Sonntag, 14. Juni 2015

Facebook first

Die Koppelung von Massenmedien und Daten
Am 15. Mai 2015 stellte das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) seine nun schon 20-jährige Nachrichtensendung "heute nacht" ein und ersetzte sie durch "heute+". Die neue Newssendung soll sich vor allem an jüngere Generationen richten. Und deshalb wurden für das neue Konzept nicht nur das traditionelle Nachrichtenformat und der lineare Sendungsablauf aufgegeben. Fortan - so erklärte der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen - würden die Inhalte zuerst über die sozialen Medien "verteilt": "Die Fernsehausstrahlung ist das Nachrangige".
"Facebook first" nannte der Mediendienst "turi2" die verjüngte Nachrichtenstrategie des ZDF. Und in der Tat: Die neue Newssendung könnte den Beginn einer neuen Medienepoche markieren: Die traditionellen Massenmedien Presse, Radio und Fernsehen betreten (still und) systematisch die "Walled Gardens" der internationalen (Kommunikations-)Konzerne Facebook, Google, YouTube, Twitter, Instagram, WhatsApp, Snapchat. Ob öffentlich-rechtlich oder privat verfasst, scheint dabei gegenwärtig gleichgültig zu sein.

Presse und Öffentliche Meinung
1922 publizierte Ferdinand Tönnies seine 600-seitige "Kritik der öffentlichen Meinung" - und wagte eine verblüffende Diagnose: In den modernen Gesellschaften, so Tönnies, würden die gesellschaftlichen Funktionen von Religion durch die Öffentliche Meinung übernommen. Sie sei die moderne, "nach innen verbindende Kraft" geworden, unsichtbar und doch machtvoll.

"Das bedeutendste 'Ausdrucksmittel' der öffentlichen Meinung" - so der Kieler Soziologe - sei "ohne Zweifel" die Presse, insbesondere die "Tagespresse". Im 17. Jahrhundert wurde sie erfunden, im 19. Jahrhundert eine "allgemein anerkannte, tief wirkende Macht". Doch erst im 20. Jahrhundert habe man ihre "furchtbare Stärke" wirklich zu erkennen begonnen.

mehr:
- Facebook first (Hans-Jürgen Krug, Telepolis, 14.06.2015)

Zentrales Thema des Werks ist die Unterscheidung von „öffentlicher Meinung“ und der „öffentlichen Meinung“. Ersteres beschreibt Tönnis als Kulmination von Meinungen der Personen einer Gesellschaft. Diese können durchaus widersprüchlich sein. Die „öffentliche Meinung“ definiert er dagegen als einheitliche Richtung.Tönnies unterscheidet die öffentliche Meinung weiter nach dem Grad der Stabilität und Einheitlichkeit. Es gebe auch flüchtige tagesaktuelle öffentliche Meinungen, die allgemein für die öffentliche Meinung gehalten würden. Dazu grenzt er die wissenschaftlich geprägte, stabile Öffentliche Meinung ab. [Kritik der öffentlichen Meinung, Wikipedia]

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