll auf der Seite des Deutschen Bundestages):
»Trotz allem Positiven, das in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, haben wir es bisher nicht geschafft, einen effektiven Mechanismus der Zusammenarbeit auszuarbeiten. Die bisher ausgebauten Koordinationsorgane geben Russland keine realen Möglichkeiten, bei der Vorbereitung der Beschlussfassung mitzuwirken. Heutzutage werden Entscheidungen manchmal überhaupt ohne uns getroffen. Wir werden dann nachdrücklich gebeten, sie zu bestätigen. Dann spricht man wieder von der Loyalität gegenüber der NATO. Es wird sogar gesagt, ohne Russland sei es unmöglich, diese Entscheidungen zu verwirklichen. - Wir sollten uns fragen, ob das normal ist, ob das eine echte Partnerschaft ist.«
Anfang 2007 sprach Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz:
In seiner Rede (Link siehe unten) beklagt er sich über die Zunahme von internationaler Gewalt in Verbindung mit der Nicht-Beachtung des Völkerrechts.
Zitat:
»Ich habe [den italienischen Verteidigungsminister] so verstanden, dass die Anwendung von Gewalt nur dann als legitim gilt, wenn sie auf der Grundlage einer Entscheidung der NATO, der EU oder der UNO basiert. Wenn er das tatsächlich meint, dann haben wir verschiedene Standpunkte. Oder ich habe mich verhört. Legitim ist eine Anwendung von Gewalt nur dann zu nennen, wenn ihr ein UNO-Beschluss zu Grunde liegt. Und man darf die UNO nicht durch die NATO oder die EU ersetzen.«Sicherheitskonferenz in München: Putin schockt die Europäer (SPIEGEL vom 10.02.2007)
Zitat Aus dem SPIEGEL-Artikel:
Die Nato-Osterweiterung kritisierte Russlands Präsident massiv, weil deren militärische Infrastruktur "bis an unsere Grenzen" heranreiche. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer reagierte sichtlich verärgert: Was Putin gesagt habe passe nicht zur viel beschworenen "Partnerschaft zwischen Russland und der Nato". […] Wie könne man sich denn sorgen, "wenn Demokratie und Rechtsstaat näher an die Grenzen rücken", fragte er mit Blick auf Putins Äußerung gegen die Nato-Osterweiterung.siehe dazu:
- Der Ukraine-Konflikt 3 – Westliche Naivität oder westliche Machtpolitik? (Post, 25.03.2014)
Putin hat die Deutschen, die EU und die NATO seit 2001 immer wieder gewarnt. Zumeist wurde er ignoriert, bestenfalls hat er Empörung geerntet. In einer Paartherapie würde ich jetzt den anderen Partner fragen: »Wie glauben Sie, daß es Ihrem Partner damit geht?«
Nach einem Dreivierteljahr Beschäftigung mit dem Ukraine-Krieg (für mich ist es ein Krieg) sehe ich nur zwei Möglichkeiten, die Handlungsweise des Westens zu verstehen: Entweder unsere Politiker und Medien sind vor lauter Selbstgerechtigkeit besoffen oder die USA verfolgen die Brzeziński-Strategie, die dieser in seinem Buch (Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft, Wikipedia) aus dem Jahr 1997 dargelegt hat.
siehe dazu:
- US-Geostrategie und deutsche Souveränität: Ein heißes Eisen (Post, 23.12.2014)
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