Die Psychologie betreffenden Posts habe ich in »Roths Psychoblog« eingestellt. Eine Liste der Musikvideos findet sich unter »Tornado’s Music Favourites« (siehe unter »Links«). Das Posten eines Videos schließt das Hinzufügen des Infotextes mit ein. (Ich bemühe mich, offensichtliche Werbung wegzulassen) Dieser gibt also nicht notwendigerweise meine Meinung wieder! Das verwendete Bild stammt aus Bob Dylan’s Video »Jokerman«. Ich speichere keine Daten!
Am 27. Januar 1973 schlossen die USA, Süd- und Nordvietnam sowie die Guerillaorganisation Vietcong ein Waffenstillstandsabkommen.
Es forderte die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und den Abzug sämtlicher amerikanischer Truppen binnen 60 Tagen, die Freilassung aller Kriegsgefangenen und die Anerkennung der entmilitarisierten Zone als provisorische Grenze. Für US-Präsident Richard Nixon bot sich damit die Gelegenheit, die seit 1965 aktiv an dem Krieg beteiligten US-Streitkräfte aus Vietnam abzuziehen, ohne das Gesicht zu verlieren.
Mahnmal für Vietnamveteranen in Washington, DC, 1984
Die letzten US-Truppen zogen heute vor 40 Jahren aus Vietnam ab. In dem verlustreichen Krieg wurden rund 200.000 südvietnamesische und 56.000 amerikanische Soldaten sowie 5000 Angehörige der SEATO-Verbände getötet, auf kommunistischer Seite forderte der Krieg 920.000 Soldatenleben. Darüber hinaus gab es erschreckend viele zivile Opfer: In Nordvietnam starben 350.000 Zivilisten, in Südvietnam 450.000. Getötet wurden sie vor allem durch die Flächenbombardements der US-Luftwaffe, die ganze Landstriche entvölkerten.
SEATO ■ South East Asia Treaty Organization (1955-1977) ■
Vertrag zwischen Australien, Frankreich (bis 1974), Großbritannien,
Neuseeland, Pakistan (bis 1972), den Philippinen, Thailand und den USA ■ garantierte im Fall eines bewaffneten Angriffs gegenseitige Verteidigungshilfe
Was verbot das »preußische Regulativ« von 1839? ■ Die Kinderarbeit in Fabriken ■ Den Verkauf von Grundbesitz an Nicht-Preußen ■ Das Waffentragen in der Öffentlichkeit
Als Josef Stalin 1953 starb, entbrannte im Kreml der Kampf um die Macht. Letztlich setzte sich Nikita Chruschtschow (1894-1971) durch; heute vor 55 Jahren, am 27. März 1958, wurde er Ministerpräsident der Sowjetunion.
Nikita Chruschtschow bei einer Ansprache auf dem 5. Parteitag der SED in Berlin, DDR, 1958
Bis dahin gab es eine kollektive Führung der KPdSU, da niemand über genug Autorität verfügte, allein die Nachfolge Stalins anzutreten. Chruschtschow erlangte den Posten eines Sekretärs im Zentralkomitee (ZK), zum Ministerpräsidenten und Ersten Parteisekretär avancierte Georgi Malenkow. Da dieser in Partei und Armee wenig Rückendeckung genoss, gelang es Chruschtschow, ihn aus seinen Ämtern zu verdrängen: Im September 1953 wählte das ZK Chruschtschow zum ersten Parteisekretär, Malenkow blieb nur noch Ministerpräsident. Und Chruschtschow baute seine Position stetig aus. So nutzte er Malenkows gescheiterte Wirtschaftsreformen, um ihn öffentlich anzugreifen. Im Februar 1955 trat Malenkow auch als Ministerpräsident zurück. Fortan teilten sich Chruschtschow und Nikolai Bulganin diesen Posten. Doch am 27. März 1958 stürzte der neue starke Mann auch Bulganin und übernahm das Amt des Ministerpräsidenten. Wie einst Stalin vereinte er nun das höchste Partei- und Staatsamt in einer Person. Was am 27. März noch geschah: 1955: In Ostberlin findet die erste Jugendweihe als sozialistisches Gegenstück zu Konfirmation und Firmung statt.
Angesichts der aktuellen postkapitalistischen Entwicklung hat sich der Ulmer Neuropsychiater Manfred Spitzer in seinem letzten Editorial der Zeitschrift Nervenheilkunde mit der Korrelation zwischen Stress und der Position in sozialen Hierarchien auseinandergesetzt.
Kaum also ist der Papst gewählt, überschlagen sich alle möglichen Leute, alles Mögliche für wichtig zu erklären und zu kommentieren. Immer wieder ist dabei von Erwartungen zu hören, von Hoffnungen, von schwierigen Aufgaben, von einem Übergangspapst, sogar von einer Übergangszeit. Sicher ist ein Faszinosum dieses Amtes des Stellvertreters Christi auf Erden die Konstanz in einer sich immer schneller verändernden Welt. Wenn Angela Merkel innerhalb weniger Wochen erst aus dem Atomausstieg aussteigt und dann wieder aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg aussteigt, und dies dann aber auch wiederum so, daß der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg rechtlich angreifbar ist und möglicherweise einer erneuten 180-Grad-Kehre eine Hintertür offen läßt, erzeugt dies zwangsläufig Desorientiertheit, und ich wage zu behaupten: auch bei ihr selbst. Rechtschreibreformen zum Beispiel oder neue Mitgliedschaften im Euro-Raum werden einfach durchgedrückt. Kriege werden angezettelt mit Begründungen, die kein normaler Mensch glauben mag. In schneller Folge werden immer neue Rettungsschirme aufgespannt. Die Wirtschaft galoppiert den Staaten davon, Börsengeschäfte werden vercomputerisiert im Millisekundentakt getätigt, ohne daß die Geldgeber oder Geldmanager die geringste Ahnung haben, was sie da eigentlich tun. Die Wirtschaftseliten verdienen prozentual immer mehr, während sie in immer ausgefeilteren Taktiken die Risiken ihres Handelns der Allgemeinheit aufbürden. Die gesamte deutsche Ärzteschaft muß neue Chipkartenlesegeräte anschaffen, ohne daß bis heute klar gesetzlich geregelt ist, was auf den zu lesenden Chipkarten gespeichert werden darf. (Dabei geht es mir nicht um die Ärzte! Es soll ein Beispiel dafür sein, wie intelligente Eliten zu unsinnigem Handeln gezwungen werden können.) Neue Technologien wie Nano-Technologie oder Gen-Technik (oder auch das Fracking) fallen über uns her, ohne daß der Staat dies – wie bei der Arzneimittelzulassung – erst einmal zu prüfen imstande oder auch nur gewillt ist. Die Liste ließe sich noch um einiges verlängern. Auf die immer selbstverständlicher werdende Pervertierung der Sprache möchte ich besonders hinweisen: Wenn in den 70ern aus der Putzfrau die Reinigungskraft wurde, hat man das ja noch schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Heute werden Arbeiter freigesetzt (= entlassen), oder bei Stuttgart 21 ergibt sich eine milliardenschwere Negativverzinsung (= Schulden), politisches Handeln wird in der Ära Merkel immer öfter als »alternativlos« abgeblockt. All dies erzeugt Verunsicherung. Jede Desorientiertheit und Verunsicherung erzeugt einen Bedarf nach Sicherheit und Orientierung, nach Erklärungen, Deutungssystemen und Handlungsrichtlinien. Verunsicherungen hat es schon immer gegeben. Oben habe ich Gründe für unsere heutigen Verunsicherungen aufgeführt. ================= Jedes gewollte Einwirken auf eine menschliche Seele hat nach ethischen Maßstäben zu erfolgen. Jedes Einwirken auf die Seele erzeugt ein Gefälle, Macht und Abhängigkeit. Das kann hilfreich sein. Ein Gips nach einem Beinbruch schafft Stabilität und Funktionsfähigkeit, die der verletzte Körper eine gewisse Zeit lang nicht selbst herzustellen vermag. Zu einer meiner grundlegenden Aufgaben als Psychotherapeut gehört es, mich überflüssig zu machen. Freiheit für die Seelen, mit denen ich arbeite, ist oberstes Gebot und ist praktisch gelebte Aufklärung. Aufklärung – nach Kant – »ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.« 1. Die Charakterisierung »selbst verschuldet« ist aus psychologischer Sicht unzutreffend und der Zeit, in der Kant diesen Satz sprach und seiner mangelnden Kenntnis psychodynamischer Zusammenhänge geschuldet. Ich gehe an dieser Stelle nicht weiter darauf ein. 2. Die Abhängigkeit der Funktion des Verstandes von dem emotionalen Binnenraum, in welchem der Verstand existiert, läßt Kant außer acht. An diesem Punkt treten »Seelenarbeiter« auf den Plan. Ob man sie Guru, Meister, Lehrer, Oberhaupt, Psychotherapeut, Pfarrer, Schamane, Philosoph oder auch »Ozean der Weisheit« (freie Übersetzung des Titels Dalai Lama) nennen mag, sie alle versuchen, mit Erklärungsmodellen, Deutungen und Bewußtmachung zu arbeiten. Sie alle versuchen – angeblich – Menschen zu helfen. (An dieser Stelle verzichte ich auch auf Überlegungen, was helfen eigentlich bedeutet.) Für mich bedeutet Arbeit mit der menschlichen Seele vor allem die Verantwortung dafür, meinem Gegenüber Instrumente an die Hand zu geben, um aus seiner Leidenssituation herauszukommen – falls er es denn auch will. Ich bin ganz sicher, daß viele Seelenarbeiter kein Interesse daran haben, Menschen zur Freiheit zu verhelfen. Und ich bin ganz sicher: viele Patienten, die durch meine Hände gegangen sind, haben kein Interesse daran, etwas zu verändern. Unter uns Psychotherapeuten ist ganz klar: Dort, wo finanzielle oder Machtinteressen in der Beziehung zwischen »Seelenklempner« und Leidendem eine Rolle spielen, ist der therapeutische Prozeß gefährdet. Der therapeutische Prozeß ist ausgerichtet auf Kants Ziel der Aufklärung, nämlich, daß sich der Mensch seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen vermag. Dafür hat Arbeit an der Seele – im beschriebenen Fall Psychotherapie – die Voraussetzungen zu schaffen: ein seelisches bzw. emotionales Umfeld, welches die Verwendung des Verstandes – und das heißt auch Denken in alle Richtungen – ermöglicht. Wenn ich einem Kleinkind die Hand reiche, ist das Teil eines Prozesses, der zum Ziel hat, daß das Kind selbst gehen kann. Ist das nicht der Fall, hat dieser Prozeß nicht dieses Ziel, ist diese »Hilfe« dysfunktional (wie wir heute so schön sagen). Ziel muß immer Autarkie sein. Wenn Hilfe keine Hilfe zur Autarkie ist, ist sie keine Hilfe. Manchmal ist Hilfe notwendig und oft bedeutet diese Hilfe die Auslieferung an den Helfenden (wie bei einer Operation). Aber es muß wohl nicht weiter ausgeführt werden, daß das Ziel Helfenden immer die Autarkie des Leidenden zum Ziel zu haben hat. Das ist der ethische Maßstab. Bei dysfunktionaler Hilfe muß nach unbewußten Interessen geforscht werden, die dem intendierten Prozeß der Autarkiegewinnung zuwiderlaufen. Dysfunktionale Hilfe muß immer nach den – bewußten oder unbewußten – Intentionen von Helfendem und Leidenden fragen. Wenn ich eine schlechtgehende Praxis habe, habe ich natürlich ein Interesse daran einen Patienten noch 10 oder 20 Stunden länger in Therapie zu halten. Das mag ja noch angehen. Aber wenn im Umgang mit dem Leidenden von Seiten des Helfers eine längere oder teure Abhängigkeit hergestellt oder perpetuiert wird, ist dies nicht in Ordnung, jedenfalls nicht in der Psychotherapie. Eine Ausnahme gibt es, und die wird gleich noch wichtig werden: angeborene oder nicht korrigierbare Schäden. Meine Kurzsichtigkeit zum Beispiel wird mich bis zu meinem Tod begleiten, und ich werde immer auf entsprechende Sehhilfen angewiesen sein. Natürlich sind die Grenzen fließend. Es gibt Analysen, die 10 Jahre dauern (Freud, Die endliche und die unendliche Analyse) und die ihre Berechtigung haben (vor allem, wenn es sich um sogenannte Frühstörungen handelt). Und ich glaube, Woody Allen war sein Leben lang in Therapie (das weiß ich aber nicht sicher). Damit es jetzt nicht zu kompliziert wird, komme ich von der anderen Seite und behaupte: Es gibt Helfer, die ein Interesse daran haben – bewußt oder unbewußt –, den Leidenden in Abhängigkeit zu halten. Und es gibt Leidende, die – bewußt oder unbewußt – ein nur begrenztes Interesse daran haben, autark zu werden. Abhängigkeit kann ein Gefühl von Orientierung und Sicherheit schaffen. ================= Meine