Unter dem Eindruck der Pariser Terroranschläge vom 13. November vorigen Jahres wiederholte der einflussreiche französische Politikwissenschaftler Olivier Roy seine schon mehrfach formulierte These, dass der von radikalisierten Salafisten ausgehende Terror in Europas Städten nur sehr wenig mit Religion und Islam zu tun habe. Man müsse solche Attentate als eine neue Jugendrevolte gegen die herrschende Kultur deuten, als pathetisch inszenierten Bruch mit den Konventionen jener Welt, in der die jungen Täter aufgewachsen seien. Die in den Medien weitverbreitete Rede vom „politischen Islamismus“ sei irreführend. Man müsse stattdessen von „islamisierter Radikalität“ reden.
In Büchern wie „Der falsche Krieg. Islamisten, Terroristen und die Irrtümer des Westens“ (2008) oder „Heilige Einfalt. Über die politischen Gefahren entwurzelter Religionen“ (2010) entwirft Roy Psychogramme der Täter, die das herrschende Bild vom fanatischen Superfrommen, der aus primär religiösen Motiven gewalttätig wird, in Frage stellen. Die meisten Täter seien Angehörige der zweiten Generation von Einwanderern oder aber Konvertiten aus europäischen Familien der Mittel- oder Unterschichten. Oft hätten sie eine Karriere als Drogenhändler und Kleinkriminelle hinter sich. Weder seien sie in Kindheit und Jugend besonders fromm gewesen, noch hätten sie Kontakte zu irgendeiner Moschee gehabt
Islamforscher sieht Frustration als Antrieb des Terrors
Roy bestreitet nicht, dass für die Selbstdeutung der Täter die religiöse Symbolsprache eine wichtige Rolle spielt. Aber die religiöse Sprache diene diesen zumeist gescheiterten, aus der Bahn geworfenen, von Frustration über ihr Lebensunglück und Hass auf die Gesellschaft geprägten jungen Menschen nur dazu, endlich ihrem Leben einen Sinn geben zu können. mehr:
- Ursachen des Terrors – Töten im Namen Gottes (Friedrich Wilhelm Graf, FAZ, 29.03.2016)
siehe auch:
- Junge Männer: Söhne ohne Perspektive (Post, 02.11.2006)
Veröffentlicht am 01.10.2014
http://www.tele-akademie.de - Der politisch-religiöse Radikalismus der Gegenwart verdeutlicht die Sprengkraft, die Religion in sich birgt und macht deutlich, dass die saubere Trennung von Politik und Religion eine Illusion ist.
Olivier Roy in der Kulturzeit [7:28]
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«En direct de Mediapart», le grand entretien: Olivier Roy sur l'islam et le djihadisme [50:04]
Veröffentlicht am 13.11.2014
Joseph Confavreux a reçu jeudi 6 novembre Olivier Roy, directeur de recherche au CNRS, professeur à l'Institut universitaire européen de Florence et spécialiste de l'Islam.
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