Montag, 25. Februar 2019

Die Beziehung zum Großen Bruder: Immer nur Buckeln?

Außenpolitik Der kühle Blick auf die USA fällt Berlin und Brüssel immer noch schwer. Das hat Gründe, aber sie sind nicht gut

Zu den großen Mysterien der Berliner und Brüsseler Politik gehört die Lust an der Selbstkasteiung. Liegt es im Interesse Deutschlands, dass deutsche Autoimporte als Sicherheitsgefahr für die USA eingestuft werden? Dass die deutsch-russische Erdgaspipeline Nord Stream 2 von Washington dämonisiert und uns stattdessen der Kauf überteuerten amerikanischen Fracking-Gases aufgenötigt wird? Dass die USA den INF-Vertrag mit Russland aufgekündigt haben, der die Stationierung von atomaren Mittelstreckenwaffen an Land verbietet – was zwangsläufig einen atomaren Rüstungswettlauf auch in Europa zur Folge haben wird?

Hiesige Entscheidungsträger reagieren auf diese und alle anderen Zumutungen der Regierung Trump in erster Linie willfährig, kopflos und bar jeder politischen Strategie. Wäre der Begriff nicht historisch belastet und vergeben, träfe das Wort Appeasement die europäische Haltung gegenüber Washington sehr genau. Natürlich wird niemand ernsthaft für einen Konfrontationskurs gegenüber den USA plädieren. Was aber hindert Berlin und Brüssel daran, selbstbewusst eigene Interessen zu vertreten und sich Einmischungen in ihre inneren Angelegenheiten zu verbitten? Woher rührt diese geradezu masochistische Lust, freiwillig den militärischen Juniorpartner der USA etwa im Nahen und Mittleren Osten zu spielen, neudeutsch umschrieben als „mehr Verantwortung übernehmen“?

Eine Antwort liegt in der Selbstwahrnehmung der überaus einflussreichen „transatlantischen“ Netzwerke in Politik, Wirtschaft und den Medien. Aus deren Sicht sind die USA, die NATO und die EU eine „Wertegemeinschaft“, die weltweit für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einstehe. Sie halten Trump für einen Elefanten im Porzellanladen, für ein singuläres Übel, das es auszusitzen gelte. Sie erkennen nicht, dass die USA eine Weltmacht im Niedergang sind, die sich einem Dialog auf Augenhöhe mit Russland und China verweigert und stattdessen auf „Druck“ setzt, um verlorenen Einfluss wettzumachen, ganz unabhängig von Trump. Gerade deutsche „Transatlantiker“ leiden erkennbar unter einem ödipal anmutenden „Übervaterverlust“ – sie können nicht länger einfach nur Regieanweisungen aus Washington befolgen, im Namen einer höheren Moral, sondern müssen lernen, selbst zu denken und zu handeln. Das schmerzt, vor allem bei fehlendem Rückgrat.

mehr:
- Ödipale Transatlantiker (Michael Lüders, der Freitag, 25.02.2019)
siehe auch:
USA: Die verrückten Neocons (Post, 02.03.2019)
Aufmerksamkeitsmanagement: Immer neue Bedrohungsszenarien und immer wieder Aufrüstung – Wozu? (Post, 23.02.2019)
- Syrien: Kein Plan für eine bessere Zukunft? (Post, 22.02.2019)
 Der Einfluss der US-Netzwerke auf Politik und Medien in Deutschland (Post, 02.02.2019)
Die Amis spielen mal wieder mit dem Roten Knopf (Post, 02.02.2019)
Konfrontationspolitik und Aufrüstung – ein Rückblick (Post, 28.12.2018)
Die US-imperiale Strategie, der »Zwang« Kriege führen zu müssen und die Manipulation der öffentlichen Meinung (Post, 16.12.2018)
Hama – die Geschichte einer Lüge (Post, 16.12.2018)
Moralische Hysterie, missionarische Außenpolitik und falsche Kriege (Post, 24.01.2017)
Sie meinen es nicht gut (Sheldon Richman, Kritisches Netzwerk, 15.01.2014)
Gysi, EU und NATO – „Rechts um!“ Richtung Europa (Hannes Hohn, InfoMail 723, Kritisches Netzwerk, 14.01.2014)

Oskar Lafontaine spricht Klartext über den Terrorstaat USA brillante Rede! YouTube 360p {2:53}

trasicor zymbalta
Am 19.10.2014 veröffentlicht 

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