Behauptung lautet nun: Religionen verwenden Deutungs- bzw. Interpretationskonstrukte, die leidende Menschen in Abhängigkeit halten. An diesem Punkt könnte man lange über den Begriff des Leidens debattieren, das erspare ich allen Beteiligten. Worum es mir geht, ist folgendes: Das Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit auf der einen und das Bedürfnis nach Macht auf der anderen Seite (welche Form diese Macht auch immer annehmen mag) erhält religiöse Strukturen aufrecht. Der nach Orientierung Suchende und der Orientierung Gebende bedingen sich gegenseitig. Derjenige, der nicht allein gehen will auf der einen und derjenige, der die bedürftige Hand nicht loslassen möchte, gehen eine Symbiose ein, die nicht auf Autarkie sondern auf Aufrechterhaltung der Unmündigkeit ausgerichtet ist. Nun gibt es symbiotische Deutungssysteme, die gesellschaftlich akzeptiert sind, andere sind es nicht. In den USA soll es mehrere hunderttausend Menschen geben, die Elvis Presley für die Wiedergeburt von Jesus Christus halten. Ich kann mir vorstellen, daß es da viele drunter gibt die glücklicher und zufriedener sind als diejenigen Priester, die sich an kleinen Jungs oder Mädchen vergangen haben. (Übrigens sollte ja auch Krishnamurti als Wiedergeburt von Jesus ausgerufen werden. Der arme Jesus!) Ich wäre gespannt zu erfahren, was geschehen würde, würde ein Jesus-Presley-Anhänger in einem Jesus-Presley-Kindergarten, kleine Kinder sexuell mißbrauchen… Jedes lebendige System ist zuallererst auf Selbsterhaltung ausgerichtet. Somit sind auch alle religiösen Organisationen vor allem auf Selbsterhaltung ausgerichtet. Was würde ich als Psychotherapeut machen, wenn sämtliche Frühgestörten und Neurotiker an Ostern plötzlich gesund wären? (Darüber müßte ich wirklich mal nachdenken…) Somit muß davon ausgegangen werden, daß alle Religionen eine Form von Symbiose darstellen: der Handel mit Sicherheit vermittelnden Deutungssystemen auf der einen und der Bedarf nach Orientierung auf der anderen Seite bedingen und erhalten sich gegenseitig. Und deshalb ist der Papst so wichtig. (Das erinnert mich an die Geschichte eines skandinavischen Nobelpreisträgers, der über der Tür zu seinem Labor einen Mistelzweig hängen hatte. Ein Journalist fragte ihn, ob er abergläubisch sein. Der Wissenschaftlicher antwortete: »Natürlich nicht. Aber man hat mir glaubhaft versichert, daß der Mistelzweig auch bei denen wirkt, die nicht dran glauben.«) Es spielt keine Rolle, ob wir an ihn oder das durch ihn vermittelte Deutungssystem glauben. Wichtig ist, daß wir den Papst wichtig finden, und sei es auch nur als abzulehnende Person. Auch dann ist er wie der Polarstern Orientierungspunkt. Die Macht, die der Papst hat, wird ihm von den Gläubigen gegeben. Aber nicht nur: sie wird ihm auch von denen gegeben, die sich an ihm reiben. Ob zum Geschlechtsverkehr nur die dafür vorgesehenen Körperöffnungen verwendet werden sollen (der Dalai Lama in einem Buch um 1960 herum, der Titel ist mir nicht mehr erinnerlich – zum Thema: Die buddhistische Sexual-Ethik überdenken, Tibetischer Buddhismus im Westen) oder Homosexuelle keine voll entwickelten Menschen sind (Benedikt XVI., wer übrigens einen voll entwickelten Menschen kennt, kann mich Tag und Nacht anrufen), hier erheben sich Menschen – welchen überhöhenden Titel sie auch immer tragen mögen – und die zu ihnen gehörenden Weltinterpretationssysteme zu Richtern, die im Besitz allgemeingültiger Wertesysteme zu sein behaupten. Ich glaube, daß es allgemeingültige Wertesysteme gibt, aber es ist sicher, daß diese begrenzt sind. Letztendlich muß jeder auf eigenen Beinen stehen. Die Papst-Hype – und da nehme ich mich gar nicht aus – benötigt Rezeptoren in der Seele, um andocken zu können (wie ein Virus). Es ist ergreifend, wie Menschen in Entzückung geraten, wenn der weiße Rauch aus der Konklave aufsteigt oder Tränen in die Augen kriegen, wenn Benedikt zum letzten Mal in den Hubschrauber steigt. Tiefe menschliche Gefühle sind ergreifend. Trotzdem: Die Macht haben diese Institutionen und Menschen von uns. Wir geben sie ihnen, weil wir hoffen, daß sie uns Orientierung vermitteln, wo wir selbst keine haben oder sie nicht zu haben glauben. Wir projizieren auf diese Systeme und deren Repräsentanten Idealbilder, denen wir nicht gerecht werden können. Und diese Institutionen erzeugen wiederum Idealbilder, denen wir nicht gerecht werden können. (Wer erinnert sich noch an den Aufruhr, als der Film »Die letzte Versuchung Christi« in die Kinos kam: ein Jesus mit Geschlechtsverkehr! Man stelle sich vor, jemand zeige Jesus beim Onanieren, oh Gott!) Vielleicht ist unsere Unsicherheit angeboren. Möglicherweise gehört sie zu unserer Existenz. Vielleicht gibt es letztlich nichts, was ein konstantes und stabiles Gefühl von Sicherheit schaffen kann. Ich bezweifle nicht, daß Immanuel Kant auch Angst hatte. Was macht man, wenn man sich instabil oder orientierungslos fühlt? Es sind Gefühle, die auftreten und eine zeitlang da sind – für manche Menschen auch ziemlich lange. (Möglicherweise sind ja auch nicht die Gefühle von Desorientierheit und Verunsicherung das Problem sondern unsere verzweifelten Bemühungen, solchen Gefühle aus dem Weg zu gehen.) Du mußt nur lange genug meditieren, auf dem Kopf stehen, Sexualität vermeiden oder Mantras singen, dann erschrickst Du nicht mehr, wenn die Steuernachzahlung kommt oder Deine Frau fremdgeht. Wenn Du Dich nur bewußtseinsmäßig hoch genug entwickelst, geht Dir alles am Arsch vorbei. Das nennen wir dann Erleuchtung oder endgültige Befreiung. 