Mittwoch, 6. Februar 2019

USA: Höhere Besteuerung der Reichen ist plötzlich mehrheitsfähig

Die demokratischen Politikerinnen Elisabeth Warren, Ilhan Omar und Alexandria Ocasio-Cortez haben mit ihren Forderungen plötzlich nach Umfragen eine Mehrheit hinter sich

Es braucht anscheinend nicht so viel, um die Stimmung in einem Land umschlagen zu lassen. In den Midterm-Wahlen sind eine Reihe von jungen Politikern gewählt worden, die die Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus umgedreht haben. Nachdem die Occupy-Proteste gegen die reichsten 1 Prozent sich schnell zerschlugen, die Präsidentschaft von Barack Obama und schließlich die Präsidentschaftskandidatur von Hilary Clinton eine linke Bewegung nicht aufkommen ließ oder wie mit Bernie Sanders unterdrückte, hat die Wahl des Milliardärs Donald Trump offenbar einen Umschwung in den USA bewirkt.

Die Verteufelung der Linken, was in den USA in der Regel bedeutet, einer gemäßigten sozialdemokratischen Richtung, hat einen dialektischen Umschwung provoziert. In Deutschland ist dieser noch nicht angekommen. Hier ist eine Reichensteuer oder die Anhebung des Steuersatzes für Wohlhabende und Gutverdiener noch immer des Teufels, obwohl die SPD mit in der Regierung sitzt. In den USA hingegen scheint nun die Anhebung der Steuern für die Superreichen mehrheitsfähig zu sein. Das läuft natürlich strikt gegen den Kurs der Republikaner, die seit langem auf neoliberale Steuersenkungen für die Reichen, den imaginären Trickle-Down-Effekt und den schwachen Staat, abgesehen von Sicherheitskräften für den Schutz des Eigentums und der Profitinteressen, setzen.

Sollte ausgerechnet in den USA, die auch Europa mit in den Neoliberalismus getrieben haben, eine Umkehr oder Rückkehr in Zeiten geschehen, als durch Steuern versucht wurde, die Kluft in den Gesellschaften nicht zu stark anwachsen zu lassen? Steuererhöhungen für die Reichen, deren Reichtum immer größer geworden ist, bedeutet ja nicht, eine Nivellierung der Einkommensverhältnisse, sondern nur, dass mit zunehmenden Einkommen einfach mehr an die Gemeinschaft gezahlt werden muss. In den USA gab es bereits Steuersätze bis 90 Prozent, allerdings mit vielen Abzugsmöglichkeiten, ohne dass deswegen der Kapitalismus oder die Wirtschaft zusammengebrochen wären. Noch 1980 wurden Einkommen von über 200.000 US-Dollar mit einer Steuer von 70 Prozent belegt.

mehr:
- USA: Höhere Besteuerung der Reichen ist plötzlich mehrheitsfähig (Florian Rötzer, Telepolis, 06.02.2019)

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