Mittwoch, 15. Mai 2019

Die USA manipulieren internationale Institutionen nach ihrem Gusto

Dieser Tage erschien ein Artikel bei Telepolis über einen angeblich unterdrückten OPCW-Bericht.
Erst heißt es, bei solchen Vermutungen zurückhaltend zu sein, jedenfalls zurückhaltender als Marc Drewello.😜
[siehe: Der Blaue Bote im Gerichtsverfahren gegen den Stern (Post, 26.10.2017)]
Aber:
Am Beispiel der OPCW und seines ersten hoch angesehenen Direktors Jose Bustani läßt sch beweisen, daß die USA NICHTS akzeptieren, was ihren Interessen entgegensteht.
Vor 15 Jahren dokumentierte „Der Freitag“ eine bemerkenswerte Rede von Jose Bustani. Der damals weltweit geachtete Chef der Chemiewaffenkontrollbehörde OPCW wurde entlassen und bezichtigte die US-Regierung unter George W. Bush einer Verschwörung gegen internationale Prinzipien. Im Vorspann zu dieser Rede schrieb „Der Freitag“: Die US-Regierung dreht durch. Jüngstes Opfer: Jose Bustani, brasilianischer Diplomat und seit fünf Jahren Generaldirektor der Internationalen Chemiewaffenkontrollbehörde (OPCW – Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons). Während seiner Amtszeit wurden zwei Millionen Chemiewaffen zerstört und zwei Drittel aller Produktionsanlagen inspiziert. “Er hat mehr für den Weltfrieden getan als irgendjemand sonst”, schreibt der Londoner Guardian. Seit Beginn dieses Jahres passt Bustani nicht mehr ins US-Konzept, weil er an der Gleichbehandlung aller Mitgliedsländer der OPCW, inklusive der Vereinigten Staaten, festhält – vor allem jedoch, weil er sich für die Mitgliedschaft des Irak in der OPCW einsetzt. Damit aber wäre dem geplanten Krieg der Boden entzogen, und deshalb startete die US-Regierung eine beispiellose Kampagne gegen den Chef einer internationalen Behörde. Druck und Erpressung brachten schließlich am Montag dieser Woche den gewünschten Erfolg: Bustani wurde entlassen. Doch zuvor verteidigte er in einer ungewöhnlich offenen und engagierten Rede seine Haltung vor den Repräsentanten der Mitgliedsstaaten. Wir dokumentieren Auszüge.Quelle: Freitag
Anmerkung unseres Lesers H.T.: Die Geschichte ist schon 15 Jahre her, zeigt aber, wie die Dinge (nicht immer, aber doch sehr häufig) laufen. In der aktuellen Auseinandersetzung um den Artikel von Seymour Hersh und die Rolle der OPCW ist diese Rede aufschlussreich.  
[Hinweise des Tages, NachDenkSeiten, 05.07.2017, Punkt 14: Wer dem Irak-Krieg im Wege steht]
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Nachdem Bustani ab 1996 als Mitglied im Vorbereitungskomitee für die Gründung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag tätig war, leitete er vom 13. Mai 1997 bis zum 25. Juli 2002 die neu gegründete Organisation für das Verbot chemischer Waffen. Nach Darstellung von Milton Cordova Junior erwies sich Bustani als integrer Leiter dieser Organisation. Auf Betreiben des Kabinett George W. Bush bei der Suche nach einem Anlass für den Irakkrieg wurde er abgelöst.[1] Nach Aussage Bustanis flog John Bolton hierzu nach Den Haag, kam in sein Büro und sagte: "Cheney will dich loswerden. Du hast 24 Stunden, um die Organisation zu verlassen. Wenn Du nicht der Entscheidung Washingtons folgst, haben wir Möglichkeiten, Vergeltung zu üben... Wir wissen, wo deine Kinder wohnen." Seine zwei Söhne lebten damals in New York.[2]
[José Maurício Bustani, Leben, Wikipedia, 15.03.2019] 
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Zuvor hatte die Bush-Regierung noch die Absetzung Bustanis erreicht. Der ranghohe Diplomat John R. Bolton, Vertrauter des damaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, sei eines Tages in sein Büro gekommen und habe laut Bustani angekündigt, er habe 24 Stunden für einen Rücktritt. Sonst würde er die Konsequenzen zu spüren bekommen.
Die USA warfen dem Brasilianer Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Bolton bestätigte der "New York Times" diese Einschätzung am Wochenende.
Auch der brasilianische Außenminister zu jener Zeit, Celso Lafer, äußerte sich in dem Artikel. Die USA "und besonders John Bolton und Donald Rumsfeld" hätten Bustani aus dem Amt drängen wollen. "Ich glaube, dass die Neocons freie Hand haben wollten, ohne multilaterale Beschränkungen."
Tatsächlich schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Direktors. Im April 2002 erzwang die Bush-Regierung den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten Bustani.
Nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag, durch die er gefeuert wurde, protestierte Bustani gegen den "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.
 