14. Wiedergeburt (wie bei Karmapa oder dem Dalai Lama) oder Operating Thetan VIII (Tom Cruise hat bei den Scientologen angeblich Stufe VII). Und auf diese Personen projizieren wir all das, was uns an uns unvollkommen erscheint. (Ich selbst mußte Anfang der 80er ziemlich lange nachdenken, als ich hörte, Bhagwan habe beim Zurücksetzen seines Rolls Royce einen Mülleimer umgefahren. Und ein Journalist fragte ihn, als die ganze Sheela-Bande in die Wüste geschickt worden war, wieso er als Erleuchteter denn nicht wußte, daß sein Telefon angezapft worden war.) Überhöhung ist ein wichtiges Element von Religion. Sei es, daß Jesus übers Wasser wandelte, Maria »unbefleckt« empfing, irgendwelche Heiligen irgendwelche Wunder vollbringen: Wenn wir nur intensiv genug glauben, lange genug üben, dann sind wir genauso großartig wie diese Menschen. Bis dahin aber haben wir Angst, daß uns der Chef rausschmeißt, daß wir an Weihnachten nicht die erhoffte Gehaltserhöhung kriegen, haben Schweißfüße, und in manchen Momenten rutscht uns ein Furz raus. Wäre Jesus, Krishnamurti, Bhagwan, Karmapa oder wem von diesen göttlichen Personen auch immer natürlich nicht passiert: 14. Wiedergeburt und geil? Naja, der Dalai Lama hat es publikumswirksam bei Alfred Biolek mal zugegeben. Und wenn sich der Papst (Johannes Paul II.) für eventuelle Fehler bei seinem Italienisch entschuldigt, sind die Menschen hellauf begeistert! Wie menschlich diese göttlichen Figuren doch sind, und sie geben es auch noch zu! Und aus dieser Tatsache leitet sich die Berechtigung von Religionen ab, welche auch immer das sein mag. Ob ich von dem Affengott Hanuman, dem Elefantengott Ganesh, der heiligen Dreifaltigkeit, der Auferstehung, Dharma, Nirvana, der Heiligen Mutter Erde oder Gaja spreche: wir sollten versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen und akzeptieren, daß wir manchmal einen Gips benötigen. Aber es wäre unangemessen, sich vor dem Gips niederzuwerfen und ihn anzubeten. Die Begegnung mit dem Göttlichen ist die Wiederholung der frühkindlichen Beziehung zu den allmächtigen Eltern (vor allem der Mutter). Diese mußten uns damals allmächtig und göttlich erscheinen. (Welches Erklärungsmodell hat denn ein Kleinkind?) Tiefe religiöse Gefühle können sehr gesund sein (Stichwort: Regression im Dienste des Ich). Aber wie Moses auf dem Berg den Weg zum Heiligen Land gewiesen bekam und danach im Tal marschieren mußte: das Leben wird im Alltag gelebt! Wir sind diejenigen, die darüber entscheiden, was gut für uns ist und was nicht. Und wir müssen die Verantwortung dafür übernehmen, wie wir unser Leben leben. Jeder Einzelne muß entscheiden, welche Löcher er beim Geschlechtsverkehr benutzt und ob er auch bumst, wenn er nur Spaß dran haben will. (Wie sollen sich eigentlich katholische Frauen nach der Menopause verhalten?) Ich halte es nicht für gesund, wenn jemand längere Zeit nach außen schaut, um Informationen darüber zu bekommen, wie er zu leben hat. Die Antworten liegen in uns. Ich lese grad die Schlagzeile: »Franziskus’ erste Messe: ›Wer nicht zu Gott betet, betet zum Teufel.‹« (die Welt, 15.03.2013) Soll ich mich jetzt erschrecken oder freuen oder ärgern, den Artikel lesen oder einfach mit dem Schreiben aufhören, weil alles gesagt ist und nachhause gehen?
Er hält musikalische Rekorde über Rekorde: Grammys, verkaufte Platten etc. pp. Dabei hat Quincy Jones nie seine Seele verkauft. Nun wird der musikalische Allrounder 80 Jahre.
Freude, Vergnügen, Entzücken, Lust, Wohlgefallen, Wonne, Glück – all diese Zustände beschreibt das englische Wort "Delight". Da müssen die Eltern von Quincy Jones schon irgendwas geahnt haben, als sie ihrem Sohn diesen zweiten Vornamen gaben: Delight. Am 14. März 1933 erblickt Quincy Delight Jones Jr. n Chicago das Licht der Welt. Dieser Quincy Delight Jones jr. versteht sich nicht nur auf Freude, Vergnügen und Entzücken, er versteht sich auf den Blues und den Bossa Nova, auf Jazz und Pop, auf Afrikanisches und sogar auf HipHop.
"Das Letzte, was von unserem Planeten verschwinden wird, sind Wasser und Musik."
Ich habe keine Ahnung, wie man auf so eine Melodie und auf einen solchen Sound kommt… Der Sound wurde in den Austin-Powers-Filmen verwendet
Quincy Jones, Ray Charles & Chaka Khan - I'll Be Good To You
[4:06]
Hochgeladen am 14.04.2010
Great track from the Quincy Jones album "Back on the Block" released in 1989. Performed by Ray Charles and Chaka Khan. (clip produced by Pfunk... with a HIGH quality in sound (bitrate:224) / quality video: svcd - www.pfunk.nl)
Er war auch maßgeblich am Erfolg von Michael Jackson beteiligt:
How To Make Sonic Sound, Quincy Jones, Recording Engineer Skills
[10:00]
Hochgeladen am 30.07.2009
How did Thriller become the greatest selling album of all time? The secrets revealed in this documentary.
Er hat auch gecovert: Quincy Jones Ai No Corrida
[2:54]
Veröffentlicht am 01.03.2012
QUINCY JONES - THE SECRET GARDEN (LIVE SOUL TRAIN AWARDS) 1991
[6:04]
Quincy Jones - Just Once
[4:33]
Veröffentlicht am 18.06.2014 The Dude
Quincy Jones "Walking In Space" (long version)
[10:00]
Hochgeladen am 13.06.2009
The title track from the album "Walking In Space"
1969
Call Me Mr Tibbs! - Quincy Jones
[4:34]
Hochgeladen am 05.09.2009
Film score of the sequel to 'In the Heat of the Night' starring Sidney Poitier.
Composed and conducted by Quincy Jones.
United Artists Records
Date Recorded: 1970
SOUNDTRACK: Quincy Jones - Money Runner (Le Coup)
[3:07]
Veröffentlicht am 01.04.2012
Artist: Quincy Jones
Title: Money Runner
Year: 1972
Quincy Jones Big Band In Germany 1960
[27:06]
Veröffentlicht am 13.11.2012
Lehrern, die ab 1925 gegen den »Butler Act« verstoßen, drohen Geldstrafen zwischen 100 und 500 Dollar. Nicht alle Teile von DarwinsEvolutionstheorie sind betroffen. Strafbar machen sich die Lehrer immer dann, wenn sie bezweifeln, dass der Mensch von Gott geschaffen wurde.
