Dienstag, 23. Juli 2019

"Völker vergessen Geschichte nicht"

In Russisches Roulette - Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden lässt Horst Teltschik minutiös die Gespräche und Verhandlungen im Vorfeld der deutschen Einheit Revue passieren. Detailreich beschreibt er die verborgenen Zeichen des Vertrauens zwischen Staatsoberhäuptern und erläutert die klaren Visionen und Forderungen, die damals große Politik möglich machten.
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- "Völker vergessen Geschichte nicht" (Bulgan Molor-Erdene, Telepolis, 23.07.2019)

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Der außenpolitische Schlüssel zur deutschen Einheit lag nach der Überzeugung beider deutschen Regierungen, auch bereits zu Zeiten der Regierung Modrow und des Zentralen Runden Tisches, in Moskau. Dort machte Gorbatschow der Bundesregierung am 10. Februar 1990 das grundlegende Zugeständnis, dass die Deutschen in Ost und West selbst wissen müssten, welchen Weg sie gehen wollten. Sie hätten das Recht, die Einheit anzustreben. In der sowjetischen Presse betonte er 11 Tage später die Verantwortung der Vier Mächte, denen die Deutschen nicht einfach ihre Vereinbarungen zur Billigung vorlegen dürften, die „Unverrückbarkeit“ der Nachkriegsgrenzen in Europa und die Notwendigkeit der Einbettung einer Wiedervereinigung in die Schaffung einer neuen gesamteuropäischen Sicherheitsstruktur.[46]
Bereits am 2. Februar hatte Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher den Vorschlag des State Departements gutgeheißen, die äußeren Rahmenbedingungen des Einigungsprozesses in Zwei-plus-Vier-Verhandlungen festzulegen. Als beim Treffen der Außenminister von NATO und Warschauer Pakt am 13. Februar in Ottawa die Vertreter Italiens und der Niederlande die eigene Beteiligung an den Verhandlungen über die deutsche Einheit forderten, war die Zwei-plus-Vier-Konstellation unter den Beteiligten bereits so verankert, dass Genscher den Kollegen energisch entgegnen konnte: „You are not part of the game!“[47] Von da an vergingen aber noch zwei Monate, bis am 12. April mit Markus Meckel der DDR-Vertreter für diese Verhandlungen die Amtsgeschäfte überhaupt erst aufnehmen konnte.
Auch auf diesem Feld waren also bereits Weichen gestellt, bevor die DDR-Seite sich wirksam einzubringen vermochte. Vom Zentralen Runden Tisch her bestand die Vorstellung eines entmilitarisierten Status für das geeinte Deutschland. Die Friedensbewegung der DDR war ein wichtiger Sammelpunkt früher SED-Opposition nicht zuletzt im Schutze der Kirchen gewesen. Das neue Außenministerium unter Führung des Theologen Meckel ging mit Idealismus und Gestaltungsanspruch an die Arbeit, wollte nicht bloß die Rolle des Bonner Juniorpartners und Erfüllungsgehilfen spielen. Mit Vorstellungen über eine gesamteuropäische Sicherheitsordnung, Neutralität und Überwindung des Blockdenkens sah man sich den Zielen Gorbatschows näher als denen der Bundesregierung. Insgesamt aber fehlte es nicht nur an internationaler und diplomatischer Erfahrung, sondern angesichts akuter wirtschaftlicher Schwäche und absehbar befristeter Wirkungsmöglichkeiten an tatsächlichem Einfluss.[48]
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Deutsche Wiedervereinigung, Äußere Voraussetzungen des Einigungsprozesses, Wikipedia, abgerufen am 02.09.2019]
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Abmachung 1990: "Keine Osterweiterung der NATO" || Aussenminister Genscher & Baker {3:16}

antikriegTV
Am 06.07.2014 veröffentlicht 
Antikrieg TV
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Zitat Genscher aus dem Video:
»Wir waren uns einig, daß nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir gar nicht einverleiben wollen, sondern gilt ganz generell.«
Man schaue sich das Gespräch mit Hans-Dietrich Genscher auf der Deutschen Welle an:
Journal Interview - 25 Jahre Mauerfall: die Deutschen schreiben Geschichte (Deutsche Welle, Sendung vom 09.11.2014, Länge: 12:05)
Hans-Dietrich Genscher blickt zurück: Der Weg zur deutschen Einheit. Wer bremste, wer half? Der damalige Bundesaußenminister erinnert sich an die Tage, in denen Berlin im Brennpunkt des Weltgeschehens stand. Und Genscher bewertet, was seitdem erreicht wurde - für Deutschland und in Europa.
Dabei achte man auf Genschers Darlegungen ab 10:04 (davor spricht er über den NATO-Russland-Rat):
»Das ist nie Gegenstand der Verhandlungen gewesen und schon gar nicht ein Verhandlungsergebnis.«
In Der Ukraine-Konflikt 3 – Westliche Naivität oder westliche Machtpolitik? (Post, 25.03.2014) ist einiges über die deutlichen Reden Putins vor dem Deutschen Bundestag und vor der Münchner Sicherheitskonferenz zu sehen und zu lesen.

