Samstag, 28. September 2019

Unser täglich Narrativ gib uns heute: »Wir sind die Guten!«

Heiko Maas begeistert sich für die „Regenschirm-Revolution“ und also einen Staatsstreich in China — und die Tagesschau applaudiert.

Grundmuster der US-amerikanischen Chinapolitik: Soziale Sabotage. Politische, organisatorische und finanzielle Unterstützung von Versuchen zu destabilisieren und einen „Regime Change“ herbeizuführen, notfalls gewaltsam. Ob in Tibet, in Xingjiang oder in Hongkong: Immer und überall finden die USA Leute, die sich infolge Beschränktheit oder gegen Geld als Maulhelden und „Unterstützer der Demokratie“ einsetzen lassen. In Hongkong heißt ihr „Menschenrechtsaktivist“ Joshua Wong und ist ein 22-jähriger Student. In Berlin ist es Heiko Maas, der größte Außenminister aller Zeiten. Beide voll dabei, eine „Regenschirm-Revolution“ gegen die Zugehörigkeit Hongkongs zur Volksrepublik China zu inszenieren. So abenteuerlich dieser Versuch, so hirnrissig seine Betitelung im medialen Echo. Die Tagesschau bewährt sich ganz vorne im Verzicht auf kritische und saubere Berichterstattung.

Der Minister entblödete sich nicht, für ein Foto mit dem Aufwiegler Wong zu posieren und ihn seiner Unterstützung zu versichern, nachdem schon die „Bild“ für Wong den Roten Teppich ausgerollt hatte. Da musste die Tagesschau natürlich mithalten (1). Über globale Konflikte, so kennen wir sie, berichtet die Redaktion ARD-aktuell eben entweder gar nicht oder gröblich verkürzt und oberflächlich, somit meistens irreführend.

Über Ursachen und Nutznießer der Konflikte erfährt man meist so gut wie nichts. Die Redaktion macht zwar für sich geltend, täglich einen Überblick über die weltweit wichtigsten Ereignisse des Tages zu geben, kann dem aber schon aus Platzgründen nicht gerecht werden. Sie muss eine Auswahl treffen und sollte das „nach journalistischen Grundsätzen“ ja getrost auch tun. Was dabei herauskommt, erweist sich jedoch nur zu oft als zwanghaftes Konformgehen mit der Bundesregierung und als Preisgabe eigenständigen Denkens. Der unaufrichtige Umgang mit Nachrichten aus den Kriegs- und Konfliktregionen unserer Welt sowie mit der darauf bezogenen deutschen Außenpolitik ist eine einzige große journalistische Pleite.

Seit Wochen wird das deutsche Publikum mit tendenziösen Berichten über die Umtriebe in Hongkong malträtiert. Der Informationskern dieser Nachrichten ist immer gleich und substantiell bescheiden. Die „Botschaft“ fürs vermeintlich unkritische Publikum:

„Die Kommunisten in Beijing lassen in der Sonderzone Hongkong die für Freiheit und Demokratie kämpfende Bevölkerung mit massiver Polizeigewalt unterdrücken. Hilfe tut not.“

Diese Agitation — vulgo: „Narrativ“ — wird in Variationen ständig wiederholt. Im Zuschauer setzt sich die Überzeugung fest, dass es in Hongkong tatsächlich um bürgerliche Freiheit gehe und dass die kommunistische Regierung in Beijing ihre Rolle als Hassobjekt der „internationalen Gemeinschaft“ selbst verschulde und verdiene.

Die Wirksamkeit dieser Propaganda ist nicht nur an sich methodisch erprobt, sondern auch deshalb garantiert, weil der Boden fruchtbar ist, auf den sie fällt: Haben wir nicht in jahrzehntelang eingeübter — eingetrichterter — Selbstgerechtigkeit die Gewissheit erworben, dass unser Land eine Musterdemokratie ist und wir am besten beurteilen können, wie es sich mit den Freiheitsrechten in anderen Ländern verhält? Den Anspruch darauf haben wir Deutsche mittlerweile doch im Urin beziehungsweise in der DNA, nicht wahr?

Trotz massiver Gewaltexzesse, plündernder und Brandsätze werfender „Demonstranten“, trotz der zeitweisen Besetzung des Internationalen Flughafens und zentraler Verkehrswege, trotz ungezählter Verletzter und millionenschwerer Sachschäden auf der Insel meldet die Tagesschau beschönigend und verharmlosend:

„Zehntausende Menschen in Hongkong haben sich nicht davon abhalten lassen (...) gegen die Regierung auf die Straße zu gehen (...) Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, einige Demonstranten warfen Molotowcocktails und Steine auf Polizisten. (...) Einige Demonstranten nutzten Kegel, Metallabsperrungen und Mülleimer, um Straßenbarrieren zu errichten (…) Demokratie-Aktivisten festgenommen (...)“ (2).