Im »Affenprozeß« wurde 1925 der Lehrer John Thomas Scopes zu 100$ Strafe verurteilt, weil er die Evolutionstheorie gelehrt hatte. (Verfilmung: »Wer den Wind sät«)
Unter Hinweis auf den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten wurde nach der Beschwerde eines Lehrers der Butler Act im Jahr 1967 aufgehoben.
In den USA gibt es unter dem Stichwort »Intelligent Design« auch heute noch immer wieder durch Kreationisten angestoßene Diskussionen um die Stichhaltigkeit der Evolutionstheorie bis hin zu von Wissenschaftlern vorgetragene Überzeugungen, die Erde sei nur 6.000 Jahre alt.
In den USA ist man anscheinend wählbar, wenn man nicht an die Evolutionstheorie glaubt. Da lob’ ich mir doch unser gutes, altmodisches Europa.
Es ist eine ausgezeichnete Show: Vatikan sucht den Superstar nachdem Wir zurückgetreten sind. Adieu Vatikan! Und alle machen mit: Frauen ins Priesteramt? Mißbrauchs- und Vertuschungsvorwürfe! Wie wird der neue Papst das alles handeln? Wer ist der Mann, an dem wir uns in wenigen Tagen reiben können? Wann hat er in den letzten sechzig oder siebzig Jahren was gesagt oder getan? Welche Leichen hat er im Keller, die wir uns natürlich sofort aufmachen werden zu suchen. Wie können wir ihn aus der Fassung bringen, welche Äußerung können wir mißverstehen und in in Erklärungsnöte bringen?
Auf zum nächsten Rumble in the Vatikan, the show must go on! Und nervt er uns ständig mit seinen altbackenen Sprüchen, wenigstens können wir zu ihm aufsehen und an seinem Podest sägen! 1,2 Milliarden Fliegen können nicht irren, die Erde ist eine Scheibe, der Papst der Stellvertreter Gottes auf Erden, und zum Geschlechtsverkehr sollten nur die dafür vorgesehenen Körperöffnungen verwendet werden. (Oh, Entschuldigung, das hat mal der Dalai Lama geschrieben, nicht so publikumswirksam, deshalb würde er das heute auch nie mehr von sich geben. Bei den ganzen gottgleichen Herrlichkeiten werde ich ganz durcheinander.)
Also: uns allen viel Freude mit dem neuen alten Herrn. Auf daß wir glücklich zu ihm aufblicken oder uns über ihn aufregen können, je nach Geschmack!
(Eine Karikatur von Burkhard Fritsche, gefunden auf SPIEGEL Online)
Heute und an den beiden folgenden Dienstagabenden laufen die Verfilmungen der Millenium-Trilogie von Stieg Larsson um 22 Uhr auf ZDF neo. Heute abend läuft der zweite Teil von »Verdammnis«, der erste Teil findet sich noch auf der Mediathek des ZDF
Lisbeth Salander, eindrucksvoll gespielt von Noomi Rapace; dieses und weitere Bilder finden sich auf cinema.de
Das preußische Regulativ zur Regelung der Kinderarbeit
Kinderarbeit in einer Fabrik (USA, 1908). Aus Wikipedia
»1. Vor zurückgelegtem neunten Lebensjahr darf niemand in einer Fabrik oder bei Berg-, Hütten- und Pochwerken zu einer regelmäßigen Beschäftigung angenommen werden…
3. Junge Leute, welche das 16. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, dürfen in diesen Anstalten nicht über zehn Stunden täglich beschäftigt werden.«
Kinderarbeit in Deutschland im 19. Jahrhundert (Lit.: Cantauw-Groschek u. Tenschert), aus Wikipedia
So lauteten die wichtigsten Bestimmungen des preußischen »Regulativs über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken«. Dabei sorgte sich die Obrigkeit in erster Linie nicht etwa um das Wohlergehen der Kinder, sondern um deren Tauglichkeit für den Dienst an der Waffe. Die lange, schwere Arbeit unter unsäglichen Bedingungen nahm die Kinder nämlich derart mit, dass die Militärs fürchteten,
sie könnten keine guten Soldaten mehr abgeben. Die Kinder schufteten wie die Erwachsenen, erhielten aber nur einen Bruchteil von deren Lohn. Dennoch waren viele Familien auf die Lohnarbeit der Kinder angewiesen. Die Unternehmer wiederum nutzten die billige Arbeitskraft der Kinder, um auch die Löhne für die Erwachsenen zu drücken.
Kinderarbeit in einer optischen Fabrik (um 1870) Die geschlechterspezifische Arbeitsteilung in den untersten Schichten der Arbeiterklasse wird in diesem Holzschnitt gezeigt, der auf einer Zeichnung von L. Bechstein basiert. (Quelle: German History Docs)
Alvin Lee ist tot, verstorben am 6. März an den Komplikationen nach einem Routineeingriff. Er wurde 68 Jahre alt. Der ehemalige Frontman von Ten Years After war einer der besten Gitarristen, die die Rockmusik je hervorgebracht hat. mehr:
- R.I.P. Alvin Lee (Der Lindwurm, 06.03.2013)
Woodstock - Ten Years After - I'm Going Home(Live)
[11:23]
Veröffentlicht am 18.07.2012
Ten Years After - I'm Going Home(Live) Woodstock (August 17th 1969) Band members: Alvin Lee -- guitar, vocals, Leo Lyons -- bass, Ric Lee -- drums, Chick Churchill -- organ
Als Ende Februar 1943 die bis dahin verschonten Berliner Juden deportiert werden sollten, wurden in der »Fabrikaktion« 8000 Menschen verhaftet. Viele von ihnen arbeiteten in den Berliner Rüstungsbetrieben. Darunter waren auch etwa 2000 Betroffene aus sogenannten privilegierten Mischehen, die zur weiteren Überprüfung in ein Gestapo-Gebäude in der Rosenstraße verbracht wurden. Ihr Aufenthaltsort sprach sich schnell unter den »arischen« Angehörigen herum.
Vor dem Gebäude versammelten sich bald über 200 Frauen, die lautstark die Herausgabe ihrer Männer und Familienmitglieder forderten. Am 4. März reagierte die SS zunächst wie gewöhnlich und ließ Gewehre auf die Menge richten. Unbeeindruckt protestierten die Frauen weiter und wichen nicht, bis die Verhafteten heute vor
70 jahren, am 6. März 1943, freigelassen wurden. Es spricht zwar manches dafür, dass die Verhafteten nicht zur Deportation bestimmt waren, trotzdem war diese größte spontane Demonstration der NS-Zeit ein Beleg dafür, dass Widerstand im Dritten Reich möglich war und auch erfolgreich sein konnte. Tagebucheintragungen von joseph Goebbels belegen, dass der Widerstand die NS-Führung nervös gemacht hatte. Was am 6. März noch geschah: 1957:Ghana erklärt seine Unabhängigkeit.
