Samstag, 17. August 2019

Cäsars Beweise – eine Zäsur

Die Beweise des “Cäsar” waren keine – aber sie genügten, um den syrischen Präsidenten zu stigmatisieren.

Im Januar 2014 verbreiteten die westlichen Massenmedien, die Nachricht, dass ein syrischer Militärfotograf tausende Fotos toter und zuvor in syrischen Gefängnissen gefolterter Opfer außer Landes geschmuggelt und sich dann selbst aus Syrien abgesetzt hatte. Wie gewohnt, war die Meldung mit einer Vorverurteilung verbunden, gekennzeichnet mit großer moralischer Empörung. Nach dem Rechtsstaat rief keiner. Genau dies aber war offensichtlich beabsichtigt.

Zitat aus dem Spiegel vom 21. Janaur 2014: 
“Damaskus – Aus Baschar al-Assads Worten sprach kalte Überheblichkeit. “Es gibt kein einziges Dokument, das beweist, dass die syrische Regierung irgendwo ein Massaker an Zivilisten verübt hat”, sagte der Diktator noch am Montag in einem Interview mit der französischen Nachrichtenagentur AFP.” (p1)
und weiter:
“Keine 24 Stunden später liegen Beweise vor, die wohl nur unverbesserliche Assad-Anhänger daran zweifeln lassen, dass das Regime Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht.” (p2)
Halten wir erst einmal fest, dass so etwas mit Journalismus rein gar nichts zu tun hat. Es hat auch nichts mit Demokratie und rechtsstaatlichen Gepflogenheiten zu tun. Wie von westlichen Massenmedien inzwischen leider gewohnt, wurde dem Beklagten schon vorweg das Recht vorenthalten, sich überhaupt gegen irgendwelche Vorwürfe zu äußern. Es gab kein Verfahren, keine öffentlichen Anhörungen, es gab rein gar nichts, das berechtigte, den syrischen Präsidenten solch ungeheuerliche Verbrechen als – faktisch bewiesen – anzuhängen. “Cäsar”, welches der Deckname des angeblichen Militärfotografen ist, geistert bis heute als anonymer Zeuge durch den Medienwald und seine Erzählungen wurden vor kurzem auch wieder von der sogenannten Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW) verarbeitet und erneut veröffentlicht.

Der Brite Tim Hayward, Professor an der Universität Edinburgh, befasst sich schon seit Jahren intensiv mit den Vorgängen um Syrien und untersuchte dort vor allem die Verstrickungen westlicher Nichtregierungsorganisationen mit politischen Agenden. Zuletzt hatte er im Mai 2019 auf sich aufmerksam gemacht, als er über die Manipulation des Abschlussberichtes der Organisation zur Verhinderung des Einsatzes chemischer Waffen (OVCW) schrieb (p3). Ohne diese – inzwischen von der OVCW bestätigte – Manipulation (p4) hätte der Bericht die syrische Regierung in weiten Teilen vom Vorwurf entlastet, Giftgas in Douma eingesetzt zu haben (p5).

Das war nicht gewünscht, denn so wie bei den Vorgängen in Douma geht es auch bei “Cäsar” um die Aufrechterhaltung eines Narrativs. Bestimmte, emotional aufgeladene Narrative sind unbedingt erforderlich, um den Bevölkerungen im Westen den verdeckten Krieg gegen Syrien auch weiterhin als alternativlos – “wegen der armen Menschen dort” – verkaufen zu können. Doch geht es bei “Cäsar” um mehr, was uns Tim Hayward im Weiteren erläutern wird.

Noch ein paar redaktionelle Anmerkungen: Der Text wurde von mir mit großem Aufwand und nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt. Er ist trotzdem nicht als wortwörtliche Übersetzung zu betrachten und sicher wird auch die eine oder andere semantische Ungenauigkeit auffindbar sein. Aufmerksamen Lesern bin ich für Korrekturvorschläge selbstredend dankbar. Quellenangaben von Tim Hayward sind als Zahlen, von mir beigefügte Quellen mit dem Präfix ‘p’ (Beispiel: ‘(p1)’) indiziert. Die Kommentare bei den Quellen von Tim Hayward stammen von ihm selbst. An einigen, wenigen Stellen habe ich Verlinkungen und Anmerkungen – in der Form [Anmerkungen …] – in den Text eingefügt, weitere mit dem Präfix ‘a’ indiziert und am Ende des Artikels aufgeführt.

mehr:
- Cäsars Beweise – eine Zäsur (Peter Frey, Peds Ansichten, 17.08.2019)

Uli Gack (ZDF-Studio Kairo) zum Giftgaseinsatz in Douma {2:52 – Start bei 0:52}

Tu Was
Am 25.04.2018 veröffentlicht 
Spekulationen über Syrien-Angriff
Die Untersuchungen zu dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in Duma verzögern sich. ZDF-Korrespondent Uli Gack berichtet aus Syrien.
Quelle: Heute - https://www.zdf.de/nachrichten/heute-...
Dazu auch:
Vorsicht, Realität!
Wer die Wahrheit auch nur andeutet, wird unter Feuer genommen.
... Da auch Syrien in Gacks journalistischen Zuständigkeitsbereich fällt, tat er, was er schon öfter getan hat. Er packte seinen Koffer, löste ein Flugticket und begab sich an den Ort des Geschehens: an den Schauplatz jenes vermeintlichen Giftgasangriffs, für den man im westlichen Mainstream fast unisono das „Assad-Regime“ verantwortlich macht.
Was er in Duma beobachtete, was er in Gesprächen mit Bewohnern herausfand, hätte Gack allerdings besser für sich behalten. Aber nein, er plauderte es aus. Dass einem versierten und routinierten Reporter ein derartiger „Fehler“ unterläuft, ist erstaunlich. Selbstverständlich wäre nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn der Korrespondent lediglich versucht hätte, sich – ganz persönlich – ein einigermaßen authentisches Bild zu verschaffen. Aber dabei beließ er es nicht. Ganz offenkundig glaubte er, dieses authentische Bild – obendrein in einer „Liveschalte“ – auch der Heimatfront vermitteln zu dürfen.
Gack hätte wissen müssen: Damit überschreite ich die „rote Linie“. So mache ich mich unbeliebt. So nähre ich Zweifel an meiner Zuverlässigkeit. Denn: Wo kommen wir hin, wenn der Mainstream nicht mehr an die eigenen Narrative glaubt?
siehe: https://www.rubikon.news/artikel/vors...

siehe auch:
Geleakter Giftgas-Bericht: Ließ sich die OPCW für Syrien-Propaganda einspannen? (Tobias Riegel, NachDenkSeiten, 24.05.2019)
The evidence we were never meant to see about the Douma ‘gas’ attack (Robert Fisk, Independant, 23.05.2019 – Google-Übersetzer)
Giftgasangriff? Was ist in Duma am 7. April 2018 passiert? (Post, 15.02.2019)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen