Ich sollte sagen: Bisher ist alles genau richtig. Auf lange Sicht könnte sich die Gravitation als ein wenig zu stark erweisen, und eines Tages bringt sie die Ausdehnung des Universums vielleicht zum Stillstand, sodaß es in sich zusammenbricht und zu einer neuen Singularität zusammengedrängt wird möglicherweise beginnt dann das Ganze wieder von vorn. Andererseits könnte sie aber auch zu schwach sein, sodaß das Universum für alle Zeiten auseinander strebt, bis alles so weit voneinander entfernt ist, daß keine Aussichten auf Materie Wechselwirkungen mehr bestehen. Dann wird das Universum zu etwas Trägern und Totem, das aber sehr geräumig ist. Die dritte Möglichkeit besteht darin, daß die Gravitation tatsächlich genau richtig ist – die Kosmologen sprechen von der »kritischen Dichte« – und das Universum in den richtigen Abmessungen zusammenhält, sodaß alles unendlich weiterlaufen kann. In lockeren Momenten bezeichnen die Kosmologen so etwas manchmal als Goldilock-Effekt: Alles ist genau richtig. (Nur der Vollständigkeit halber: Diese drei Möglichkeiten werden geschlossenes, offenes und flaches Universum genannt.)
Jetzt kommt die Frage, die wir uns alle schon irgendwann einmal gestellt haben: Was geschieht, wenn wir zum Rand des Universums reisen und dort den Kopf durch den Vorhang stecken? Wo wäre der Kopf, wenn er sich nicht mehr im Universum befindet? Was ist dahinter? Die enttäuschende Antwort lautet: Man gelangt nie an den Rand des Universums. Nicht weil es zu lange dauern würde – das natürlich auch –, sondern weil man nie eine Außengrenze erreicht, selbst wenn man sich hartnäckig und unendlich lange in gerader Richtung fortbewegt. Stattdessen wäre man irgendwann wieder am Ausgangspunkt (und dort würde man wahrscheinlich die Lust verlieren und aufgeben). Der Grund: Das Universum ist in Übereinstimmung mit Einsteins Relativitätstheorie (auf die wir zu gegebener Zeit noch zurückkommen werden) gekrümmt, und zwar auf eine Weise, die wir uns nicht richtig vorstellen können. Vorerst reicht die Erkenntnis, daß wir nicht in einer großen, sich ständig ausweitenden Blase schweben. Der Raum ist vielmehr gekrümmt, und zwar so, daß er zwar endlich, aber grenzenlos ist. Eigentlich kann man nicht einmal behaupten, daß der Raum sich ausdehnt, denn wie der Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg richtig anmerkt, expandieren weder Sonnensysteme und Galaxien noch der Raum selbst. Stattdessen entfernen die Galaxien sich voneinander. Das alles ist für unsere Vorstellungskraft eine echte Herausforderung. Oder, in einer berühmten Formulierung des Biologen J. B. S. Haldane: »Das Universum ist nicht nur merkwürdiger, als wir annehmen; es ist merkwürdiger, als wir überhaupt annehmen können.«
Wenn man die Krümmung des Raumes erklären will, stellt man sich zum Vergleich in der Regel ein Wesen aus einem Universum mit flachen Oberflächen vor, das nie eine Kugel gesehen hat und dann auf die Erde gebracht wird. Ganz gleich, wie weit es über die Oberfläche des Planeten streift, es wird nie einen Rand finden. Schließlich ist es wieder am Ausgangspunkt und kann sich natürlich überhaupt nicht erklären, wie so etwas möglich ist. In der gleichen Lage wie unser verblüffter Flachländer sind auch wir, nur werden wir in einer höheren Dimension an der Nase herumgeführt.
Genau wie man nirgendwo einen Rand des Universums finden kann, so gibt es auch keinen Ort, an dem man sich in die Mitte stellen und sagen könnte: »Hier hat alles angefangen. Hier ist der Mittelpunkt von allem. Wir sind alle im Mittelpunkt von allem. Eigentlich wissen wir noch nicht einmal das ganz genau; mathematisch läßt es sich nicht beweisen. Die Wissenschaftler nehmen einfach an, daß wir nicht der Mittelpunkt des Universums sein können – man denke nur daran, welche Folgerungen sich daraus ergeben würden –, sondern daß alle Beobachter an allen Orten das gleiche Phänomen erleben würden. Aber letztlich wissen wir es nicht.