Der Demokrat Franklin Delano Roosevelt legt in Washington vor dem Obersten Bundesrichter den Amtseid als 32. Präsident der USA ab. Mit dem »New Deal«, einem breitangelegten Sozialprogramm, will er die schwere Wirtschaftskrise des Landes eindämmen.
In Österreich kommt es aufgrund einer verfahrenstechnischen Unachtsamkeit zur Beschlussunfähigkeit des Nationalrats, die der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß für einen Staatsstreich nutzt, indem er diese als „Selbstausschaltung des Parlaments“ bezeichnet. Die Zeit des Austrofaschismus beginnt.
Ratingagenturen üben eine enorme Macht über Staaten und Unternehmen aus. Aber wem gehören sie eigentlich? Werner Rügemer deckt schockierende Verflechtungen in ihren Eigentumsstrukturen auf.
Jeder wird einsehen, dass der Schiedsrichter eines Spiels nicht zum Personal einer der beiden Mannschaften gehören sollte. Es gibt aber ein Spielfeld, auf dem dieses Prinzip offenbar nicht oder nur eingeschränkt gilt: das der großen Rating-Agenturen. Die drei Weltmarktführer Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch haben sich in der Finanzkrise nicht mit Ruhm bekleckert. Weil sie Lehman Brothers noch kurz vor seinem Untergang beste Noten gaben und marode Immobilienkredite, die teils unter ihrer eigenen Mithilfe entstanden waren, hoch bewerteten, rechnet man sie zu den Krisenfaktoren.
Immer wieder hagelte es Kritik, von Reformen bis hin zum Verbot war die Rede. Doch es geschah nicht viel. Alle drei florieren. Die eigene Leistung sah man offenbar in hellerem Licht und erhöhte nach der Krise kräftig die Gebühren. Wie konnte die Flucht aus der Verantwortung gelingen? Es liegt daran, dass die mächtigen Kontrolleure des Finanzmarkts ihre Macht weitgehend unkontrolliert ausüben. Ihre für objektiv erklärten Urteile über die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten geben sie als unverbindliche Meinungsäußerung aus, für die sie keinerlei Haftung übernehmen. Als sei das, was Staaten in Krisen und Regierungen in Handlungsnot stürzen kann, nur eben so dahingesagt.
Dieser Flucht in die Unverbindlichkeit steht auch entgegen, dass die Ratings fest in den Regelwerken des Finanzmarkts verankert sind und faktische Verbindlichkeit haben. Wie hätten die Agenturen sonst mit ihren Ratings über Krisenstaaten die europäische Politik vor sich hertreiben können? Amerikanische Regierung und Justiz schlossen sich jedoch der Sicht der Agenturen an und schonten sie mit dem Verweis auf die Meinungsfreiheit. Andere Nationen folgten. Fast alle Klagen scheiterten. Was ist der tiefere Grund dieser pfleglichen Behandlung?
mehr: - WERNER RÜGEMER: RATING-AGENTUREN: Der Richter und sein Banker (Buchbesprechung, Thomas Thiel, FAZ, 04.03.2013) ==========
Der Publizist Werner Rügemer hat auf der Grundlage des Verlaufs bisheriger ÖPP-Projekte und Recherchen vor Ort eine „Spur des Scheiterns“ diagnostiziert. Verschiedene Formen des Scheiterns seien festzustellen:
Der Investor geht bereits in den ersten Jahren in die Insolvenz, die öffentliche Hand muss die Verpflichtungen des Investors übernehmen und mit Verlust neu beginnen, so beim Freizeit- und Badepark der Stadt Leimen in Baden-Württemberg und bei zahlreichen weiteren Bäderprojekten wie der Keitum-Therme auf Sylt.[34]
Der Investor steigert durch Nachforderungen die Miete weit über die anfangs vereinbarte Höhe, so etwa bei den 90 Schulen des Landkreises Offenbach und bei der Hamburger Elbphilharmonie.[35]
Beim Warnow-Tunnel in Rostock und beim Trave-Tunnel in Lübeck erwies sich die Kalkulation der InvestorenHochtief, Bilfinger Berger und Bouygues als geschönt; deshalb wurden die Laufzeiten der Verträge von 30 auf 40 bzw. 50 Jahre erhöht, sodass Einwohner und andere Autofahrer länger Maut zahlen müssen und das Eigentum an den Tunnels erst später als vereinbart an die Kommunen übergeht.[36]
Schließlich scheitern Projekte, weil der Investor seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen kann, so etwa beim Projekt des digitalen Bürgerportals, das die Stadt Würzburg mit der Bertelsmann-Tochterfirma Arvato vereinbart hatte „Würzburg integriert!“.[37]
Diese vielfältigen Formen des Scheiterns führt Rügemer auf Strukturelemente des ÖPP-Verfahrens zurück: Geheimhaltung der Verträge, private Schiedsgerichtsbarkeit, Forfaitierung mit Einredeverzicht (Verkauf der Mietforderungen an eine Bank), hohe Transaktions- und Beraterkosten, Zugehörigkeit der einschlägigen Berater zur organisierten ÖPP-Lobby, Alleinbestimmungsrecht des Investors bei den Subunternehmen u. a. Auch in Wirtschaftskreisen wird ÖPP inzwischen heftig kritisiert: „Bei ÖPP verdienen Konzerne, Banken und Berater das große Geld. Gemeinsam mit der öffentlichen Hand haben sie ein intransparentes System geschaffen ‒ zulasten von Mittelstand und Steuerzahlern.“[38]
[…] Entbettung der Wirtschaft: Die Wirtschaft ist
heute weniger eingebettet in soziale Normen, in kulturelle Vorstellungen und
verletzt sogar vielfach die kulturellen Werte, an die wir uns gleichzeitig doch
auch gebunden fühlen.
[…]
Diejenigen, die in der Vermögenshierarchie an der
Spitze stehen, die verdanken ihr Vermögen und ihren Reichtum häufig
leistungslosen Quellen. Sie erzielen häufig Gewinne, ohne daß sie für diese
Gewinne Risiken eingehen müssen, […] daß an der Spitze der Hierarchie eine
Klasse stehen kann, die nicht durch Leistung und nicht durch Risiko tatsächlich
auch in ihrem Handeln bestimmt ist.
[…]
Der heutige, durch die Finanzmärkte getriebene moderne
Kapitalismus im Wesentlichen eine Form der Reichtumsproduktion in den
Oberklassen hervorbringt, die nicht durch eine risikohaltige
Unternehmertätigkeit hervorgebracht wird und auch nicht durch
Erwerbsleistungen, sondern hervorgebracht wird durch Vermögensgewinne, die ohne
Leistungen zustande kommen, bzw. durch Erträge, die sich auf das
Leistungsprinzip nicht mehr zurückführen lassen und auch in der Öffentlichkeit
durch eine Verletzung des Leistungsgedankens empfunden werden.
