Montag, 2. Mai 2016

Demokatie: Greenpeace leakt die TTIP-Erpressung am »QualitätsSPIEGEL« vorbei

Greenpeace will Teile des Verhandlungstextes des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP ins Internet stellen. Zeitgleich wird die Umweltorganisation auf der re:publica eine Analyse der Dokumente präsentieren.

Greenpeace Niederlande wird am heutigen Montag umfangreiche Auszüge des bislang weitgehend geheimen Verhandlungstextes des transatlantischen Handelsabkommen TTIP veröffentlichen. Das kündigte die Organisation am Sonntag an. Aus Abschriften geheimer Verhandlungsdokumente, die der Süddeutschen Zeitung, WDR und NDR vorliegen, gehe hervor, so die SZ, dass die US-Regierung Europa bei den Verhandlungen deutlich stärker und weitreichender unter Druck setze als bisher bekannt.

Greenpeace hatte den Medien insgesamt knapp 250 Seiten zur Verfügung gestellt. Diese entsprächen etwa der Hälfte des gesamten Verhandlungstextes und zeigten die Version des Textes "vor der vergangene Woche abgeschlossenen 13. Verhandlungsrunde". Die Analyse der Dokumente werde Greenpeace um 11 Uhr auf einer Pressekonferenz im Rahmen der re:publica in Berlin präsentieren. Zeitgleich wird Greenpeace Niederlande die TTIP-Dokumente vollständig im Internet veröffentlichen.

Risikoprinzip

Greenpeace kritisiert, dass Europa durch das Handelsabkommen deutlich schwächere Umweltstandards drohen. Das bislang in Europa geltende Vorsorgeprinzip, das Produkte nur erlaubt, wenn sie für Mensch und Umwelt nachweislich unschädlich sind, drohe durch das in den USA angewandte Risikoprinzip ersetzt zu werden. Dadurch dürften in Europa auch hoch umstrittene und bislang in vielen Ländern nicht zugelassene genmanipulierte Pflanzen und Lebensmittel so lange angebaut und konsumiert werden, bis ihre Schädlichkeit nachgewiesen sei.

"Was bislang aus diesen Geheimverhandlungen an die Öffentlichkeit drang, klang wie ein Albtraum. Jetzt wissen wir, daraus könnte sehr bald Realität werden", sagt Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. Mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen bestätigten den Medien, dass es sich bei den vorliegenden Dokumenten um aktuelle Papiere handelt. Greenpeace ist nach eigenen Angaben im Besitz der Originale.

mehr:
- re:publica 2016: Greenpeace will Teile von TTIP-Papieren veröffentlichen (Kristina Beer, heise Online, 02.05.2016, Hervorhebung von mir)

siehe auch:

- TTIP ohne ZerrSPIEGEL (Marcus Kompa, Telepolis, 02.05.2016)
- Geheime TTIP-Papiere enthüllt (Alexander Hagelüken, Alexander Mühlauer, Süddeutsche Zeitung, 01.05.2016)
Die Papiere gewähren tiefen Einblick in die amerikanische Verhandlungstaktik. So verweigert Washington gezielt Exporterleichterungen für die europäische Autoindustrie, offenbar, weil diese Branche für die EU von zentraler Bedeutung ist. In einem der vertraulichen Dokumente ist festgehalten, die US-Regierung "beeilte sich klarzumachen, dass Fortschritt bei Autoteilen nur möglich wäre, wenn die EU sich bei Zöllen auf Agrarprodukte bewegt".

Den USA geht es aber nicht nur generell um mehr Agrarexporte. Sie zielen auch auf die gentechnisch veränderten Lebensmittel, die in Europa weitgehend verboten sind. Bisher hatte es häufig - sowohl vonseiten der USA als auch aus Kreisen der EU - geheißen, Washington respektiere hier die Bedenken der Europäer. Europas Bürger müssten sich keine Sorgen machen. Die geheimen Papiere zeichnen ein anderes Bild. "Es ist sehr interessant zu sehen, was die USA fordern", sagt Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, zu den Dokumenten. "Es bestätigen sich in den Texten bisher so ziemlich alle unsere Befürchtungen bezogen auf das, was die US-Amerikaner bei TTIP in Bezug auf den Lebensmittelmarkt erreichen wollen."

mein Kommentar:
Davon wird sich der SPIEGEL so schnell nicht erholen. Ich habe mir die Finger wegen der tendenziösen Berichterstattung in der Ukraine-Krise wundgeschrieben (siehe: Unsere Qualitätsmedien: Das sind keine Irrtümer; das sind Lügen, Propaganda und Zensur!, Post, 09.12.2014), aber sie haben immer weitergemacht. Es wird Zeit für eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Funktion und die Macht unserer Medien!

siehe auch:

TTIP: Toxisch für Bürger (Jana Frielinghaus, junge Welt, 03.05.2016)
- Netzgemeinde trifft sich zur re:publica in Berlin (ZON, 02.05.2016)
- Diesel gegen Chlor (Sebastian Puschner, der Freitag, 02.05.2016)
- Für eine neue vierte Gewalt (Claus Leggewie, der Freitag, 27.04.2016)

Wie TTIP unseren Alltag verändern wird | odysso [44:10]

Veröffentlicht am 02.10.2015
Es bringt uns mehr Wohlstand, sagen die einen, es kostet uns die Demokratie, sagen die anderen. Selten war ein internationaler Vertrag so umstritten wie das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA. odysso beleuchtet, was sich durch das Abkommen für uns ändern könnte.

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Dirk Müller im Tagesausblick vom 2.5.2016 - TTIP-Rohvertrag: Viel schlimmer als erwartet! [5:25]

Veröffentlicht am 02.05.2016
Weitere Themen:
- Deutsche Bank: Das Chaos nimmt kein Ende
- Gold und Goldminen weiter deutlich auf dem Weg nach oben
- Volkswagen: Diskussion um Manager-Boni
- Gemischte Wirtschaftsdaten

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Prof. Max Otte: "TTIP ist die völlige Entmachtung der Politik!" [8:58]

Veröffentlicht am 10.04.2016
Max Otte ist Ökonom mit dem Schwerpunkt Finanzmarktordnung und lehrt in Worms und Graz. Er hat verschiedene Freihandelsabkommen untersucht, darunter das NAFTA-Abkommen zwischen Nordamerika und Mexiko. Bekannt wurde er durch sein Buch "Der Crash kommt", in dem er bereits 2006 die große Finanzkrise vorhersagte. Er hat die deutsche und die US-Staatsbürgerschaft.

TTIP - Freier Handel für wen? (@Makro/3sat) [28:37]

Veröffentlicht am 09.04.2016

Vivienne Westwood: "TTIP ist eine Machtübernahme der Firmen in einer Tiefe und Art, die es so noch nie gegeben hat!"

Ökonom Prof. Max Otte: "TTIP der letzte Sargnagel der sozialen Marktwirtschaft, eine Entmachtung der Politik, ein ungezügelter Raubtierkapitalismus!"

Die globale Initiative der Welthandelsorganisation WTO für den weltweit freien Austausch von Produkten, Arbeit und Kapital gilt als gescheitert. Nationalstaaten errichten Zollbarrieren, begrenzen Einfuhren und subventionieren die heimische Wirtschaft.

Eine Art B-Lösung sind einzelne Abkommen zwischen Staaten oder Wirtschaftsmächten, so wie TTIP. Mehr Wohlstand für alle oder nur mehr Gewinn für Großkonzerne?

©TheMaerskGroup, Quelle: 3sat
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