Mittwoch, 4. September 2019

MH17: Das Gerangel geht weiter…

Moskau verlangt plötzlich die Überstellung des verschleppten Tsemakh von Kiew, das JIT fordert, dies nicht zu machen, weil er nun nicht mehr nur Zeuge, sondern auch Verdächtiger geworden sei

Am 27. Juni hatte der ukrainische Geheimdienst SBU Vladimir (Volodymyr) Tsemakh aus seiner Wohnung in Snizhne in der "Volksrepublik Donetsk" verschleppt. Seitdem ist er in der Ukraine in Haft. Er wird beschuldigt, eine Terrororganisation gegründet zu haben. Der ukrainische Geheimdienst sieht in ihm einen wichtigen Zeugen für den Abschuss der MH17. Er soll gegen die vier Männer aussagen, die das JIT als Verantwortliche angeklagt hat. Da er als ukrainischer Staatsangehöriger nicht ausgeliefert werden kann, war geplant, ihn über eine Videokonferenz als Zeugen im auf März angesetzten Prozess in den Niederlanden zu befragen. Eigentlich hatte ein Richter zunächst eine zweimonatige Haft angeordnet, die Ende August geendet hätte, sie wurde aber nun verlängert, während sich im Hintergrund ein Konflikt zwischen Kiew, Moskau und dem JIT abspielt.

Tsemakh soll im Sommer 2014 der Leiter der Luftabwehr in der Region um Snizhne gewesen sein. In einem Video soll er, so sieht dies Bellingcat, nach dem Abschuss gesagt haben, das Buk-System versteckt zu haben, aber ob er das wirklich meinte, ist umstritten, da die Frage des Interviewers herausgeschnitten wurde. Er behauptete, dass eine (ukrainische) Sukhoi abgeschossen worden sei und eine weitere dann MH-17 abgeschossen habe (Spektakuläre Geheimdienstaktion).

Inzwischen soll sich Russland eingeschaltet haben, was die neue Regierung in Kiew unter Druck bringt. Schon lange war ein Gefangenaustausch zwischen de Ukraine und den "Volksrepubliken" im Donbass geplant. Präsident Zelinskyi, der die Rückholung der Gefangenen im Wahlkampf versprochen hatte, traf schließlich in einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Anfang Juli erste Vereinbarungen. Nach Verhandlungen war man Ende August angeblich übereingekommen, jeweils 33 Gefangene auszutauschen.

Im Gespräch war, dass Kiew den wegen Landesverrats 2018 inhaftierten Kirill Vyshinsky, der für RIA Novosti Ukraine arbeitete, freilassen würde (Ukraine im Informationskrieg: Bekämpfung von Propaganda durch Inhaftierung von Journalisten). Im Gegenzug verlangt Kiew die Freilassung des Filmemachers Oleh Sentsov, der wegen Planung eines Terroranschlags verurteilt worden war. Moskau sagt, Sentsov sei ein russischer Staatsbürger, da die Krim nun zur Russischen Föderation gehört.

mehr:
- MH17: Ukrainischer Präsident zwischen Russland und dem JIT (Florian Rötzer, Telepolis, 04.09.2019)
siehe auch:
- MH17 – Der Sündenbock (Post, 04.09.2019)
MH17-Updates (Post, 20.06.2019)
MH17: Ministerpräsident Malaysias bezweifelt Objektivität des JIT (Post, 01.06.2019)


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