Man vergleiche diese ekelhafte Suada mit dem Umgang, den die Tagesschau bezüglich der Demonstrationen in Deutschland pflegt: Nachrichten über Friedensdemonstrationen werden meistens komplett unterlassen/unterschlagen, und wenn Demonstranten Randale machen — am 1. Mai im Hamburger Schanzenviertel oder in Berlin —, dann werden Polizeieinsätze gegen sie als Selbstverständlichkeit ausgegeben, selbst wenn die ebenfalls in Gewalt ausarten.

Schon rein sprachlich-formal besteht keine Verwechslungsgefahr: Bei den Protestaktionen gegen das G20-Gipfeltreffen in Hamburg war regelmäßig von „Krawallen“ und nicht mehr bloß von „Demonstrationen“ die Rede. Gewaltszenen wurden als „bürgerkriegsähnliche Zustände“, beschrieben, die Täter als „Kriminelle“ bezeichnet, „marodierende und randalierende Gruppen“ als solche benannt — und nicht etwa als „Demokratie-Aktivisten“ beweihräuchert (3).

Noch ein wesentlicher Unterschied: Im Vordergrund der Berichterstattung über die Hamburger Szene stand die hingebungsvolle Beschreibung der Gewalttätigkeiten. Über die gesellschaftlichen Ursachen des Gewaltausbruchs sowie die Motive der Randalierer erfuhr man selbstverständlich nichts. Im Gegensatz zu Hongkong gab es weder Interviews mit ihren vermeintlichen Anführern noch Sonderberichte über „G20-Demokratie-Aktivisten“. Über die Ramstein-Demonstrationen beispielsweise verbreitete ARD-aktuell sowieso dröhnendes Schweigen. Das fällt auf (4).

Erstaunlich: Zwischen dem 1. und dem 15. September 2019 hat die Redaktion 101 Beiträge in Wort und Filmen über die Unruhen in Hongkong gesendet. Zum Vergleich: Über die Ukraine wurde im gleichen Zeitraum nicht mal ein Viertel dieser Menge angeboten, obwohl das Land nur zwei Flugstunden von Berlin entfernt liegt und ständig für Instabilität und Aggressionen in Osteuropa sorgt.

mehr:
- Der Regenschirm-Revoluzzer (Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer, Rubikon, 28.09.2019)
siehe auch:
in den vier letzten Jahren wurden die Dschihadisten durch das Allied LandCom (Heereskommando) der NATO mit Sitz in Izmir (Türkei) kommandiert, bewaffnet und koordiniert.
[Thierry Meyssan, Das Geständnis des kriminellen John Kerry Voltairenet, 17.01.2017] 

… eine – seither veröffentlichte – Analyse der DIA (Der militärische Nachrichtendienst der USA) [hatte] davor gewarnt, dass die so genannte „syrische Opposition“ so gut wie ausschließlich aus fanatisierten, islamistischen Gewaltextremisten bestand.
[Hartmut Barth-Engelbart, Hillary Clinton für Giftgaseinsatz in Syrien verantwortlich – nicht Assad, barth-engelbart.de, 04.05.2016] 
Eine CIA-NGO im Great Game: Das National Endowment for Democracy (19.02.2016)
Putin und die USA: unpassende »Umtriebe«, FARA und die NGOs (Post, 17.08.2015)
Die CIA bei den Uiguren (Post, 07.12.2014)
Die geplatzte Bombe: Bin Laden hat bis zum 11. September für die USA gearbeitet! (Lukery, Daily Kos, Hintergrund, 14.08.2009)

Peter Scholl Latour rastet aus Syrien , Salafisten, Islam Der Talkshow Eklat {12:14 – Start bei 0:37}  

Der Sünder
Am 05.09.2012 veröffentlicht 
»Die Freiheitskämpfer von gestern benehmen sich genauso schlimm wie die Truppen Gaddafis.«

Ich werde nicht müde mich dessen zu wundern, wie unsere Partner, Mal ums Mal, wie man bei uns in Rußland zu sagen pflegt, auf ein und dieselbe Harke treten. Das heißt: immer wieder dieselben Fehler begehen. Seinerzeit sponserten sie extremistische islamistische Bewegungen für den Kampf gegen die Sowjetunion, und in Afghanistan haben diese ihre Abhärtung bekommen. Daraus entstanden sowohl die Taliban als auch die Al-Kaida. Der Westen hat, wenn diese schon nicht unterstützt, so doch mindestens seine Augen davor verschlossen. Und ich würde sagen, er hat den Einfall internationaler Terroristen nach Rußland und in die Länder Zentralasiens tatkräftig, informationsmäßig, politisch und finanziell unterstützt. Das haben wir nicht vergessen. 
[aus Putins Rede vor dem Waldai-Forum, Oktober 2010] 

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