Für uns reicht das Universum so weit, wie das Licht in den Jahrmilliarden seit seiner Entstehung gewandert ist. Dieses sichtbare Universum – das Universum, das wir kennen und über das wir reden können – hat einen Durchmesser von 1,6 Millionen Millionen Millionen Millionen (1600.000.000.000.000.000.000.000) Kilometern. [Langsam mag ich nicht mehr: Dazu sagt man 1 Quatrillion, 600 Trilliarden.] Aber nach den meisten Theorien ist das gesamte Universum – das Meta-Universum, wie es manchmal genannt wird – noch bei weitem geräumiger. Die Zahl der Lichtjahre bis zum Rand dieses größeren, unsichtbaren Universums, so Rees, hat dann »nicht zehn und auch nicht hundert Nullen, sondern viele Millionen«. Kurz gesagt existiert mehr Raum, als man sich vorstellen kann, auch wenn man nicht die Mühe auf sich nimmt, sich ein zusätzliches Dahinter auszumalen.
Die Urknalltheorie hatte lange Zeit eine große Lücke, über die sich viele Fachleute Sorgen machten: Sie konnte nicht einmal ansatzweise erklären, wie wir entstanden sind. Zwar wurden 98 Prozent aller vorhandenen Materie mit dem Urknall erschaffen, aber diese Materie bestand ausschließlich aus leichten Gasen: dem Helium, Wasserstoff und Lithium, von denen bereits die Rede war. Aus dem Gasgebräu der Schöpfung ging kein einziges Teilchen der schwereren Substanzen hervor, die für unser eigenes Dasein so unentbehrlich sind – Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und so weiter. Andererseits aber – und das ist das Beunruhigende – braucht man die Wärme und Energie eines Urknalls, damit sich diese schweren Elemente bilden. Aber es gab nur einen Urknall, und bei dem entstanden sie nicht. Woher also kommen sie?
Der Mann, der die Antwort auf diese Frage fand, war interessanterweise ein Kosmologe, der die Urknalltheorie von ganzem Herzen ablehnte. Er prägte sogar den Begriff »Big Bang« ursprünglich als Ironie, mit der er sich darüber lustig machen wollte. […]
Jetzt kommt die Frage, die wir uns alle schon irgendwann einmal gestellt haben: Was geschieht, wenn wir zum Rand des Universums reisen und dort den Kopf durch den Vorhang stecken? Wo wäre der Kopf, wenn er sich nicht mehr im Universum befindet? Was ist dahinter? Die enttäuschende Antwort lautet: Man gelangt nie an den Rand des Universums. Nicht weil es zu lange dauern würde – das natürlich auch –, sondern weil man nie eine Außengrenze erreicht, selbst wenn man sich hartnäckig und unendlich lange in gerader Richtung fortbewegt. Stattdessen wäre man irgendwann wieder am Ausgangspunkt (und dort würde man wahrscheinlich die Lust verlieren und aufgeben). Der Grund: Das Universum ist in Übereinstimmung mit Einsteins Relativitätstheorie (auf die wir zu gegebener Zeit noch zurückkommen werden) gekrümmt, und zwar auf eine Weise, die wir uns nicht richtig vorstellen können. Vorerst reicht die Erkenntnis, daß wir nicht in einer großen, sich ständig ausweitenden Blase schweben. Der Raum ist vielmehr gekrümmt, und zwar so, daß er zwar endlich, aber grenzenlos ist. Eigentlich kann man nicht einmal behaupten, daß der Raum sich ausdehnt, denn wie der Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg richtig anmerkt, expandieren weder Sonnensysteme und Galaxien noch der Raum selbst. Stattdessen entfernen die Galaxien sich voneinander. Das alles ist für unsere Vorstellungskraft eine echte Herausforderung. Oder, in einer berühmten Formulierung des Biologen J. B. S. Haldane: »Das Universum ist nicht nur merkwürdiger, als wir annehmen; es ist merkwürdiger, als wir überhaupt annehmen können.«
Wenn man die Krümmung des Raumes erklären will, stellt man sich zum Vergleich in der Regel ein Wesen aus einem Universum mit flachen Oberflächen vor, das nie eine Kugel gesehen hat und dann auf die Erde gebracht wird. Ganz gleich, wie weit es über die Oberfläche des Planeten streift, es wird nie einen Rand finden. Schließlich ist es wieder am Ausgangspunkt und kann sich natürlich überhaupt nicht erklären, wie so etwas möglich ist. In der gleichen Lage wie unser verblüffter Flachländer sind auch wir, nur werden wir in einer höheren Dimension an der Nase herumgeführt.
