Donnerstag, 14. März 2019

Zwischen Pest und Cholera: Wie macht man jemandem begreiflich daß er spinnt?

Im Unterschied zu Trump sollen die USA in Europa noch mehr Militär stationieren, die "russischen Gefahr" richte sich gegen die ganze Gesellschaft

General Curtis Scaparrotti, Nato-Kommandeur und Kommandeur des European Command, hat am Dienstag vor einer Woche in einer Anhörung vor dem Streitkräfteausschuss des Senats dafür geworben, die amerikanische Truppenpräsenz in Europa auszubauen und die zusätzlichen Ausgaben durch Aufstockung der noch unter Obama gestarteten European Deterrence Initiative (EDI) zu sichern. Es seien mehr Soldaten, Kriegsschiffe und andere Waffensysteme nötig, um der "russischen Gefahr" zu begegnen, die das transatlantische Bündnis immer stärker bedrohe.

Interessant ist die Argumentation des Nato-Generals gegenüber den Senatoren auch deswegen, da die Haltung des US-Präsidenten sich deutlich unterscheidet. Wie bekannt wurde, will Trump Geld für die Stationierung von US-Truppen im Ausland verlangen und sieht den Schutz als Dienstleistung, nicht primär als Sicherung der nationalen Interessen (Trump-Regierung will Kosten und 50 Prozent für US-Truppen im Ausland fordern). Die vom Weißen Haus sich unterscheidende Argumentation im Pentagon kommt bei Scaparotti deutlich zum Ausdruck

Scarapotti versichert, dass die Nato als transatlantisches Bündnis weiter entscheidend für die nationale Sicherheit sei. Die Zusammenarbeit mit den Nato-Partnern sei wichtig, diese hätten in letzter Zeit auch große Fortschritte erzielt, Deutschland inklusive. Ziel müsse sein: "fortify the Trans-Atlantic Alliance". Um die Truppen weiter aufzustocken, müssen die Bedrohungen entsprechend drastisch geschildert werden. Im Militärjargon seien sie in Europa "komplex, transregional, auf allen Ebenen und multifunktional". Man müsse sich der "Evolution dieser Bedrohungen" fortwährend anpassen. Die "primäre Bedrohung für eine stabile Euro-Atlantik-Sicherheitsumgebung" sei das "revisionistische Russland", schrieb er in seiner vorbereiteten Rede.

Russland ist in die Ukraine einmarschiert, hat die Krim besetzt, Cyberangriffe gegen baltische Länder und die Ukraine gerichtet, in amerikanische und andere westlichen Wahlen eingegriffen und Boote der ukrainischen Marine beim Versuch angegriffen, die Straße von Kertsch zu ukrainischen Häfen im Asowschen Meer zu durchfahren.
General Curtis Scaparrotti 
Dann modernisiere Russland mit seinen hohen Rüstungsausgaben seine Atomwaffen, u.a. durch die das INF-Abkommen verletzende Mittelstreckenrakete, worauf der Nato-General noch anfügte, dass Russland "den Willen zeigte, internationales Recht und rechtlich bindende Abkommen zu verletzen und bösartige Beeinflussung auszuüben". In vielen Hinsichten könnte man statt Russland auch die USA einsetzen, wenn es um geopolitische Interessen geht, das Untergraben der Nato-Solidarität, das Aufbrechen der internationalen Ordnung oder der Verstärkung der Präsenz in Afghanistan, Syrien und Asien. Obgleich nach dem Nato-General die USA weiterhin Russland global überlegen seien, würden die sich entwickelnden russischen Fähigkeiten aber den militärischen Vorteil erodieren lassen. Dazu würde der US-Anspruch, "in allen Domänen unumstritten operieren zu können", in Frage gestellt, was die Fähigkeit einschränke, die "russische Aggression" abzuschrecken.
mehr:
- Nato- und Eucom-Kommandeur: "Die Transatlantische Allianz zur Festung machen" (Florian Rötzer, Telepolis, 14.03.2019)
siehe auch:
Zwischen Pest und Cholera: Wie macht man jemandem begreiflich daß er spinnt? (Post, 14.03.2019)
- USA: Raubrittertum im postfaktischen Zeitalter (Post, 12.03.2019)
Die Beziehung zum Großen Bruder: Immer nur Buckeln? (Post, 25.02.2019)

Hochrüsten um jeden Preis: Die neuen nuklearen Pläne der USA | Monitor | Das Erste | WDR {8:58}

ARD
Am 22.02.2019 veröffentlicht 
Der Ausstieg aus dem INF-Vertrag ist vor allem ein Erfolg für den Nationalen Sicherheitsberater der USA, John Bolton. Der Hardliner will aufrüsten: konventionell – und atomar. US-Strategiepapiere zeigen, was nun droht: Mittelstreckenflugkörper auf europäischem Boden und Atomwaffen zum niedrigschwelligen Einsatz. Think-Tanks sprechen bereits von „regional begrenzten Atomkriegen“ – und die könnten auch Europa treffen.

Die US-imperiale Strategie, der »Zwang« Kriege führen zu müssen und die Manipulation der öffentlichen Meinung (Post, 16.12.2018)
Amerika hysterisch – Wer ist gefährlicher: Trump oder die politisch-wirtschaftliche Elite? (Post, 11.08.2017)

Die Kriege der USA (mit der geschätzten Anzahl von Toten, aus dem Kommentar eines Kommentatoren eines WELT-Artikels, zitiert nach Toms Wochenschau vom 15.03.2008)

Mein Kommentar:
Quelle: «Ad gladios!»: Wie gut sprichst du Asterix-Latein? (Watson) 
Jetzt ist klar: Wenn bei den nächsten US-Präsidentschaftswahlen ein Demokrat gewinnt, haben wir die Option »Festung Europa«.
Bleibt Trump an der Macht, gibt’s die Option »Schutzgeld«!

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