Freitag, 23. August 2019

»Unsere Werte« zu Zeiten von Gipfeltreffen – Frankreich schiebt kritischen Journalisten ab

Obwohl der freie Mitarbeiter von Radio Dreyeckland einen Prozess gegen seine erste Abschiebung gewonnen hat, wurde er wieder festgenommen und gefesselt im Flugzeug nach Stuttgart verfrachtet
Der freie Mitarbeiter von Radio Dreyeckland (RDL) in Freiburg ist nun zum zweiten Mal in Frankreich festgenommen und am späten Donnerstag auf einer fragwürdigen rechtlichen Basis nach Deutschland abgeschoben worden, wie er nun gegenüber Telepolis bestätigt hat.
Mit der willkürlichen Maßnahme hat das französische Innenministerium unter Christophe Castaner nun doch verhindert, dass Luc (vollständiger Name der Redaktion bekannt) sich am Gegengipfel im französisch-baskischen Hendaye und im spanisch baskischen Irun beteiligen und über den G7-Gipfel berichten kann, der am Samstag im Seebad Biarritz beginnen wird.
Der Freiburger wurde erneut fast 24 Stunden inhaftiert, nachdem er bei seiner Anreise festgenommen worden war, erklärte er gegenüber Telepolis. Der Kontakt zu ihm war in dieser Zeit unterbrochen, weshalb seine erneute Inhaftierung befürchtet werden musste. Die Recherchen des Autors dieses Beitrags bei französischen Behörden hatten deshalb am Donnerstag ergeben, dass er am Mittwoch gegen 22 Uhr in St. Jean de Luz festgenommen worden war ("BKA und Verfassungsschutz agieren als Gesinnungspolizei").
mehr:
- G7: Frankreich schiebt erneut kritischen Journalisten ab (Ralf Streck, Telepolis, 23.08.2019 – Zitat:)
Genau vor einer Woche hatte seine Anwältin Muriel Ruef das Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht in Paris gewonnen, wo ihm auch eine Entschädigung von 1000 Euro zugesprochen worden war. In dem Verfahren wurde der Anwältin auch angekündigt, dass es einen neuen ministeriellen Beschluss gäbe. Der Inhalt wurde ihr aber nicht eröffnet.

Die Versuche von Luc, bei den französischen Behörden Aufklärung darüber zu erhalten, ob er irgendwelchen Beschränkungen unterworfen ist, blieben erfolglos. So hat man es offensichtlich mit einem reinen Willkürakt zu tun.
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz von Macron und Putin am 19.8. wurde Putin von einem französischen Journalisten auch nach den Protesten in Moskau gefragt.
Darauf antwortete er u.a.:

"Wie wir wissen finden derartige Geschehnisse nicht nur in Russland statt. Ich bin zu Besuch und deshalb ist es mir unangenehm darüber zu sprechen, ich bin jedoch dazu gezwungen, da Sie mir solche Fragen stellen.
Wir wissen alle von den Ereignissen in Zusammenhang mit den sog. Gelbwesten, während denen nach unserer Zählung 11 Menschen umkamen und 2500 verletzt wurden ..."
Und so weiter.
[Live | French President Emmanuel Macron hosts Russia's Vladimir Putin for a visit, YouTube]
Anschließend äußerte sich der daneben sitzende Macron. Er beharrte auf einer Unterscheidung der Vorgänge in Russland und Frankreich, erwähnte in einem Nebensatz, dass natürlich in Frankreich Demonstranten und Polizisten verletzt worden seien und das war's.
[Halb-OT: apropos Repressionen in Frankreich, Kommentar DJ Holzbank zum Telepolis-Artikel, 23.08.2019 21:30 – Link von DJ Holzbank von mir zum Anklicken eingefügt – beachte auch die Kommantare! – Kursivsetzung von mir]
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Ein Rechtsstaat ist ein Staat, der einerseits allgemein verbindliches Recht schafft und andererseits seine eigenen Organe zur Ausübung der staatlichen Gewaltan das Recht bindet. 
Die verfassungsmäßige Bindung durch Recht und Gesetz legitimiert das Handeln einer RegierungGesetzgebung oder Verwaltung und schützt vor staatlicher Willkür. Das Prinzip des Rechtsstaats zielt damit auf Maßhaltung bei allem staatlichen Handeln ab, verhilft aber gleichzeitig dazu, im Rahmen der Verfassunggesetzte Staatsziele zu verwirklichen. Mit dieser Beschränkung eröffnet die Staatsverfassung dem Einzelnen die Freiheit, seinen durch die Grundrechtegarantierten Handlungsspielraum zu nutzen. Ziel dabei ist die Gewährleistung von Gerechtigkeit im Verhältnis der Bürger untereinander, weil sie sich unter einem allgemeinen Gesetz der Freiheit vereinen.
Von großer Bedeutung ist das Rechtsstaatsprinzip insofern, als es einen übergreifend wirksamen Staatsmodus zum Ausdruck bringt, denn das gesamte Handeln des Staates ist verbindlich daran gebunden. Zugrunde liegt damit das Primat des Rechts, dessen funktionale Einzelelemente die Rechtsbindungswirkung und der Gesetzesvorbehalt zum Ausdruck bringen. Da der Begriff des Rechtsstaates außer in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht genannt ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits in einer frühen Entscheidung bestimmt, dass die Rechtsstaatlichkeit aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes zu folgern ist. 
Rechtsstaatlichkeit ist eine der wichtigsten Forderungen an ein politisches Gemeinwesen und dient zusammen mit anderen Strukturierungen (z. B. dem Subsidiaritätsprinzip) einer Kultivierung der Demokratie.
[Rechtsstaat, Wikipedia, abgerufen am 24.08.2019] 
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siehe auch:
Steve Maia Caniço: Persilschein für die französische Polizei (Post, 10.08.2019)
Krieg reich gegen arm à la française: Die öffentliche Darstellung der Gelbwesten in den Medien (Post, 04.05.2019)
»Ich sehe Mistgabeln« – Menschen ohne Ansprechpartner (Post, 23.01.2019)
Immer noch G20: Die Verfolgung von Aktivisten (Post, 13.10.2018)
- Aufräumarbeiten nach dem G20-Gipfel: Was würde geschehen, wenn… (Post, 23.07.2017)


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