Genau wie man nirgendwo einen Rand des Universums finden kann, so gibt es auch keinen Ort, an dem man sich in die Mitte stellen und sagen könnte: »Hier hat alles angefangen. Hier ist der Mittelpunkt von allem. Wir sind alle im Mittelpunkt von allem. Eigentlich wissen wir noch nicht einmal das ganz genau; mathematisch läßt es sich nicht beweisen. Die Wissenschaftler nehmen einfach an, daß wir nicht der Mittelpunkt des Universums sein können – man denke nur daran, welche Folgerungen sich daraus ergeben würden –, sondern daß alle Beobachter an allen Orten das gleiche Phänomen erleben würden. Aber letztlich wissen wir es nicht.
Für uns reicht das Universum so weit, wie das Licht in den Jahrmilliarden seit seiner Entstehung gewandert ist. Dieses sichtbare Universum – das Universum, das wir kennen und über das wir reden können – hat einen Durchmesser von 1,6 Millionen Millionen Millionen Millionen (1600.000.000.000.000.000.000.000) Kilometern. [Langsam mag ich nicht mehr: Dazu sagt man 1 Quatrillion, 600 Trilliarden.] Aber nach den meisten Theorien ist das gesamte Universum – das Meta-Universum, wie es manchmal genannt wird – noch bei weitem geräumiger. Die Zahl der Lichtjahre bis zum Rand dieses größeren, unsichtbaren Universums, so Rees, hat dann »nicht zehn und auch nicht hundert Nullen, sondern viele Millionen«. Kurz gesagt existiert mehr Raum, als man sich vorstellen kann, auch wenn man nicht die Mühe auf sich nimmt, sich ein zusätzliches Dahinter auszumalen.
Die Urknalltheorie hatte lange Zeit eine große Lücke, über die sich viele Fachleute Sorgen machten: Sie konnte nicht einmal ansatzweise erklären, wie wir entstanden sind. Zwar wurden 98 Prozent aller vorhandenen Materie mit dem Urknall erschaffen, aber diese Materie bestand ausschließlich aus leichten Gasen: dem Helium, Wasserstoff und Lithium, von denen bereits die Rede war. Aus dem Gasgebräu der Schöpfung ging kein einziges Teilchen der schwereren Substanzen hervor, die für unser eigenes Dasein so unentbehrlich sind – Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und so weiter. Andererseits aber – und das ist das Beunruhigende – braucht man die Wärme und Energie eines Urknalls, damit sich diese schweren Elemente bilden. Aber es gab nur einen Urknall, und bei dem entstanden sie nicht. Woher also kommen sie?
Der Mann, der die Antwort auf diese Frage fand, war interessanterweise ein Kosmologe, der die Urknalltheorie von ganzem Herzen ablehnte. Er prägte sogar den Begriff »Big Bang« ursprünglich als Ironie, mit der er sich darüber lustig machen wollte. […]
aus Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem
nach soviel Text hat man vielleicht Lust auf ein paar Bilder: dann zu Telepolis
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenhttp://www.youtube.com/watch?v=Xp6G2YCtugY
AntwortenLöschenhttp://www.youtube.com/watch?v=CSro7AFbRAI