Der Junge sitzt in der Wohnung seines Onkels in fast völliger Finsternis, das Licht eines Handys beleuchtet sein Gesicht. Das ist schmal und blass, winzige Sommersprossen betüpfeln die Nase. Der Strom ist ausgefallen, wie so häufig in letzter Zeit in Tobruk, der kleinen Hafenstadt an der Küste Libyens. "Das Licht kommt gleich wieder", sagt Schahin. Er und seine Brüder haben sich um seinen Onkel versammelt, bei dem sie jetzt wohnen, weit weg von zu Hause.
Schahin ist 14 Jahre alt und sehr zierlich, zu zierlich für sein Alter eigentlich. Er spricht leise, wenn er erzählt, von der Stadt, in der er bis vor Kurzem gelebt hat, dem großen Bengasi, einer Tagesreise von hier entfernt. In das Dunkel des Raumes hinein berichtet der Junge von den engen Straßen der Altstadt, in der sein Vater eine Dreizimmerwohnung gemietet hatte, nicht weit weg von der Küstenpromenade. Vom Wind, der vom Meer her durch seine Straße in Bengasi wehte. Von den Möwen, die er über sich gesehen hat, wenn er im Hinterhof mit seinen Freunden Fußball spielte. Er erzählt, wie er sich immer vorgestellt hat, mit dem Fußball so hoch hinaufzuschießen, bis er die Möwen trifft. Jeden Abend haben ihn seine Freunde zum Kicken abgeholt.
mehr:
- Weihnachten – Schahin, 14 Jahre: "Ich wünsche mir eine neue Hand" (Wolfgang Bauer, ZEIT, 23.12.2014)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen