Samstag, 23. Februar 2019

"Assad-Regime" soll für fast alle von 336 angeblichen Chemiewaffenangriffen verantwortlich sein

Der vom Auswärtigen Amt geföderte Bericht des Global Public Policy Institute ist deutlich einseitig und kann als Propaganda oder Beeinflussung verstanden werden
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Eine vom deutschen Außenministerium und von der Robert Bosch Stiftung geförderter Bericht des Global Public Policy Institute (Berlin) über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien kommt zu dem Ergebnis, dass es im Verlauf des Krieges, den man wegen der Vielzahl der ausländischen Truppen, Milizen und Kämpfer nicht Bürgerkrieg nennen kann, nachweisbar 336 Angriffe mit Chemiewaffen gegeben habe, 162 hätten nicht bestätigt werden können. Davon müsse man fast alle, nämlich 98 Prozent, dem "Assad Regime" zurechnen, nur zwei Prozent seien vom IS ausgeführt worden, die übrigen Dschihadisten- und Rebellengruppen wie HTS oder Ahrar al-Sham werden hingegen von jedem Verdacht freigesprochen.

Die Liste am Ende des Berichts ist freilich ein Witz. Es werden angebliche Angriffe aufgelistet, ohne die Quellen zu nennen, die unabhängig oder hoch zuverlässig sind und bestätigen würden, dass es sich um Chemiewaffenangriffe - auch mit unbekannten Substanzen - handelte und dass das Assad-Regime dafür verantwortlich ist. Wer will, glaubt also den Behauptungen der Autoren des GPPI.

Tobias Schneider, wohl der Hauptautor neben Theresa Lütkefend, ist Mitarbeiter am GPPI und kommt aus transatlantischen Kreisen. Er hat beim Center for European Policy Analysis gearbeitet, war Berater der Weltbank für Jemen und Syrien, kooperiert mit dem Middle East Institute und tritt auch als Experte beim Atlantic Council auf. Er vertritt amerikanische Interessen, wie man auch an einem von ihm für den Atlantic Council verfassten Bericht über den Wiederaufbau (2017) sehen kann, in dem er dazu auffordert, den Wiederaufbau zusammen mit den Alliierten, den Golfländern und der Türkei in den "Nicht-Regime-Gebieten" und unter Umgehung von Damaskus zu beginnen, also sich in diesen Gebieten, die nicht nur von Kurden, sondern eben auch von Dschihadisten kontrolliert werden, festzusetzen.

Der Bericht verspricht nicht nur eine Untersuchung der bestätigten Chemiewaffeneinsätze, sondern eine "auf Beweise gestützte Analyse der taktischen und operativen Logik, die der Verwendung von Chemiewaffen als Teil der weiteren Strategie der strafenden Aufstandsbekämpfung des syrischen Regimes zugrundeliegt". Daraus sollen dann effektivere politische Antworten abgeleitet werden. Das dürfte wohl der auch vom Auswärtigen Amt mit dem Bericht verfolgte Zweck sein.


Auffällig ist schon, wem für die Mitarbeit gedankt wird. Das sind u.a. die Syrian American Medical Society (SAMS), die Weißhelme, MayDay Rescue, das Syrian Network for Human Rights, das Violations Documentation Center (VCD), also Organisationen, die neben ihrer Arbeit auch eine Agenda haben und wie die Weißhelme möglicherweise auch direkt mit Dschihadisten zusammenarbeiten. Ob diese "Partnerorganisationen" hoch verlässliche oder unabhängige Quellen sind?
mehr:
- "Assad-Regime" soll für fast alle von 336 angeblichen Chemiewaffenangriffen verantwortlich sein (Florian Rötzer, Telepolis, 18.02.2019 – Hervorhebungen von mir)

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Das Global Public Policy Institute (deutsch Institut für globale öffentliche Politik, GPPi) ist eine im Jahr 2003 gegründete, unabhängige Denkfabrik in Berlin. Das Institut hat zum Ziel, die Global Governance durch Forschung, Politikberatung und Debatte zu verbessern. Geleitet wird die Denkfabrik von dem Politologen und Mitbegründer Thorsten Benner und der Politologin Dr. Julia Steets.
Nach eigener Darstellung analysiert das GPPi weltweite Zusammenhänge mit dem Anspruch politischer Relevanz und akademischer Exzellenz. Zudem ist das GPPi versucht, den Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis mit effektiver Kommunikation herzustellen, unter anderem indem Forschungsergebnisse klar und zugänglich präsentiert werden. Unter den Stichworten Reflect, Advise, Engage fasst das GPPi sein Projektportfolio zusammen: Dieses umfasst die Forschungsarbeit, die Politikberatung für den öffentlichen Sektor (einschließlich der Vereinten Nationen, der Europäischen Kommission und nationaler Regierungen) sowie verschiedene Dialogformate.[1]
Ca. 30 festangestellte Mitarbeiter arbeiten für das GPPi. Dazu kommen nichtständige Mitarbeiter, mit welchen GPPi ad hoc kooperiert.[2]
[Global Public Policy Institute, Wikipedia, abgerufen am 23.02.2019]
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Mein Kommentar:
1. Wenn ich schon »unabhängige Denkfabrik« höre, dann denke ich mir meinen Teil…
2. Wenn ich »Weißhelme« höre, achte ich nicht mehr auf den Text. Die sind sowas von desavouiert! Die Weißhelme zu zitieren, da würde ich mich schämen!
3. »Forschungsergebnisse [sollen] klar und zugänglich präsentiert werden«. Schön und gut, Hauptsache, sie sind richtig!
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