Samstag, 22. August 2015

Modernisierung des Islam – Religionen zivilisieren sich nicht von selbst

Kolumne: Grauzone. Westliche Beobachter rufen den Islam gern zu einer Reformation auf. Damit soll sich die Religion von ihrem mittelalterlichen Weltbild entfernen und sich selbst einen Modernisierungsschub geben. Doch das kann gar nicht gelingen

Der Islam braucht eine Reformation. Da sind sich die meisten westlichen Beobachter einig – und ein paar säkulare mohammedanische dazu. Erstarrt in einem mittelalterlichen Weltbild, gefangen in einer archaischen Ethik und einzementiert in überkommenen sozialen Strukturen braucht der Islam – so die beliebte Diagnose und Empfehlung – dringend eine Art zweiten Luther, jemanden, der die mittelalterlichen Fesseln sprengt und den islamischen Gesellschaften intellektuell den Weg in die Moderne ebnet.

Schön gedacht und aus protestantischer Perspektive auch schmeichelhaft. Doch bedauerlicherweise beruht die Hoffnung auf eine islamische Reformation auf falschen Grundannahmen. Das fatale Ergebnis: Das Erstarken des islamischen Fundamentalismus und seine Erfolge in den letzten Jahrzehnten werden grundlegend missverstanden. Daran wiederum knüpfen sich falsche Hoffnung und naive Erwartungen.

Doch der Reihe nach: Für Apologeten einer islamischen Reformation, wie etwa der Politologin Ayaan Hirsi Ali, steht der Begriff „Reformation“ für einen Modernisierungsschub, für Individualismus, für Emanzipation von althergebrachten Strukturen, für Freiheit und Befreiung, für die Überwindung religiöser Dogmatik und Buchstabengläubigkeit. Die christliche Reformation des 16. Jahrhunderts, so die stillschweigende Grundannahme, habe die verhärtete und beengte Gedankenwelt des Mittelalters aufgebrochen und der Neuzeit, also Wissenschaft, Aufklärung und Vernunft den Weg bereitet. Und genau eine solche Reformation habe der Islam nötig.

mehr:
- Religionen zivilisieren sich nicht von selbst (Alexander Grau, Cicero, 21.08.2015)

Die Reformation (1517-1524) [5:10]

Veröffentlicht am 24.07.2014
Die Reformation und das Wirken Martin Luthers hatten einen wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung Deutschlands und der Welt. In fünf Minuten wird die Frühphase der Reformation dargestellt und ihre Implikationen erklärt.

In diesem Zusammenhang sind ebenfalls interessant:
- Die Gegenreformation: http://youtu.be/DBBkMxF3yBY
- Die Englische Reformation: http://youtu.be/DlWVhNwNs4o
siehe auch:
- Katholische Kirche: Theologen machen sich für Homosexuelle stark (Stefan Berg, Peter Wensierski, SPIEGEL Online, 16.08.2015)
- Evangelische Kirche – Landesbischof: Homosexualität ist nicht Wille Gottes (MDR, 22.08.2015)
- Protestanten-Bschof: "Bibel sieht Homosexualität nicht als Gottes Willen" (Mathias Kamann, Die Welt, 22.08.2015)

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