[Nobelpreisträger OPCW: Wie Bush die Chemiewaffenjäger einschüchtern ließ, SPON, 14.10.2013]
Who is John Bolton? Trump's 3rd National Security Advisor | NowThis {10:22 – Start bei 4:09}

NowThis News
Am 11.04.2018 veröffentlicht 
John Bolton is known for anger issues, verbal abuse, hating the UN, and helping President Bush invade Iraq — now he's in charge of our national security – Narrated by Steven Boyer.


Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, das es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde. Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu drängen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.
Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.
[Massenvernichtungswaffen: Die Doppelmoral der Bush-Krieger, Harald Schumann, SPON, 26.09.2002]

siehe auch:
Für Iran zuständiger IAEA-Vizechef überraschend zurückgetreten (APA/Reuters, diepresse.com, 11.05.2018)
Tja, amerikanische 'Überredungskünste' können schon Wunder wirken.
Der Nachfolger wird sicher 'amifreundlich' untersuchen.
[Kommentar von Strahler80, 12.05.2018, 17:29h]

Wir erzählten bereits, dass in den letzten ungefähr 20 Jahren mehrere Mitarbeiter dieses Labors unter merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen waren. Wir erzählten über den geheimnisvollen Tod des sowjetischen Mikrobiologen, Ex-Direktors des Leningrader Instituts für besonders reine Biopräparate, W. Passetschnik, des Chemiewaffenexperten D. Kelly und auch dessen Nachfolgers in Porton Down, P. Norman, und auch des Forschers R. Holmes. Zum letzteren Tod entdeckten wir sehr interessante Fakten, und zwar in offenen Quellen (beispielsweise in einem BBC-Beitrag vom 9. Oktober 2013) - https://www.bbc.com/news/uk-england-wiltshire-24457389. Für solche Informationen interessiert sich inzwischen kaum noch jemand.  
[Pressebriefing der offiziellen Sprecherin des Außenministeriums Russlands, Maria Sacharowa, am 18. Juli 2018 in Moskau, mid.ru, 18.07.2018 – Abschnitt »Zur Entwicklung der Situation um die Vorfälle in Salisbury und Amesbury«]

Weltherrschaft um jeden Preis (Paul Craig Roberts, Rubikon, 14.04.2018)


2001 hatte der damalige Außenminister Colin Powell einen Brief an Bustani [Direktor der OPCW] gesandt, in dem er sich bei ihm für seine „sehr eindrucksvolle“ Arbeit bedankte. Im März 2002 jedoch kam Bolton — in seiner Eigenschaft als Staatssekretär für Rüstungskontrolle und Internationale Sicherheit — persönlich in den OPCW-Hauptsitz in Den Haag, um gegenüber dem Chef der Organisation eine Warnung auszusprechen. Und, laut Bustani, hat Bolton kein Blatt vor den Mund genommen. “Cheney will Sie”, sagte Bolton Bustani, sich auf den damaligen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten [Dick Cheney] beziehend. “Wir können Ihr Führungsstil nicht akzeptieren.”
Laut Bustanis Erinnerungen fuhr Bolton fort: “Sie haben 24 Stunden, um die Organisation zu verlassen, und wenn Sie diese Entscheidung von Washington nicht erfüllen, haben wir Mittel, uns an Ihnen zu rächen.”
Es gab eine Pause.
“Wir wissen, wo Ihre Kinder leben. Sie haben zwei Söhne in New York.”

In 2001, then-Secretary of State Colin Powell had penned a letter to Bustani, thanking him for his “very impressive” work. By March 2002, however, Bolton — then serving as under secretary of state for Arms Control and International Security Affairs — arrived in person at the OPCW headquarters in the Hague to issue a warning to the organization’s chief. And, according to Bustani, Bolton didn’t mince words. “Cheney wants you out,” Bustani recalled Bolton saying, referring to the then-vice president of the United States. “We can’t accept your management style.”