[…]
Wir haben heute mit einer Führungsschicht zu tun,
die, jedenfalls wenn wir über die Finanzmärkte sprechen – nicht über alle
anderen wirtschaftlichen Gebiete –, dann haben wir mit einer Führungsschicht zu
tun, mit einer Eigentümerklasse, die ihre Gewinne ohne Risiko erzielt, weil das
Risiko, etwa der finanziellen Spekulation, Dritte tragen, die Allgemeinheit,
die Staaten, die Rettungsprogramme. Und das ist schon eine Verletzung der
Vorstellung dessen, was der Kapitalismus als eine Art von Wertordnung immer
auch als Rechtfertigung von Gewinnen verstanden hat. Und hohe Gewinne sollten
gerechtfertigt sein, wenn dieser Gewinnerzielung auch das Risiko entspricht im
Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags, die Verluste tragen zu müssen.
[…]
In den meisten Berufen […] ist es heute so, daß viel
größere Leistungen erwartet und verlangt werden, als das in früheren Zeiten der
Fall gewesen ist. Nur: mit der Leistungserbringung, die man von den Menschen
erwartet, verbindet sich nicht mehr das Versprechen der modernen Gesellschaft, nämlich,
daß Leistungen Wohlstand begründen und Leistungen sozialen Aufstieg
hervorbringen können.
[…]
Auf der anderen Seite kommen die Erträge der
wirtschaftlichen Führungsgruppen, insbesondere auf den Finanzmärkten, durch
Prozesse zustande, die auf Leistungen nicht mehr zurückzuführen sind. Und diese
beiden Faktoren gemeinsam, daß oben nicht mehr gilt – das Leistungsprinzip –,
was unten aber verstärkt gefordert wird, ohne daß man dafür aber auch einen
entsprechenden Lohn erhält, das irritiert die Menschen…
[…]
Wir haben Entwicklungen […], die bemerkenswert sind.
Wir müssen und das einmal vorstellen:
1989, und wir sprechen über die Regierungszeit Kohl,
das heiß: es war keine radikal sozialdemokratische oder sozialistische
Regierung an der Macht. 1989 betrug das Durchschnittseinkommen der
DAX-Vorstände, der Vorstände der deutschen DAX-Unternehmen, 500.000 D-Mark. Im
Jahre 2010 ist das Durchschnittseinkommen der Vorstände der DAX-Unternehmen auf
6 Millionen Euro gewachsen. Das Verhältnis zwischen den Vorstandsgehältern deutscher
Aktiengesellschaften zu den Durchschnittsgehältern wiederum der Beschäftigten
bei diesen Aktiengesellschaften lag in früheren Zeiten – noch Anfang 1990 – bei
20 : 1. Heute geht das bis 200 : 1. Und das geschieht in einer Zeit von
ungefähr 20 Jahren.
[…]
Es ist in den beiden letzten Jahrzehnten häufig genug
so gewesen, daß sich die Politik sich so verstanden hat, der Wirtschaft, wie es
dann hieß, günstige Investitionsbedingungen zu verschaffen. Dazu gehörten auch
die Deckelung […] der Arbeitnehmereinkommen. Das gehörte mit zu dem Konzept des
sogenannten Wettbewerbsstaates, das wir in den letzten zwei Jahrzehnten erlebt
haben. Und dieser Staat und die Politik, die diesen Staat bestimmt, ist im
Wesentlichen damit befaßt gewesen, in der Konkurrenz unterschiedlicher Länder
den Kapitalanlegern die günstigsten Bedingungen bereitzustellen, und dazu
gehörten dann eben auch vergleichsweise niedrige Löhne, flexibilisierte
Arbeitsmärkte, die Mini-Jobs und so weiter und so fort. So daß sich die Politik
eigentlich in den letzten Jahren – nicht durchgängig, aber sehr weitgehend –
verabschiedet hat, die Interessen auch der Arbeitnehmerschaft tatsächlich zu
repräsentieren. Die Interessen der Wirtschaft sind durch dieses Konzept des
Wettbewerbsstaats – »Wir wollen Deutschland wettbewerbsfähig machen oder
wettbewerbsfähig erhalten« –, dadurch sind die Interessen der
Arbeitnehmerschaft vielfach auch in den Hintergrund getreten.
[…]
Drei Jahre nach der Finanzkrise, und diese
Finanzkrise hat dazu geführt, daß vielfach die öffentlichen Haushalte […] tief
in die Schulden gekommen sind, schon drei Jahre nach der Finanzkrise – heute,
fünf Jahre nach der Finanzkrise, ist das noch mehr der Fall – hat man
festgestellt, daß die vermögenden Schichten in den Vereinigten Staaten, in den
europäischen Ländern durch diese Finanzkrise gar nicht verloren haben, sondern
dennoch gewonnen haben und Vermögenszuwächse zu verbuchen hatten. […] Hier
steht das Verhältnis von […] materiellen Einkünften und dem Nutzen, den die Allgemeinheit
davon hat, in einem direkten Gegensatz. Hier beutet gewissermaßen eine
Eigentümerklasse an Anlagekapital die Gesellschaften insgesamt aus, um sich
Vorteile zu verschaffen.
[…]
Es gibt interessante Einsichten aus der Spieltheorie,
die sich übertragen lassen. Es gibt die Einsicht, daß immer dann, wenn
wirtschaftliche Akteure in längere Kooperationsketten einbegriffen sind, wenn
man seinem Verhandlungs- und Vertragspartner, seinem Kunden, nicht nur einmal
begegnet, sondern weiß, daß man ihm auch in der Zukunft begegnen wird, wenn man
mit Anbietern auch in der Zukunft kooperieren muß, dann nimmt die Tendenz,
unbedingt den eigenen Nutzen absolut durchsetzen zu müssen, ab. Wenn
wirtschaftlicher Erfolg sich als eine Ökonomie der günstigen Gelegenheit darstellt,
dann kommt es tatsächlich darauf an, daß ich im richtigen Moment zuschlage –
hit and run – und ohne Blick auf die Kosten, ohne Blick auf die sozialen Kosten
versuche, meinen größtmöglichen Vorteil zu realisieren. Und das ist die Gefahr,
die in der Finanzmarktökonomie steckt, weil es eine Ökonomie ist, die sich
relativ weit abkoppelt von der Notwendigkeit, mit anderen Gruppen kooperieren
zu müssen. Immer dann, wenn ich mit anderen kooperieren muß – ob ich will oder
nicht –, muß ich Rücksichten nehmen und muß Vereinbarungen treffen, die auch
die Interessen der anderen Seite berücksichtigen.
