Eine Groteske wird soeben vor den Augen der Welt aufgeführt. Das Stück trägt den einfachen Titel: Die Verwandlung einer Umsturzregierung in ein modernes Protektorat. Inhalt: die Übernahme der Ukraine in die Vormundschaft der USA, der Europäischen Union, des IWF und sonstiger internationaler Geldinstitute.
„Die Regierung steht“, titelte „Die Welt“ und andere Leitmedien fielen in diesen Tenor ein. Zwar sei das, was sich im Zuge der Regierungsbildung jetzt in Kiew abgespielt habe, ein „bisschen unorthodox“. Das Wochenblatt „Die Zeit“, nicht gerade hervorgetreten durch kritische Berichterstattung zum ukrainischen Bürgerkrieg, fand zur Beschreibung der Vorgänge sogar zu der Überschrift: „Jazenjuks schräges Krisenkabinett.“ (Die Zeit, 3.12.2014) Aber schnell beruhigte man sich mit der Versicherung des ukrainischen Präsidenten, dass ungewöhnliche Zeiten auch ungewöhnliche Methoden erforderten. Ähnlich berichteten auch andere etablierte Medien.
► Was ist geschehen? . . Betrachten wir die Aufführung aus der Nähe:
Am 2. Dezember 2014 bestätigte die am 26. Oktober des Jahres neu gewählte, in Kiew tagende Werchowna Rada mit 288 von 399 Stimmen das vom Gespann Poroschenko / Jazenjuk vorgeschlagene neue Kabinett (bei einer Enthaltung eines ins regierungsfreundliche Lager gewählten Maidan-Journalisten). Mit diesem Beschluss wurde die seit dem Umsturz vom 21. Februar 2014 provisorisch tätige Regierung abgelöst. Die Abstimmung wurde im „Paket“ durchgeführt. Die Kandidaten wurden nicht einzeln besprochen. Der Vorschlag Poroschenkos/Jazenjuks wurde en bloc und ohne vorherige Debatte durchgewinkt. Von Demokratie keine Spur.
Im Amt bestätigt wurden auf diese Weise erwartungsgemäß der bis dahin provisorische Premier Arsenij Jazenjuk, ebenso wie Außenminister Pawlo Klimkin, Verteidigungsminister Stepan Poltarak und Innenminister Arsen Awakow sowie einige andere Mitglieder des alten Kabinetts. Soweit nichts Besonderes. Das könnte man als Alltag zur Kenntnis nehmen.
Was die Welt jedoch aufhorchen ließ, ist die Tatsache, dass und die Art, wie drei ausländische Politmanager westlicher Herkunft, konkret Experten mit amerikanischem Hintergrund, in Schlüsselstellungen der neuen Regierung gehievt wurden, unter ihnen eine Frau. Um ihre Ernennung zu Ministern einer Ukrainischen Regierung zu ermöglichen, waren sie nur wenige Stunden vor der Abstimmung durch Erlass Poroschenko`s im Eilverfahren eingebürgert worden.
► Die drei ukrainischen Neubürger und ihre Funktionen sind:
Natalija Ann Jaresko, gebürtige US-Amerikanerin – für das Finanzministerium: Jaresko studierte in Harvard, betreute für den IWF Programme der „Gemeinschaft unabhängiger Staaten“ (GUS); nach der „bunten Revolution“ von 2004 holte der damalige Präsident Juschtschenko sie nach Kiew. Unter anderem leitet sie einen „Private-Eqiuty-Fonds“, also Management von privatem Risikokapital in der Ukraine. Sie soll die Korruption bekämpfen und das Steuersystem reformieren. Von ihr wird der Spruch überliefert: „Die Wettbewerbsfähigkeit ist die erste, zweite, dritte, vierte, fünfte und zehnte Priorität.“ (Die Zeit, 3.12.2014)
Aivaras Abromavičius, gebürtiger Litauer – für das Wirtschaftsministerium: Auch Abromavicius studierte in den USA, danach war er tätig bei der Stockholmer Investfirma „East Capital Group“, später bei der „Hansabank“ in Estland. Er lebt seit 2000 als Ausländer in Kiew.
Alexander Kwitaschwili, gebürtiger Georgier – für das Gesundheitsministerium: Auch Kwitaschwili wurde in den USA ausgebildet, war dort als Gesundheits-Manager tätig. Als Gesundheitsminister unter dem Georgischen Präsidenten Saakaschwili unterzog er das georgische Gesundheitswesen einer radikalen Sparkur. Er will jetzt auch in der Ukraine ein Gesundheitssystem nach westlichen Maßstäben einführen.
Washington wies eine Beteiligung an dem Coup der Kabinettsbildung von sich, versteht sich. Das Arrangement hat sich zweifellos von selber ergeben.
mehr:
- Regierungsbildung in Kiew – Aufbruch in die Revolte? (Kai Ehlers, russland.ru, Kritisches Netzwerk)
Sonntag, 7. Dezember 2014
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