Bolton continued, according to Bustani’s recollections: “You have 24 hours to leave the organization, and if you don’t comply with this decision by Washington, we have ways to retaliate against you.”

There was a pause.

“We know where your kids live. You have two sons in New York.”
 
[“WE KNOW WHERE YOUR KIDS LIVE”: HOW JOHN BOLTON ONCE THREATENED AN INTERNATIONAL OFFICIAL, Mehdi Hasan, The Intercept, 29.03.2018]
Zu diesem Vorfall siehe auch:
- 'We know where your kids live': Trump's new national security adviser reportedly made an implicit threat against the family of a retired Brazilian diplomat in 2002 (Michael Kranz, Business Insider, 30.03.2018)
siehe auch:
Die Ankündigung von Wesley Clark: „Wir werden 7 Regierungen stürzen“ (07.04.2015)
Überraschung für die westlichen Kriegstreiber (Hans Springstein, Freitag-Community, 11.09.2013)
Spannender Wahlkampf (Wolfgang Kötter, der Freitag, 13.09.2009)
Chemical Weapons Convention Chief Removed at U.S. Initiative (Seth Brugger, ArmsControlAssociation, Mai 2002)
- Wer dem Irak-Krieg im Wege steht (Übersetzung aus dem Englischen von Hans Thie, der Freitag, 26.04.2002)

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El-Baradei kritisierte die Begründung für den Irakkrieg, in dieser Region würden Massenvernichtungswaffen gelagert, und wurde deshalb zum Ziel scharfer diplomatischer Angriffe von Seiten der US-Regierung unter George W. Bush. Diese versuchte über Monate hinweg, seine Wiederwahl als Generaldirektor der IAEO zu verhindern. Als weiteren Grund trugen die USA vor, dass el-Baradei sich nicht deutlich genug gegen das Atomprogramm des Iran ausgesprochen habe. Zwar kritisierte el-Baradei immer wieder Iran, sein Atomwaffenprogramm den Inspektionen nicht ausreichend zu öffnen, verweigerte sich aber dem Druck der USA, die Existenz eines geheimen iranischen Atomwaffenprogramms zu bestätigen. Er warnte vor einem militärischen Angriff und sprach sich für Verhandlungen mit Iran aus.[4] Erst nach einem Treffen zwischen el-Baradei und der US-Außenministerin Condoleezza Rice verstummten die kritischen Stimmen aus der US-Regierung.
Im Dezember 2004 wurde bekannt, dass el-Baradei von den USA systematisch abgehört wurde. Er zeigte sich empört, zumal er bislang zwar wusste, dass die USA gegen ihn arbeiteten, jedoch nicht, dass die Regierung Bush einen Eklat riskieren und ihn belauschen würde. Er vermutet, dass die US-Regierung den illegalen Lauschangriff benutzen wollte, um belastendes Material zu finden, mit dem es möglich gewesen wäre, ihn zu erpressen und aus dem Amt zu drängen. El-Baradei war ein Gegner der Pläne von US-Präsident George W. Bush, neue, kleine Atombomben entwickeln zu lassen und sah darin ein Verstoß gegen den Geist des Atomwaffensperrvertrages.[5]
Vor dem Hintergrund der ab 2005 auch in den USA zunehmenden Zweifel an der Richtigkeit der Intervention im Irak ebbte dieses diplomatische „Sperrfeuer“ allmählich wieder ab. Am 26. September 2005 wurde el-Baradei von der IAEO-Hauptversammlung in ihrem Sitz in Wien einstimmig für eine dritte vierjährige Amtszeit als Generaldirektor bestätigt. Seine Amtszeit endete planmäßig zum 30. November 2009; Nachfolger wurde der japanische Diplomat Yukiya Amano.
2011 kritisierte el-Baradei bezüglich des Konfliktes mit dem Iran, dass die USA und Europa wichtige Dokumente und Informationen zurückhielten. Sie seien nicht an einem Kompromiss mit der iranischen Regierung, sondern an einem Regimewechsel „mit allen erforderlichen Mitteln“ interessiert gewesen. Auch dem Iran warf er „Tricksereien“ vor.[6]
[Mohammed el-Baradei, Wirken in der IAEO, Wikipedia, abgerufen am 15.05.2019]
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mein Kommentar:
Was ist mit unseren Medien seit 2002 passiert?
Zensur kann’s ja nicht sein, wir leben ja in einer Demokratie.
Vielleicht findet sich die Antwort ja in den Zitaten oben😜

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