Der Gefühlshaushalt des Kapitalismus. Geldgier als Strukturprinzip? {46:38}
Normative Orders
Am 23.02.2018 veröffentlicht
Frankfurter Stadtgespräch XVI
Prof. Ute Frevert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) im Gespräch mit Prof. Sighard Neckel (Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Moderation: Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Ob zum Zweck seiner Erklärung oder zur Rechtfertigung: Im Kapitalismus wird zumeist die Rationalität und Sachlichkeit wirtschaftlichen Handelns behauptet. Die allgegenwärtige Rede von Gier oder der Notwendigkeit von Vertrauen in Märkte scheint hingegen die Zentralität nicht-rationaler Motive nahzezulegen. Auch stellt sich in Zeiten zunehmender Burnouts die Frage, wie die Gefühlswelt der Menschen durch den Kapitalismus geformt wird. Setzt die Rationalität des Kapitalismus also nicht notwendig emotionale Antriebe wie Geldgier voraus? Auf welche Weise verändert der Kapitalismus den Gefühlshauhalt des modernen Menschen? Über dieses Thema werden im XVI. Frankfurter Stadtgespräch Ute Frevert, Emotionsforscherin und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und Sighard Neckel, Professor für Soziologie an der Goethe-Universität und Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, diskutieren.
Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main
Mehr Informationen zu den Frankfurter Stadtgesprächen:
http://www.normativeorders.net/de/ver...
Hamburger Horizonte 2017: »Zerfall … – und jetzt? Ein Schlusswort« von Prof. Dr. Sighard Neckel {12:49}
Körber-Stiftung
Am 23.02.2018 veröffentlicht
In seinem Schlusswort erörtert Prof. Dr. Sighard Neckel, Sozialwissenschaftler an der Universität Hamburg, die Konferenzergebnisse zum Zerfall von Ordnungen und gibt einen Ausblick auf den Übergang zu neuen Ordnungen.
Leistung, die sich lohnt?- Das Versprechen der Chancengerechtigkeit {2:11:40 – Start bei 3:53}
Heinrich-Böll-Stiftung
Am 26.06.2012 veröffentlicht
Keynote:
Prof. Sighard Neckel, Goethe-Universität, Frankfurt a. M.
Diskussion mit...
Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler, Rechtsanwalt und Autor von „Kein schönes Land in dieser Zeit", Berlin
Brigitte Mergenthaler-Walter, Studienleitung Schule Schloss Salem
Moderation:
Andrea Dernbach, Journalistin/Der Tagesspiegel, Berlin
Das Leistungsprinzip ist ein zentrales Element der sozialen Integration moderner Gesellschaften. Mit ihm wandte sich das Bürgertum einst gegen die Vorherrschaft des Adels. Wo ständisch begründete Herkunftsrechte den gesellschaftlichen Status bestimmten, sollte das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit entscheiden. Das Leistungsprinzip entsprach den Interessen des aufstrebenden Bürgertums.
Wie ist es heute um die Wirklichkeit des Leistungsprinzips in Deutschland bestellt? Wessen Interessen lassen sich daran knüpfen? Wie steht es um seine Legitimität?
Zwei Gruppen haben weiterhin großes Interesse mit dem Leistungsprinzip: neben Frauen auch Männer und Frauen mit Migrationsbiographie. Unter Berufung auf das Leistungsprinzip streiten sie gegen Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Zugleich wird die Legitimität des Leistungsprinzips auch in Frage gestellt. In Zeiten, in denen sich das Transfereinkommen des Staates nur gering von einem niedrigen Erwerbseinkommen unterscheidet, verlieren viele Menschen den Glauben an das Leistungsprinzip. Zwei von drei Deutschen sind der Meinung, dass sich Leistung in Deutschland nicht mehr lohnt, so ein Ergebnis einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung vom November 2011. Knapp 70 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass nicht alle Menschen die gleichen Chancen haben, erfolgreich zu sein. Und ein wachsender Teil verabschiedet sich vom Leistungsprinzip, indem er auf andere Formen der gesellschaftlichen Anerkennung wie den (schnellen und oftmals spektakulären) Erfolg oder den Rückhalt in der Peergroup setzt.
Zu den Menschen, die nach wie vor auf Leistung als Mittel ihres sozialen Aufstiegs und gesellschaftlicher Anerkennung setzen, gehören heute besonders Menschen mit Migrationsgeschichte mit guten Schul- und Hochschulabschlüssen. Sie haben im Bildungssystem auf das Versprechen der Leistungsgerechtigkeit vertraut und müssen nun auf dem Weg in den qualifizierten Arbeitsmarkt vielfach feststellen, dass viele Aufstiegschancen gar nicht nach Leistung verteilt werden. Sie scheitern entweder ganz oder werden unter ihrem Qualifizierungsniveau beschäftigt.
[…] Ich habe gar nichts gegen die Menge; Doch kommt sie einmal ins Gedränge, So ruft sie, um den Teufel zu bannen, Gewiß die Schelme, die Tyrannen. […] Was ich sagen wollt, Verbietet mir keine Zensur! Sagt verständig immer nur, Was jedem frommt, Was ihr und andere sollt; Da kommt, Ich versichr’ euch, so viel zur Sprache, Was uns beschäftigt auf lange Tage.
O Freiheit süß der Presse! Nun sind wir endlich froh; Sie pocht von Messe zu Messe In dulci jubilo. Kommt, laßt uns alles drucken Und walten für und für; Nur sollte keiner mucken, Der nicht so denkt wie wir.
Was euch die heilige Preßfreiheit Für Frommen, Vorteil und Früchte beut? Davon habt ihr gewisse Erscheinung: Tiefe Verachtung öffentlicher Meinung. […] Nichts schmerzlicher kann den Menschen geschehn, Als das Absurde verkörpert zu sehn.
Dummes Zeug kann man viel reden, Kann es auch schreiben, Wird weder Leib noch Seele töten, Es wird alles beim alten bleiben.
Dummes aber, vors Auge gestellt, Hat ein magisches Recht; Weil es die Sinne gefesselt hält, Bleibt der Geist ein Knecht. […] Das Tüchtige, und wenn auch falsch, Wirkt Tag für Tag, von Haus zu Haus; Das Tüchtige, wenn’s wahrhaft ist, Wirkt über alle Zeiten hinaus.
Ich übernehme keine Haftung für die Inhalte externer Links, verweise diesbezüglich auf RogerMurtaughund gehe im übrigen davon aus, daß die Besucher meines Blog imstande sind, sich ihre eigenen Gedanken zu machen.
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