Samstag, 11. April 2020

Medien als Vexierbild: Gleichschaltung oder Versagen? – Kümmert das wen?

Ein Medizinjournalist übt scharfe Kritik an seinen Kollegen.
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Der Medizin-Journalist Harald Wiesendanger hat in einem Beitrag im Online-Magazin „Nachrichten-Fabrik“ kürzlich die Medienberichterstattung über die Corona-Krise scharf kritisiert. Er will damit nichts mehr zu tun haben, wenn das Journalismus sein soll — so sein Fazit. Im Rubikon-Interview erklärt er warum er das so sieht.
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Tilo Gräser: Herr Dr. Wiesendanger, Sie schreiben, dass Sie sich für unseren Berufsstand schämen und Sie mit „blankem Entsetzten und ohnmächtiger Wut“ die Medienberichterstattung zur Corona-Krise beobachten? Warum kommen Sie zu solch harten Urteilen?

Herr Dr. Wiesendanger: Wie kann irgendwer NICHT zu solchen Urteilen kommen, wenn er frei von Blindheit, Legasthenie und Demenz mitverfolgt, wie Medien mit der Corona-Krise umgehen? Diese angebliche „Jahrhundert-Pandemie“ an früheren Grippewellen und WHO-Fehlalarmen zu messen, kommt unseren sogenannten Leitmedien nicht in den Sinn. Wild spekulieren sie über Corona-Befall, sobald irgendein Promi ein wenig niest, hüstelt und fiebert — jede banale Erkältung darf neuerdings „Breaking News“ produzieren, so weit sind wir schon. Jeder Tote starb am Killerkeim, solange sein Ableben noch Fragen aufwirft.

Untereinander wetteifern Journalisten wie von Sinnen um den gruseligsten Schnappschuss, die herzzerreißendste Corona-Tragödie, das alarmierendste Experten-Statement. Wie selbstverständlich leisten sie Beihilfe zur Unterdrückung von abweichenden Meinungen. Keinen erstaunt, warum weiterhin weder niedergelassene Ärzte noch die pneumologischen und Intensivstationen unserer Krankenhäuser irgendeine besorgniserregende Zunahme von schweren Atemwegserkrankungen zu vermelden haben.

Keiner fragt sich, weshalb überall in Europa, selbst in Italien und Spanien, die Sterberaten nicht etwa rapide hochschnellen, sondern sogar noch unter dem Niveau der Vorjahre liegen. Kaum einer hört sich die wohlbegründeten, sachlichen Bedenken vieler Ärzte und Wissenschaftler an, die der Corona-Hype befremdet, ja entsetzt — und wenn doch, mangelt es anscheinend an der Courage, das Gehörte an die große Glocke zu hängen.

Keiner wundert sich, weshalb sich freie Bürger, bloß weil sie einer sogenannten Risikogruppe angehören, wie Unzurechnungsfähige gängeln lassen müssen — als ob sie nicht auf sich selber aufpassen könnten. Leben ist stets lebensgefährlich, erst recht am Lebensabend. Welche gesundheitlichen Risiken Opa in Kauf nehmen oder vermeiden will: Sollte das nicht ihm überlassen bleiben, wie Rauchen und Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und minderwertige Ernährung? Keinem scheint aufzufallen, dass die vermeintliche Lösung schon jetzt weitaus schlimmer ist als das Problem. Keiner will wissen, weshalb es Aufrufe zu verstärkter Hygiene, besonderer Vorsicht und Rücksichtnahme nicht genauso getan hätten wie vor 2020.

Keiner recherchiert, wer den blutigen Medizinlaien am Kabinettstisch der Bundesregierung eigentlich all die apokalyptischen Infos und Lageanalysen gesteckt hat, die ihnen einen Notstandsaktionismus alternativlos erscheinen lassen; mit wie vielen und welchen Lobbyisten sie vor und während der Krise worüber gesprochen haben. Kaum einer traut sich, auch nur das schüchternste Fragezeichen hinter irgendeine Infektionsschutzmaßnahme zu setzen.


Keinen beschäftigt, ob es irgendwem nützen könnte, dass die Krise für möglichst große Massenpanik sorgt und sich in die Länge zieht. Keinen beschleicht das ungute Gefühl, dass er sich gerade instrumentalisieren lässt — als Handlanger in einem Thriller, dessen Story sich mit der Präzision eines Uhrwerks entfaltet, nach einem Drehbuch, das womöglich schon vor Wuhan geschrieben war. Und... und... und.

Kurzum, die sogenannte Vierte Gewalt gibt sich nicht weniger panikvirusinfiziert als die Staatsmacht, die sie doch eigentlich auf kritischer Distanz begleiten sollte. Stattdessen kommt sie ungefähr so kraftlos daher wie ein Muskeldystrophie-Kranker im fortgeschrittenen Stadium.

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mehr:
- Journalistisches Versagen (Tilo Gräser, Rubikon, 11.04.2020)
siehe auch:
Massenhypnose plus Katstrophen-News, Tag 71: Die Meldungen sind wichtiger als die Fakten (Post, 10.04.2020)
Holocaust-Tweet von Propagandakind Bana Alabed gelöscht (Post, 04.02.2020)
„Wenn man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur“ – Alexander Unzicker bei BUCHKOMPLIZEN (Post, 20.10.2019)
Feindbild Putin – Gebetsmühlen und Blinde Flecken (Post, 20.06.2019)
Foreign Policy: transatlantische Eliten mit Bedrohungsszenarien bei der Stange halten (Post, 21.03.2019)
Die Verbannung der Wahrheit (Post, 24.01.2019)
Die Propaganda-Fabrik (Post, 10.10.2018)
Desinformation: Der Spiegel lügt nicht! Er führt nur (???) in die Irre! (Post, 23.05.2019)
Unwort des Jahres: Lügenpresse (Post, 24.01.2016)
Medien: intellektuelle Korrumpierbarkeit in Konfliktzeiten (Post, 31.12.2002)
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