Horst Teltschik im Telepolis Salon 25.06.2019 {1:07.2017 – Start bei 17:04}

Telepolis Salon
Am 04.07.2019 veröffentlicht 
Telepolis-Salon am 25. Juni auf der Alten Utting mit unserem Gast Horst Teltschik
Vor 70 Jahren, am 4. April 1949, wurde die Nato als Verteidigungsbündnis gegründet, der Gegner hieß damals Sowjetunion. Im selben Jahr, am 29. August, wurde die erste sowjetische Atombombe erfolgreich gezündet. Stalin hatte das sowjetische Atomwaffenprogramm nach dem Abwurf amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki beschleunigt.
Wir befinden uns wieder in einer ähnlichen Eskalationsspirale zwischen der von den USA dominierten Nato und Russland wie im Kalten Krieg vor 60 Jahren. Nach einer kurzen Phase der Wiederannäherung und der Möglichkeit einer neuen Friedensordnung nach der Auflösung der Sowjetunion begann mit der fortschreitenden Osterweiterung der Nato und den Plänen zur Stationierung des US-Raketenabwehrsystem in osteuropäischen Ländern nach der Aufkündigung des ABM-Vertrags erneut eine Phase der Eskalation, die schon längst wieder zu einem nuklearen Wettrüsten geführt hat, das mit Cyberwar-Szenarien, Hyperschallraketen oder -drohnen und autonomen (Waffen)Systemen noch gefährlich ist als im "alten" Kalten Krieg, zumal neben der Nato und Russland auch China und weitere Staaten mitspielen und die Lage explosiver machen.
Horst Teltschick hat gerade ein Buch mit dem Titel "Russisches Roulette" veröffentlicht, in dem er erörtert, warum die Chance nach dem Ende des Kalten Krieges nicht ergriffen wurde oder werden sollte, eine Annäherung zwischen Nato und Russland als Partner zu erwirken. Eine politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland in einem Gemeinsamen Wirtschaftsraum und damit auch eine neue Friedensordnung wäre in Aussicht gestanden, da mit der KSZE und später der OSZE schon etwas in Gang gebracht wurde. Nach einigen Schritten in diese Richtung wurden aber nach und nach die Verbindungen durchschnitten und Verträge gekündigt. Teltschik beschreibt, wie die Chancen verspielt wurden und die Konfrontationspolitik vor allem der Nato zu der gefährlichen militärischen Eskalationsspirale geführt haben, in wir uns befinden.
Teltschik hat wie kaum ein anderer die Zeit vom Ende des Kalten Kriegs über die Friedensbemühungen und bis zur neuen Eskalation politisch als Akteur und in Kenntnis von vielen der beteiligten Politiker mitverfolgt. Der Politikwissenschaftler war ab 1970 für die CDU tätig und wurde 1972 vom damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl in die Staatskanzlei geholt.
1982 wurde er unter Kohl Leiter der Abteilung "Auswärtige und innerdeutsche Beziehungen, Entwicklungspolitik, Äußere Sicherheit" und stellvertretender Leiter im Bundeskanzleramt in Bonn, er war als außenpolitischer Berater von Kohl und 1989/1990 an den Verhandlungen zur deutschen Einheit beteiligt. Danach ging er in die Wirtschaft und war u.a. für Bertelsmann, BMW und Boeing tätig. Von 1999 bis 2008 leitete er die Münchner Sicherheitskonferenz, wo sich jährlich internationale Spitzen- und Sicherheitspolitiker, hohe Militärs, Vertreter der Rüstungsindustrie und internationalen Organisationen treffen. Teltschik spricht von einem "Kalten Frieden" und wirbt für eine neue Entspannungspolitik.

Russisches Roulette – Ein Gespräch mit Horst Teltschik und Stefan Kornelius {1:41:28}
Salon im Cafe Luitpold
Am 31.05.2019 veröffentlicht 
Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden. Ein Gespräch mit Horst Teltschik und Stefan Kornelius/SZ
Die NATO und Russland befinden sich in einer Eskalationsspirale, die nicht selten an Sandkastenspiele trotziger Kinder erinnert: Truppen werden an die Grenze verlegt, die Militärs führen Manöver durch, die jeweils klar gegen den anderen gerichtet sind, es wird aufgerüstet und von gegenseitigem Vertrauen ist nichts mehr zu spüren. Wie konnte es so weit kommen?
Horst Teltschik zeigt in seinem Buch, wie die Chancen von 1989/90 auf eine stabile internationale Friedensordnung verspielt wurden und warum die heutige Konfrontation zwischen NATO und Russland durch eine neue Entspannungspolitik entschärft werden muss.
Horst Teltschik war unter Helmut Kohl stellvertretender Leiter des Kanzleramtes und Chef der Abteilung für auswärtige Beziehungen. Als Sonderbeauftragter spielte er eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen zur deutschen Einheit 1989/90. Von 1999 bis 2008 leitete Horst Teltschik die Münchner Sicherheitskonferenz.
Stefan Kornelius ist Ressortleiter Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung.

STRATFOR Chef legt die Außenpolitik der USA offen: Ukraine, Russland, Deutschland, Nahost {12:52; Start bei 3:18}

LT-News.com
Am 26.08.2015 veröffentlicht 
Ziel: Allianz zwischen Russland und Deutschland verhindern
NATO malt mal wieder den Teufel an die Wand: die angebliche russische atomare Bedrohung (Post, 25.05.2019)
Kohl-Berater Teltschik über Merkels Russlandpolitik "Putin fühlt sich von den Europäern weggestoßen" (Post, 08.03.2019)
"Raketenabwehr" klingt gut - aber… (Post, 01.02.2019)


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